Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

Herausgegeben von Dr. W. Meinert. 
• (Dresden, Kaitzer Str. Nr. 5.) 
Der "Naturarzt" erscheint jedes Quartal mit 10 Nummern L i Bogen; Preis jährlich 2 Thlr. oder 4 Fl. W. W.; Abonnement pränume- 
xar ™° cmm' 9, i}a ^‘ obct ganzjährig. Er ist eine erweiterte Fortsetzung des vorjährigen „Wasserfreundes", von dem Exemplare ä 2 Thlr. oder 
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Wie heilt man Scropheln und Tuberkulose 
am richtigsten? 
(Zugleich als Beitrag zu dem Capitel von der Schwierigkeit 
der Einbürgerung des Vegetarianismus in Deutschland.) 
Mitgetheilt von Herrn Naturarzt G. Wolbold in ^Stuttgart. 
(Fortsetzung.) 
Professor Dr. Bock in Leipzig, der bekannte Ver 
treter der rationellen modernen Medicin, dessen große Ver 
dienste um weiteste Verbreitung der medicinischen Errungen 
schaften der Neuzeit in populärer Weise durch Wort und 
Schrift rühmend anzuerkennen find, sagt in seinem weitver 
breiteten (in 5. Auslage erscheinenden) „Buche vom gesun 
den und kranken Menschen", das in keiner Familie keh 
len sollte, Seite 526 ff. der 4. Auflage: 
,,Mit dem Worte „scrophulös " treiben Aerzte und Laien den 
allergrößten Mißbrauch, denn es ist der Popanz, dem so ziemlich Alles 
in die^ Schuhe geschoben wird, was Kindern unter 14 Jahren, ohne 
augenfälligen und genügenden äußeren Grund, Krankes begegnet Die 
Aerzte sind mit „scrophulös" und mit Leberthran dagegen so 
fort bei der Hand, wenn ein Kind (besonders mit blonden Haa 
ren, blauen Augen, geschwollener Nase und dicken Lip 
pen, welches gern Schwarzbrod und Kartoffeln ißt!) ent 
weder irgendwo Drüsenanschwellungen hat. oder einen dicken 
Bauch, oder irgend einen Kopf- oder Gesichtsausschlag, oder 
Augenliderentzündungen und Ohrenslüsse, oder häufigen 
Schnupfen und Mandel- oder Rachenbräune, Verdau 
ungsstörungen, Würmer, wunde, nässende Hautstellen, 
Knochen- oder Gelenkleiden, Abmagerung oder Fettsucht, 
Geschwülste rc. Kurz, die Scrophulosis, auch „Drüsenschärse, 
Drüsenkrankheit" g.nannt, ist der bequemste Krankheitsname für 
die Aerzte, um die Eltern kranker Kinder zu beschwichtigen. Die Wis 
senschaft weiß freilich zur Zeit noch nicht, was eigentlich, darunter 
zu verstehen ist und kann eigentlich die Scrophulose nur für die 
Tuberkulose (vorzugsweise der Drüsen) im Kindesalter 
halten. Wie bei der tuberkulösen Lungenschwindsucht tritt auch hier 
neben Ablagerung von Tuberkelmasse (vorzugsweise in die 
Lymphdrüsen) Blutarmuth, Erbleichung, Abmagerung 
und Zehrfieber ein. Da sehr gern bei falsch ernährten, sog. scro- 
phulösen Kindern die Gekrösdrüsen im Unterleibe durch Einlagerung 
der Tuberkelmasse anschwellen, so spricht man auch von „Unter 
leibsdrüsenschwindsucht, Drüsendarre". Vielleicht ließe sich 
im Allgemeinen als Scrophulose auch derjenige Zustand bei Kin 
dern bezeichnen, bei welchem dieselben in Folge unzweckmäßiger Er 
nährung (durch grobe und schwerverdauliche Nahrung, durch Mangel 
an gehörig reiner, trockener, warmer Luft, Licht und Reinlichkeit) über 
haupt zum Krankwerden sehr disponiren. Zur Heilung dieses Z u - 
standes ist nur eine diätetische Behandlung nöthig, und diese 
muß bestehen in zweckmäßiger, nahrhafter und leichtverdaulicher Kost 
(vorzugsweise aus Milch), im Einathmen einer reinen, warmen Luft, 
in häufigem Aufhalten und Bewegen im Freien, im Bewohnen einer 
trockenen, sonnigen Wohnung (mit gesundem Schlafzimmer), in öfte 
rem Warmbaden (?), in Regelung des Stuhlganges (aber nur durch Kly 
stier). Natürlich verlangen die bei den scrophulösen Kindern vorkom 
menden Leiden auch noch ihre bestimmte Behandlung*). 
