Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

218 
met, und verlangt wie diese reine Luft. Je thätiger, offener 
sie ist, desto mehr ist der Mensch vor Krankheit sicher. Es 
folgt daraus die Nothwendigkeit, sie möglichst rein zu halten 
und hierzu dient das Wasser als Hauptmittel der Reinlichkeit. 
Der Reinliche erhält sich am gesündesten, der Unreinliche 
verschlechtert sich auch in sittlicher Beziehung. Er verliert all- 
mälig den dem Menschen angeborenen reinen, offenen Sinn 
für das Gute, Schöne und Wahre. Eine tägliche Waschung 
des ganzen Körpers ist sehr zu empfehlen und zwar mit kal 
tem (?) Wasser, weil dieses vorzüglich der Haut Leben und Kraft 
giebt. Die ältesten, kräftigen und lebensfrischen Völker, wozu 
auch die alten Deutschen gehörten, legten auf Waschen und 
Baden ganz besonderen Werth und keine heilige und wichtige 
Handlung wurde von ihnen vorgenommen ohne vorherige Rei 
nigung des Körpers. Das Erste, was man dem einkehren 
den Fremdlinge gastfreundlich bot, war ein erfrischendes Bad. 
Wenigstens allwöchentlich muß eine gründliche Abwaschung 
des ganzen Körpers (mit Wasser und Seife) am besten ein 
allgemeines Bad vorgenommen werden. Leider 'fehlen in vie 
len Städten noch immer öffentliche Bäder, die auch dem är 
meren Theile der Bevölkerung zugänglich find, obgleich sich 
heut zu Tage ein viel regerer Sinn dafür Zeigt, als früher. 
Wenigstens sind Flußbäder im Sommer überall, wo sich 
Gelegenheit bietet, vorhanden. 
Es scheint überflüssig, hier noch ein Wort über den 
zweckmäßigen Gebrauch der Bäder überhaupt und der Fluß 
bäder insbesondere zu sagen. Nur so viel sei bemerkt, daß 
Wannenbäder lau genommen werden (20 — 25 R.). Zu 
warme Bäder erschlaffen leicht, statt zu kräftigen und zu er 
frischen, steigern die Empfindlichkeit der Haut und machen zu 
Erkältungen geneigt. 
Zur Reinlichkeit des Körpers gehört ferner der möglichst 
häufige Wechsel der Wäsche, die sehr bald von den Aus 
dünstungen des Körpers durchtränkt und daher, zu lange auf 
dem Leibe getragen, zur Schädlichkeit wird, indem die in sie 
hineingezogenen Ausdünstungsstoffe, vorzüglich der Schweiß, 
sich zu zersetzen beginnen, wie aus dem üblen Gerüche schon 
hervorgeht,, den schmutzige Wäsche stets wahrnehmen läßt. 
Ueberhaupt muß Alles, was der Körper aus die eine 
oder andere Weise abgesondert und entleert hat, sorgfältig aus 
dem Bereiche der Lebenden, aus dem Zimmer und der Schläs- 
kammer, entfernt werden. Hierzu treibt schon der natürliche 
Abscheu und Ekel vor allem Abgelebten, Verdorbenen und. 
Todten. Nachtgeschirre und Nachtstühle müssen nach jedes 
maligem Gebrauche gereinigt, wenigstens mit einem luftdichten 
Deckel versehen werden. Erstere unter den Betten stehen zu 
lassen, ist verwerflich. 
(Fortsetzung folgt.) 
Ueber Ableitungskur und Sonnenbäder. 
(Aus einem Briefe des Herrn A. Rikli, Dirigent der Natur- 
Heilanstalt zu Veldes bei Laibach.) 
„Bei allen 3 Klienten schien das blos ableitende Verfah 
ren durch partielle und feuchte Einhüllungen den Sättigungs 
grad erreicht zu haben, besonders bei P., so daß die alleinige 
Fortsetzung desselben sie nervös aufregte. In solchen Fällen 
stnde ich allemal, daß die bloße Wärme- und Elektricitäts 
Ableitung nicht mehr entspricht oder genügt, sondern daß eine 
Blutflüssigkeits-Ableitung oder Schweiß-Absonderung nöthig 
ist. — Ich ließ sonach bald die verschiedenen Schweiß-Proce 
duren, als Halb-Dampfbäder, trockene Einhüllung am Son 
nenbad, trockene Einpackungen Morgens eintreten und das 
that ihnen allen sehr gut, besonders P. und N. ^ Sie durf 
ten P. nur zu Gesicht bekommen, so würden Sie ihm sogleich 
Schweißbäder verordnet haben. Seine frühere Erregbarkeit 
und Congestionen halte ich mehr für hämorrhoidalen Ursprungs. 
