Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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etwa vierwöchentlichem Gebrauche der Kur seine volle Sehkraft 
wieder erhalten, Schmerzen, Geschwulst und Schleimfluß hat 
ten gänzlich aufgehört; jedoch ließ ich ihn noch bis zur sechs 
ten Woche die Kur fortsetzen und dann zur Nachkur über 
gehen, um sicher vor nachteiligen Folgen zu sein. Die Hei 
lung war eine so radicale. daß er auf frisch gefallenem Schnee 
bei heiterem Sonnenschein umhergehen konnte, ohne irgend eine 
Beschwerde dadurch zu bekommen, ein gewiß sicheres Experi 
ment, wobei selbst die kräftigsten Augen mitunter zugekniffen 
werden müssen. Auch dieser Patient befindet sich seitdem ganz 
wohl und hat keine Beschwerden wieder bekommen. 
Als ich den gegenwärtigen Aufsatz bis hierher niedergeschrie 
ben hatte, bekam ich noch Gelegenheit, einen hiesigen, 56 Jahre 
alten, robusten und vollblütigen Böttchermeister, an rheumatischer 
Augenentzündung leidend, nachdem derselbe schon über acht 
Tage daran gelitten hatte, zu behandeln. Der Schmerz war 
sehr heftig, reißend und stechend, nicht allein in den Augen, 
sondern auch in der Umgebung. Die Nöthe der Bindehaut 
war sehr saturirt, die Lichtscheu so bedeutend, daß er die 
Augen nicht öffnen konnte und im dunklen Zimmer verweilen 
mußte; von Zeit zu Zeit brachen heiße Thränen hervor. Ich 
ließ ihn Tag und Nacht blos die Fußeinpackung nehmen und 
dieselbe so lange liegen, bis sie anfing trocken zu werden. Der 
Erfolg war ein so überraschender, daß er schon nach fünf 
Tagen das Tageslicht ertragen konnte und die Entzündung 
gänzlich geschwunden war. In früheren Zeiten, als ich solche 
Entzündungen noch mit Medicamenten behandelte, vergingen 
fast ebcn so viele Wochen, bevor ich ein solches Resultat er 
reichen konnte. 
Kurze Zeit darauf habe ich selbst bei meiner Frau die 
überraschende Heilkraft dieser Methode erfahren ; denn sie wurde 
gleichfalls von rheumatischer Augenentzündung ergriffen und 
fühlte sich sehr unglücklich, da fix vor 17 Jahren daran gelit 
ten hatte und zwei Monate lang bei medicmischer Behandlung 
das Tageslicht nicht sehen konnte, sondern im dunklen Zim 
mer zubringen mußte, fürchtend, daß es diesmal wieder so 
kommen würde; ich vermochte sie indessen zu trösten und ihr 
zu versichern, daß es diesmal nicht so viele Tage dauern 
sollte. Ich ließ den Leib- und Fußumschlag des Nachts ma 
chen, den Fußumschlag am Tage beibehalten und schon am 
5ten Tage war die Entzündung gänzlich gehoben, so daß sie 
das grellste Tageslicht ertragen und selbst lesen konnte, ohne 
Beschwerden zu bekommen. 
Nachdem meine Frau in so überraschender Weise von 
ihrem Augenleiden hergestellt worden war, sollte ich auch noch 
Gelegenheit haben, diese Methode bei einer meiner Nichten an 
zuwenden und mich abermals von ihrer Unübertrefflichkeit zu 
überzeugen; denn ich erhielt einen Brief von einer bei Mag 
deburg wohnenden Schwester, daß ihre 23 Jahre alte Toch 
ter seit fünf Wochen an heftiger Augenentzündung litte und 
daß dieselbe trotz der sorgsamsten medicinischen Behandlung 
einen solchen Grad der Ausbildung erreicht hätte, daß sie, seit 
Wochen das Tageslicht meidend, im dunklen Zimmer zubrin 
gen müßte und Erblindung zu befürchten wäre, wenn nicht 
bald Hülfe geschafft würde. Nach der Schilderung der Symp 
tome zu schließen,' litt sie gleichfalls an rheumatischer Augen 
entzündung, ich verordnete daher nebst dem Leib- und Fuß- 
umschlage, welchen letzteren sie auch am Tage beibehalten 
mußte, eine strenge Diät und bat, mir bald wieder Nachricht 
über den Erfolg zukommen zu lassen. Nach etwa 14 Tagen 
erhielt ich einen erfreulichen, dankerfüllten Brief, daß das 
Augenleiden gleich nach Anwendung der Kur von Tage zu 
Tage sichtbar mehr abgenommen und die Sehkraft sich völlig 
wieder hergestellt habe, so daß sie jetzt von allen Beschwerden 
bsfreit sei. 
