Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

291 
Erklärung. 
Der Redacteur dieses Blattes, Herr Dr. Meinert, hat 
mich brieflich gemaßregelt (?), daß ich in Nr. 14 der Kad- 
ner'schen Zeitschrift „Rückkehr zur Natur" dieSchroth- 
sche oder diätetische Kur als den „Culminations- 
j Punct der höchsten Entwickelung, der Heilkunde" be 
zeichnet habe, und bin ihm daher insofern eine Erklärung 
schuldig, daß ich diese Methode, unerachtet ihres optimistischen 
Standpunktes, keinesweges als abgeschlossen, betrachte, sondern 
dieselbe noch fernerhin einer größeren Vervollkommnung für 
fähig halte, wie dies erst unlängst Dr. Gleich, der überhaupt 
sehr viel zur wissenschaftlichen Begründung der Schroth'schen 
Kur beigetragen und zuerst mit zum Aufbaue derselben rüstig 
die Hände an's Werk gelegt, bei Behandlung acuter Krank 
heiten dargethan hat, indem er statt der ganzen, oft um 
ständlichen und schwierigen Einpackung, nur die vordere 
Seite der Kranken mit einem, vom Halse bis über die Füße 
gehenden, mehrfach zusammengelegten nassen Laken bedeckt, 
über welches ein etwas größeres, ebenfalls zusammengelegtes, 
trockenes gelegt wird und wodurch dieselben günstigen Resul 
tate, wie ich mich selbst mehrfach bei meinen Kranken über 
zeugt habe, erzielt werden; denn je einfacher eine Anwen 
dungsform ist, desto leichter und schneller ist sie ausführbar 
und somit von größerem praktischen Werthe, als eine compli- 
cirte, da sie hier Zeit, Umstände und Material erspart, wel 
cher letztere Punkt besonders bei der Armuth nicht hoch genug 
anzuschlagen sein dürfte. Durch diese Vereinfachung, wenn 
; sie auch nicht in allen Fällen acuter Krankheiten, z. B. bei 
heftigen Delirien, wo die Kranken nicht im Bette zu halten 
sind, Anwendung finden kann, hat die Methode dennoch eine 
wesentliche Verbesserung und Bereicherung erhalten. 
Ich habe mit obigem gerügten, zu unbeschränkt gethanen 
Ausspruche nur die Behauptung hinstellen wollen, daß die 
Schroth'sche Kur nach dem heutigen Standpunkte des fort 
schreitenden und nie rastenden Entwickelungsganges der^ Heil 
kunde von allen jetzt herrschenden Methoden derselben nach 
meinen langjährigen Erfahrungen den „Culminationspunkt" ein 
zunehmen berechtigt sei. 
Wolgast, 3. November 1863. Dr. Körner." 
Nachbemerkung der Redaction. 
Obgleich unsere betr. Bemerkung über den „Culminations- 
punkt k." nur privatim gegen Herrn Dr. K. geschehen ist und auch 
keineswegs in einem „maßregelnden" Tone, sondern in einer Form, 
welche Herrn Dr. K, lediglich unseren Wunsch zu erkennen gab, daß 
von allen Seiten das Möglichste geschehen und resp. unterlassen wer 
den solle, was die so höchst wichtige Versöhnung und Ausgleichung zwi 
schen Schroth'scher und hydriatrischer Richtung in der Namrheilmethode 
befördern, resp aufhalten könne, so haben wir doch die vorstehende 
„Erklärung" um so lieber entgegengenommen, als wir daraus ein 
Eingehen des Herrn Verfassers auf unsere Ueberzeugung und Bestrebung 
erkennen und schätzen zu dürfen glauben. Der künftige Cnlminationspunkt 
der Naturheilmethode darf übrigens gewiß weder in dem einseitig- 
hydriatrischen, noch in dem einseitig-Schroth'schen Verfahren, sondern 
nur in einer w-ahrhaft kunstgerechten Combination aller 
Naturheilverfahren, resp in passender, d. fy. der Person angemessener 
Auswahl der einen oder anderen Form aus der oder jener Methode, 
für den speciellen Fall, erblickt werden Daher sollten alle wahren 
Freunde der Naturheilkunde und der Menschheit nicht mehr sowohl 
nach dem Namen des einen oder anderen verdienten Begründers einer 
besonderen Richtung sich nennen, als vielmehr blos von „naturge 
mäßer Heilmethode" (Physiatrik), von „naturärztlicher" 
Behandlung, von „ Natur arzt" rc. rc. sprechen und für die verschiedenen 
Applicationsformen, z. B. ans der hydriatrischen und Schroth'schen 
Behandlungsweise, nur sachliche Benennungen einführen. Wir wer 
den uns nächstens erlauben, in dieser Hinsicht unserer Seits einige 
Vorschläge zu machen, bitten aber alle physiat rische Gesinnungsge 
nossen um ebenmäßige Aussprache über diesen Gegenstand. 