Die Lymphdrüsen schwellen sehr leicht an, sobald im Bereiche 
derjenigen Lymphgefäße, welche eine solche Drüse in sich aufnehmen, 
irgend ein erheblicher Krankheitsproceß auftritt, z. B. Entzündung, 
Ausschläge, Eiterungen und Geschwüre rc. Solche Lymphdrüsen- 
Anschwellungen (auch Scropheln schlechtweg genannt) kommen an 
solchen Stellen des Körpers vor, wo größere Hansen solcher Drüsen 
liegen, wie in den Achselhöhlen, Weichen, am Halse und Nak- 
ken, in der Bauch- und Brusth öhle. Diese Anschwellungen, welche 
meistens schmerzlos sind und oft lange Zeit von derselben Beschaffen 
heit bleiben, erscheinen Anfangs einzeln oder perlschnurartig anein 
andergereiht, erbsen- oder bohnengroß, verschiebbar und weich, später 
werden sie härter und größer und vereinigen sich zu größeren Klum 
pen mit einander. Nicht selten gehen sie in Entzündung, Eiterung 
und selbst in Verschwärung (d. h. scrophulöse Geschwüre) über. 
Ueber Lungenschwindsucht sagt Bock Seite 482ff.: 
„Ueber keine Krankheit herrschen unter den Laien, ja sogar auch 
unter den Aerzten, so falsche Ansichten, als über die Lungenschwind 
sucht, obschon von allen Uebeln der Jetztzeit dieses Lungenleiden das 
all er häufigste ist. Zur Beruhigung diene nun aber dem Leser 
gleich von vornherein-die Nachricht, daß man bei der Lungenschwind 
sucht ohne große Beschwerden uralt werden kann, und daß man sogar 
als Lungenschwindsüchtiger noch den Vortheil hat, vor vielen Krankhei 
ten geschützt zu sein. Allerdings verlangt dieses Leiden, welches sehr 
oft ganz unbemerkt auch die scheinbar gesündesten Personen, sogar mit 
breiter Brust, beschleicht, daß man sich in seiner Lebensweise etwas dar 
nach richte. Thut man dies nicht oder zu spät, dann freilich kürzt die 
Lungenschwindsucht das Leben und veranlaßt auch mannichfache lästige 
Beschwerden. 
Ueber das eigentliche Wesen und die Ursachen der 
Lungenschwindsucht weiß die Wissenschaft so gut wie 
Nichts; oft scheint sie angeboren und ererbt zu.sein. Von 
Ansteckung dabei ist keine Rede. obschon sie sich bei einander nahe 
stehenden Personen, die unter gleichen Verhältnissen leben, nicht selten 
entwickelt. 
Bei der Lungenschwindsucht wird aus dem Blute eine eigen 
thümliche, gerinnende, grauliche nnd gelbliche Masse in das Lungen 
gewebe abgeschieden. Diese Masse, welche fast immer zuerst in den 
Lungenspitzen abgelagert wird, nimmt in den meisten Fällen die Form 
*) Anmerkung. Welcher Art diese Leiden und worin die be 
stimmte Behandlung besteht, darüber sagt Bock — Nichts. Jst's so 
zu verstehen, daß wenn ein scrophulöses Kind z. B. Scharlachfieber re. 
bekommt, dasselbe bei ihm gerade so zu behandeln ist, wie bei einem 
anderen nichtscrophulösen Kinde, dann ist die Sache richtig; andern 
falls hätte Bock sich noch bestimmter darüber aussprechen sollen.
	        
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