Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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8. 
„Vermeiden Sie ja, sich brieflich behandeln zu lassen", 
hat schon mancher College dem ihn befragenden Kranken, ob 
er sich an den „Naturarzt" wenden könne und solle? ge 
antwortet! d. h. unsere „Krankeneorrespondenz" ist 
manchem Arzte ein Dorn im Auge geworden. Nun in der 
That, wenn wir sie auch nicht begründet haben, um irgend 
welchen Collegen damit zu verletzen, so haben wir sie doch in 
der festen Ueberzeugung gleich von vornherein unserem Blatte 
und unserem privaten Wirken hinzugefügt, daß dadurch 
nach zwei Seiten hin, oder doppelt, ein gxoßer Nutzen ge 
stiftet werden könne. Einmal nämlich wird dadurch denen, 
welche ,gegen ihre Leiden schon alle möglichen allo- und ho 
möopathischen Mittel vergeblich angewendet haben und welche 
nun entweder von den Aerzten dieser Schulen selbst aufgegeben 
wurden oder ihrer Seits das Vertrauen dazu verloren und 
nun also ein hoffnungsloses Dasein dahinschleppen müßten, 
Gelegenheit gegeben, sei es auch aus noch so entfernter Ge 
gend, sich für fast nicht nennenswertste Kosten Belehrung 
zu verschaffen über den bis jetzt großenteils ihnen noch gar 
nicht bekannten „rein natürlichen" Weg, aus dem man 
allmälig und oft selbst inmitten seiner häuslichen Verhältnisse, 
ohne Arznei und sonstige Künstelei, wieder zur Gesundheit 
gelangen kann. Dies allein schon, diese Möglichkeit, noch in 
der zwölften Stunde einen Rettungszweig dem im Unter 
sinken Begriffenen darbieten zu können, mußte für uns die 
Verpflichtung der Einrichtung einer naturärztlichen Kranken 
eorrespondenz begründen. Und unsere Hoffnung von der se 
gensvollen Wirkung dieser Einrichtung hat uns nicht getäuscht. 
Wir können, seit dem Beginne unseres Unternehmens, also 
innerhalb noch nicht ganz 2 Jahre, schon jetzt beinahe von 
200 Patienten schwerer Art sagen, daß sie durch Benutzung 
der „Krankencorrespondenz" — der öffentlichen im Blatte, 
wie noch mehr der privaten — auf den Weg der „Naturheilung" 
übergeleitet wurden und aus demselben entweder unerwartet 
bald schon Früchte ernteten oder doch durch die Blüthen 
und Blumen immer sicherer Aussicht auf nahebevorstehende 
Fruchternte ihrer begonnenen Naturliebe und Festigkeit in Be 
folgung ihrer Forderungen erfreut werden. 
Die Zahl dieser meist in die Kategorie der chronischen 
Kranken gehörigen Belehrten und Umgekehrten auf der ab 
schüssigen Bahn verkünstelter Lebens- und Heilweise könnte 
und würde freilich noch weit größer sein, wären nicht mei- 
stentheils die armen Leidenden entweder von Personen umge 
ben, welche theils aus falscher Zärtlichkeit, theils aus Um 
kenntniß vom Neuen, aus Haß gegen dasselbe und aus Vor 
liebe für's Alte, theils auch leider! aus Egoismus die Be 
lehrung über den naturgemäßen Heilweg von ihnen 
fern halten, oder griffen sie eher und vor unheilbarer Desor 
ganisation in ihrem Körper zu dieser Belehrung! 