Nach dem Schwitzen haben sich diese sogleich gelegt. 
Bei diesem Anlasse erlaube ich mir noch Einiges über 
Sonnenbäder mitzutheilen, damit Sie es nothfalls in Ihren 
Kranken-Correspondenzen oder sonst benützen können. 
Wenn man sich selbst die Umschläge machen muß, ver 
steht sich, kann man dann nur Einhüllung nehmen. Es 
ist jedenfalls weit vorzuziehen, wenn eine zweite Person die 
Einhüllung und Umschläge vollzieht. — Wenn Sie Schweiß- 
production ohne Bewegung erzeugen wollen, so ist dazu je 
denfalls dre Einhüllung am Sonnenbade das einfachste in 
dieser Jahreszeit. Zu diesem Zwecke lasse ich den Kranken 
gewöhnlich zwischen 15 bis 30 Minuten auf der Kotze Son 
nenbad nehmen, hierauf blos mit dem einen Drittel der Kotze, 
oder mit einem einfachen Kotzenflügel sich selbst einhüllen oder 
zudecken, wobei man mit den Händen inwendig den Kotzen 
rand überall fest anzieht, besonders bei der Achsel. Die Füße 
hebt der Betreffende einen Moment hoch auf, damit sich ein 
Stück Kotzenrand unter dieselben legt, so daß es auch dort 
ziemlich geschlossen ist. 
Durch diese einfache Einhüllung kann die Sonne noch prächtig 
durch wirken, und doch ist die den Körper umgebende Luftschicht 
so klein und ruhig, daß der Dunst nicht so rasch entweichen kann, 
und er sehr bald (oft augenblicklich) in Tropfen steht xtnb herun 
terrinnt. Dabei muß Patient freilich sich sehr ruhig verhalten. 
Zeigt das Thermometer neben dem Eingehüllten am Boden 
45 bis 50^, so lasse ich nie länger, als 35 Minuten 
eingehüllt fern oder schwitzen, manche Mhl nur 15 Minuten. 
Mehr, finde ich, schadet leicht; die ganze Sonnenbad-Opera 
tion dauert also höchstens 1 Stunde und 5 Minuten bei obigen 
Graden. Bei 50 brs 57 °, wie es hier vorkommt, ist die 
Dauer der Einhüllung noch kürzer, aber zwischen 40 bis 45 0 
1 {- Stunde. Kranke mit Congestionen am Kopfe müssen da 
bei fleißig große kühlende Umschläge auf den Kopf bekommen, 
und dies selbst dann, wenn sie durch das längere Sonnenbad 
nur schweren Kopf bekommen. Bei starken Congestionen nach 
der Brust find Brustumschläge angezeigt. Das Sonnenbad 
allein genommen, also ohne Einhüllung, bewirkt zunächst in 
dem betreffenden Gliede oder Körpertheile, den man der Sonne 
nackt aussetzt, einen Congestionszustand, was man deutlich 
sieht, wenn man die betreffenden Theile vor dem Sonnen 
bade genau betrachtet und zu Ende desselben wieder vergleicht. 
Man findet sie dann geschwellter und röther. Allein die directe 
Sonnenwärme scheint der Entleerung der Haut viel weniger 
günstig zu sein, als mittelbar durch eine leichte Bedeckung. 
Es schwitzt immer der von der Sonne abgewendete Theil 
am stärksten beim wirklichen Sonnenbade; nämlich wenn die 
vordere Fläche der Sonne zugewendet ist, dann schwitzt die 
Rückseite des Körpers. Man könnte hiergegen einwenden, daß 
die Sonne sogleich die Ausdünstung verdunstet und nur da 
durch der Schweiß nicht sichtbar wird auf der der Sonne zu 
gekehrten Seite; allein dagegen spricht, daß man das Sonnen 
bad im Allgemeinen, zur Hälfte seiner Dauer mit ein 
facher Einhüllung genommen, leichter aushält und daß
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.