Wie schnell, sicher und radical, ohne große Umstände, 
die Schroth'sche Methode also auch Augenentzündungen heilt 
und ihre Triumphe feiert, dazu liefern diese, wenn auch nur we 
nigen Beispiele, doch einen sicheren Beweis; denn die Wirkung 
derselben bleibt wohl immer dieselbe und je früher man sie 
anwenden kann, wie der Erfolg bei meiner Frau und meinem 
Sohne gezeigt hat, desto schneller ist auch die Heilung. Die 
beiden Kranken, an der ägyptischen Augenentzündung leidend, 
hatten, der eine vier und der andere elf Wochen lang, sich 
den täglichen Qualen durch Aetzen mit Höllenstein nebst dem 
Gebrauche von scharfen, schmerzhaften Eintröpfelungen aus 
einer Auflösung von Kupferalaun aussetzen müssen, ohne nur 
irgend eine Erleichterung, geschweige Besserung, dadurch er 
halten zu haben und würden gewiß durch den Fortgebrauch 
derselben auch nicht radical hergestellt worden sein, wie es 
vielen an derselben Krankheit Leidenden ergangen ist, sondern 
Störungen ihres Sehvermögens zurückbehalten haben. 
Nachbemerkung der Redaction.; 
Wir sprechen zunächst unsere Freude darüber aus, daß ein sich 
selbst „dem Schroih'scheu Verfahren zugethan" nennender Arzt uns 
mit vorstehendem Artikel die Hand reicht zu hoffentlich auch fernerem 
gemeinsamen Wirken im Tempel der Humanität und geläuterten An 
schauung über Heilwesen. Wir und gewiß Alle, welche dieselbe Bahn der 
Erkenntniß und des Strebens wandeln, wissen es ihm Dank, daß er 
die wahrscheinlich anfänglich ebenfalls g e g e n ein freundliches Hand 
inhandgehen mit hydriatrischen und allgemein - physiatrischen Anschau 
ungen gehegte Abneigung und Scheu als Mann der Wahrheit und 
Menschenliebe überwand und dies durch Einsendung vorstehenden Ar 
tikels offeil aussprach! Möchte das ehrenwerthe Beispiel (welches wir 
zweifelsohne dem wackeren Nestor der Naturheilkunde, Dr. Gleich in 
München, zu verdanken hahen — sei ihm die Hand hiermit gedrückt!) 
— recht bald recht vielseitige Nachfolge von der Schroth'jchen Schule 
aus finden ! Dann wird sich eine wahre Schwesterschaft imnier mehr her 
ausbilden und als möglich nicht nur, sondern als nothwendig offenbaren, 
und wird nunmehr auch einleuchten im Allgemeinen, was von uns schon 
längst anerkannt ist, daß die principiellen Verschiedenheiten zwischen 
beiden Schulen gerade auf das Nützlichste zur Ausgleichung und wei- 
sen Modificatiyn der betr beidertheiligen Einseitigkeiten, wo sie noch 
bestehen, verwendbar sind. Wer wollte dies nicht auch bei den vorlie 
genden Behandlungen von Augenentzündungen als theils geschehen, 
theils als Vortheilhast ausführbar anerkennen?! Geschehen ist offen 
bar die wünschenswerthe Combination bei der Behandlung der ersten 
Stadien, in der Anwendung der bloßen (uud resp. in Verbindung mit 
dem Schroth'schen Leibgürtel gebrachten) feuchten Fnßeiuhüllungen, 
welche natürlich nur den Zweck der Ableitung und Eröffnung 
einer Ausscheidungsquelle in der Fußhaut, statt lediglich und 
allein in den inneren R u m P fausscheidungsorganen, anstreben konnten 
und hierin also die einseitig Schroth-sche Richtung verließen, welche 
hauptsächlich oder allein diesen letzteren die fragl. Ausscheidungsthätig 
keit zuweist. N i ch t g e s ch e h e n ist die Modification bei dem 2ten 
Stadium, konnte aber hier, nach unserer festesten Ueberzeugung, 
ebenfalls und nur zur günstigsten Abkürzung des Krankseins und zu 
weit größerer Erleichterung des Patienten eingeführt werden i n 
Verringerung der zehnstündigen Dauer 11 it e r (wenn 
wir nämlich recht verstehen: ein und derselben) feuchten 
Einpackung. Diese mußte in so langer Zeit und nachdem die Er 
hitzung der Tücher durch die Blutwärme eingetreten war, erregend 
wirken, und da es in diesem 2ten. noch sehr acuten Stadium einer 
solchen Erregung und einer nach Innen wirkenden lösenden Kraft der 
Umschläge nicht bedurfte, wohl aber die Ableitung vom Kopf und Aus 
scheidung am Unterkörper das Anzustrebende ebenfalls waren, so würde 
eine combinatorische Form, wie sie der geehrte Herr Verfasser ander 
wärts in der sogen. Schroth'schen Stunden kur oft anwendet, also 
eine Zertheilüng der 10 stündigen Packung in 2 - 3 dergl von 3-4 stün- 
diger, überhaupt so langer Dauer, als sie dem Patienten angenehm 
gewesen sein würde ibemt in allen acuten Zuständen empfiehlt 
sich ja das Rechnungtragen dem Instinkt von selbst) . gewiß ganz ge--
	        
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