Namentlich aber begehen dieEltern bei den acuten Krank 
heiten ihrer Kinder noch die, wahrhafte „Sünde" an deren 
irdischer Zukunft zu nennende Unterlassung der Einholung 
naturärztlichen Rathes. Erst nachdem 2 und 3 der klei 
nen hülflosen Wesen in und mit dem grausamen und nerven 
lähmenden allopathischen Verfahren in sogen, hitzigen Krank 
heiten hingeopsert sind, nimmt man sich die Mühe, oder ge 
winnt es trotz der albernen Abmahnungen von blinden Ver 
wandten und trotz dem thörichten Hebammengeschwätz über 
sich,'eine Rücksprache mit dem „Naturarzte" vorzunehmen, 
Da fällt es dann freilich wie Schuppen von den Augen und 
das jammervolle und thränenreiche „Ach hätte man das 
eher gewußt!" dringt immer und immer wieder zu den 
Ohren des Naturarztes. Ueberall nun, wo ein Naturarzt 
existirt — und Gott Lob, es giebt deren schon an manchem 
deutschen und außerdeutschen Orte und gerade die Laienärzte, 
die nicht promoti doctores, sind mit die emsigsten, human 
sten, naturgetreuest verfahrenden — ist jene Unterlassung der 
Eltern in zeitiger Ratherholung .bei ihm eine doppelte Ver- j 
sündigung an Leib und Geist der Kinder; aber auch für die 
Eltern und Angehörige einer acut krank gewordenen Person, 
welche keinen Naturarzt am Orte haben, ist in den seltensten 
Fällen die räumliche Entfernung von demselben jetzt noch 
ein Grund der Rechtfertigung seiner Nichtbenutzung. Denn 
selten tritt auch die hitzigste Krankheit so schnell tödtlich auf, ■ 
daß nicht für den Patienten vom nächstwohnenden Naturarzte 
brieflich und per Eisenbahn oder selbst nur telegraphisch und 
per Depesche die erste nöthige Anweisung eingeholt werden i 
könnte. Namentlich die letzteren, in acuten Fällen so ; 
äußerst wichtigen Rathseinholungen per De 
pesche, sind — besonders bei den jetzigen billigen Prei- : 
fett von 8, resp. 16 Ngr. für die einfache Depesche — viel 
leichter ausführbar, als in der Regel angenommen wird, denn 
der Naturarzt braucht, um die erste, für 1—2 Tage selbst 
in den schwersten Fällen ausreichende Anweisung zurückerthei- 
len zu können, meist nur über 3 — 4 Punkte kürzestgefaßte 
Mittheilung. In fast allen acuten Fällen nämlich, sowohl 
unbestimmten, allgemeinen, als auch fester hervortretenden 
Charakters, genügt ihm eine Depesche, ungefähr des Inhaltes: 
Alter:(?)männlich(weiblich), Kopf: heiß (oderkühl),Füße: 
warm (oder kalt), Haut: trocken- (oder feucht-), warm 
(oder kalt)) Schmerz da oder da, Körper: fleischig (oder 
mager), (sonstige) Symptome: Husten (trocken oder feucht), 
oder Diarrhoe, oder Erbrechen, oder Verstopfmrg. Würde ) 
daher z. B. an uns telegraphirt: „An Naturarzt: Dres 
den, weiblich, 13, Kopf heiß, Füße kalt. Haut trok- 
ken-heiß, Kopf- und Leibschmerz, mager, Diarr 
hoe, Breslau, Ziller, Ring 15," also zusammen 20 Worte, 
so würde diese Depesche sammt der Rückantwort von uns 
jetzt 16 Ngr. (oder ca. 80 Kr. W. W.) kosten, und unsere 
Antwort, also ebenfalls vorläufig in nicht mehr als 20 Worte 
eingekleidet, würde ungefähr wie folgt sein: 
„Ziller, Breslau, Ring 15; Halbbäder 18 0 mit Kopf- 
Uebergießungen; Fußfrottiren warm, dann kalt-feucht ver-' 
packt; Neptunsgürtel; £ Klystier 15° nach Stuhlgang. 
Selbstverstanden würden wir und auch jeder andere Pa- 
turarzt sofort nach der Rück-Depesche eine ausführlichere An 
weisung zur physiatrischen Behandlung nach den angegeben 
erhaltenen acuten Symptomen brieflich abgehen lassen und 
glauben versichern zu dürfen, daß wir unter 100 Fällen gewiß 
90 mal durch solche erst telegraphische'kürzeste und dann nach 
folgende briefliche ausführlichere Anweisungen und Belehrun 
gen die acut Kranken zur wirklichen (nicht blos scheinbaren) 1 
Genesung führen können. Und diese ganze briefliche Behand 
lung würde also, einschließlich der Depeschen-Kosten, des Porto 
und des Honorars für die brieflichen Bemühungen, nicht mehr 
als 2. bis 3 Thaler, resp. Gulden, Aufwand verursachen! 
Wir wiederholen daher, daß auch für die Angehörigen 
acut Erkrankter die Möglichkeit brieflicher Einholung einer 
physiatrischen ^naturärztlichen) Berathung sehr wohl besteht, 
und wünschen dringend, in ihrem wahrsten und eigendsten 
Interesse, daß sie von der sowohl durch uns, als gewiß auch 
von jedem anderen Naturarzte, gebotenen diesfallsigen Gelegen- !
	        
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