Im Uebrigen werden wir in einer der nächsten Nummern, wo wir 
einen uns freundlicher Weise von Herrn vr. Körner mitgetheilten Aufsatz 
über physiatrische Behandlung von lsog. ägyptischer) Äugenentzündnng 
bringen, Gelegenheit haben, noch Einiges über das Capitel der zum 
Theil schon factisch und gerade bei acuten Krankheiten bestehenden 
Handinhandgehung der Schroth'schen und hydriatrischen Applicationen 
zu erwähnen. 
Des Naturärztes v. Helfer Leiden und Freuden. 
Somatisch-hydnaüsche Novelle. 
(Fortsetzung.) 
Frau Rühle. Das läßt sich recht aut glauben, lieber 
Herr Helfer, und auch bei unsereln Matchen mag das viele 
Stehen wie Sitzen der letzteren Zeit, wo sie bei ihrer Päthe 
-— wie Sie ja wissen — das Milch- und Kochwesen zu ver 
sorgen und deshalb viel im Stalle oder im Gewölbe stehend 
sich aufzuhalten hatte, nachher aber in der Küche beim- Ge 
müseputzen und sonstigen Anrichten und nach gethaner Arbeit 
endlich, am Nähtisch viel gesessen hat, das Uebel schlimmer 
gemacht haben; aber wie kann nun auch der Kopf weh thun, 
Ohrenschmerz und selbst Augenbeschwerde entstehen, wenn's mit 
der Regel nicht gleich seinen guten Fortgang nimmt? Ich 
hab auch eine Muhme, welche um diese Zeit allemal förmlich 
in ihrem Blute schwimmt, und bei einem Mädchen von der 
Bekanntschaft meiner Tochter will wieder umgekehrt nichts 
durchbrechen, und doch hat sie allemal um dieselbe Zeit, wo's 
eigentlich geschehen sollte, die größten Beschwerden, und die 
Louise drüben bei Janken's in Bollersdorf — nun Du weißt 
ja, Rühle, Deine Cousine, die so jung heirathete, ach mein 
Gott, was leidet die am Weißen Flusse! Sagen Sie nur, 
woher kommt das Alles, und wie hilft man denn da? 
Herr Rühle. Ja, 's ist eine Kreuznoth heut' zu Tage 
mit den Frauensleuten! Kaum hat man sie mal 3 Wochen 
lang ziemlich wohlauf und munter gehabt, geht's in der 4ten 
Wochen mit dem Lamentiren schon wieder los. Bei der Einen 
thut die Natur zu wenig, bei der Anderen zu viel; bei Jener 
liegt dann Schmerz und Noth hauptsächlich im Unterleibe, bei 
Dieser im Kopf oder in der Brust; Diese hat die Belästigung 
und Angst 3 -4' Tage vor dem Durchbruch, Jene ebenso viel 
Tage nachher und eine Dritte sogar die ganze Zeit über, so 
daß das Bett gar nicht verlassen werden kann. Und wie 
verrathen und verkauft ist man dabei; der eine Doctor räth 
dafür oder dagegen das, der andere jenes, wieder einer, und 
das ist meistens der Fall, zuckt die Achseln und sagt, 's sei 
einmal so die Bestimmung des Frauenkörpers, da helfe es 
nichts' als ruhig ausharren und die Dinge gehen lassen, wie's 
Gott gefällt. 
Dr. Helfer. Das ist 'sehr unrichtig! Die Hauptsache 
bleibt freilich die Anweisung des Frauengeschlechts zu natur 
gemäßerer Lebensweise, deren Befolgung allein das allmä- 
lige und gänzliche Verschwinden solcher Beschwerden garan- 
tirt. Aber wenn nicht der Allopath und Homöopath, so hat der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.