Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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cherstämmt, wer weiß, ob es nicht schon längst allgemeine An 
erkennung gefunden hätte." 
Br. Bicking sagt in seiner Broschüre S. 6: „Ich fühle 
mich zu Schroth besonders deshalb hingezogen, weil er überall 
auf die natürliche Heilwirksamkeit, die er über Alles erhebt, 
hinweist. Nach seinem Ausdrucke hat für ihn nichts Werth, 
als die Natur; er findet Glück, Ruhm und Zufriedenheit in 
der Natur, die Einfachheit der Natur ist sein Leben. Ich 
glaube, daß in den Aeußerungen dieses genievollen Land 
mannes mancher Arzt ein naturwahres Wort erkennen 
wird." 
Wäre die angefeindete, durch Unkenntniß und Bosheit 
oft entstellte Methode Schroth's ihrem Wesen nach mit ihren 
Heilerfolgen bekannter, oder der heilbringende Kern in einer 
weniger harten und rauhen Schale, da unser gaumenverwöhn 
tes, luxuriöses Zeitalter von Entbehrung nichts wissen will, 
oder hätte Schroth im Anfange seiner Kur einen Apostel, wie 
Oertel und Munde, zur Seite gehabt, so würde sie gewiß 
viel schneller Verbreitung und Anerkennung gefunden haben. 
Das ist aber einmal das Schicksal des wahren Guten, daß 
es sich mühsam und oft nach langen, schweren Kämpfen Bahn 
bricht und Anerkennung findet. 
Referent hat es für seine Pflicht gehalten und glaubt 
es den Manen Schroth's schuldig zu sein, ihn gegen so ge 
hässige Angriffe nach Kräften zu vertheidigen, damit nicht ein 
so unrechtmäßiges Urtheil über den so hochverdienten Mann, 
den die Nachwelt noch in den Himmel erheben und ihm ein 
großes Monument setzen wird, beim Publikum Glauben finde 
und Wurzel fasse und seine weit über alle anderen erhabene 
Kurmethode, welcher schon Tausende Leben und - Gesundheit 
danken, beeinträchtigt werde" - 
(Schluß folgt.) 
Ueber die Bchmldlmg des Typhus 
mittelst Naturheilversahreus ohne Arznei und ohne Mut- 
Entziehung. 
Von Br. Gleich in München. 
(Schluß.) 
Während der Reeonvalescenz sind außer einer naturin-^ 
stinktgemäßen Diät, die besonders in der ersten Zeit nur aus 
sehr kleinen Portionen Speisen und Getränke auf einmal be 
stehen darf und des Aufenthaltes im Freien, wenn die Jah 
reszeit und die Verhältnisse es erlauben, laue Halbbäder nebst 
Reibungen mit den flachen Händen, die durch Zugießen fri 
schen Wassers allmählig kichler gemacht werden müssen, zur 
schnelleren und gleichmäßigeren Hebung der Kräfte im Ge- 
sammtorgauismus von hoher Wichtigkeit, werden aber nur 
dann von Nutzen sein, sobald der Reconvalescent keine Abnei 
gung dagegen fühlt. In diesem Falle müssen sie durch laue 
Waschungen mittelst eines Schwammes ersetzt werden. Noch 
zweckmäßiger und wirksamer sind diese Bäder, können sie aus 
Flußwasser eingerichtet werden. Der Aufenthalt an den 
freundlichen Usern eines Flusses oder See's im Sommer und 
der richtige Gebrauch der Fluß- oder Seebäder ist sehr zu 1 
empfehlen. (Siehe die Schrift: „Ueber die Wichtigkeit der 
Fluß- und Seebäder re.", München, vorräthig bei G. Franz. 
Preis 6 kr.) Der Temperaturgrad des Wassers vor dem 
Hineinbringen des Kranken in das laue Bad darf nicht nach ! 
den Launen des Herrn Doctors, sondern muß nach dem eige- I 
nen Gefühle des ersteren regulirt werden. Zu diesem Zwecke l 
nimmt man eine Schüssel voll von dem bereits eingerichteten ! 
Badewasser heraus und läßt den Kranken mit seiner Hand j 
den Temperaturgrad untersuchen, ob er seinem Gefühle ent 
spricht oder nicht; diese ist der richtigste Thermometer. — In 
der Regel ist nach physiatrischer Behandlung die Reconvales- 
cenz nur von kurzer Dauer, wenn nicht besondere Umstände, 
wie z. B. Affection der Brust oder Unterleibsorgane und 
massenhafte Anschoppungen im Unterleibe, sie verzögern; schnell 
kehren im Allgemeinen Appetit und Verdauung wieder, was 
besonders bei jungen Subjecten der Fall ist, weil keine Medi- 
eation den Magen schwächt. Bei älteren Personen hingegen | 
besteht wegen der durch den Krankheitsreiz auf das ganze j 
Nervensystem hervorgerufenen stärkeren und länger andauern 
den allgemeinen Abspannung im Gesammtorganismus oft ge- 1 
raume Zeit Mangel an Appetit und Verdauung, weshalb sie j 
unaufhörlich vom Arzte etwas für den Magen vergangen, in 
der Meinung, es könne durch irgend ein Mittel der Appetit 
schneller hervorgerufen werden, was bei medicinischer Behand 
lung durch China, Quassia, Gentiana, Columbo u. s. w. ver 
sucht, keineswegs aber damit erreicht wird. Willfährt der 
Naturarzt den Zumuthungen der Reconvalescenten nicht, er- ] 
mahnt er sie zur Geduld aus so lange, bis die durch Ein 
wirkung des Krankheitsreizes auf die Nerven abgespannten 1 
Verdauungsorgane sich wieder werden erholt und gekräftigt 1 
haben, wozu diese der Zeit und der Ruhe bedürfen, so brau- f 
chen sie oft auf eigene Faust verschiedene Reizmittel, die ihnen 
bald von Diesem und' bald von Jenem angerathen werden, 
um den Magen zu stärken. Gerade aber dadurch verlängern 
sie durch Uebcrreizung die Unverdaulichkeit und Appetitlosig 
keit, und dies um so mehr, je stärkere Reize auf denselben 
eingewirkt haben. Zeit und Ruhe nebst Anwendung lauer 
Halbbäder mit Reibungen in der Dauer von 3 — 4 Minuten 
heben am schnellsten die Kräfte der geschwächten Verdauungs 
organe. — Wein und Bier dürfen nur dann in Anwendung 
kommen, wenn ein ganz bestimmtes Verlangen von Seite des 
Reconvalescenten nach diesen Getränken kundgegeben wird 
und sie vertragen werden; aber stets in sehr kleinen Portio 
nen auf einmal; ganz dasselbe gilt auch von Milch, Rettig, 
Spargel, Salat, Gurken, rohem Obst u. s. w. — Bei die 
ser Gelegenheit soll der Aeußerung einer angesehenen Bürgers 
frau Erwähnung geschehen, die sie machte, als ihr achtjähri- 
riger, schwer am Typhus darniederliegender Sohn auf die phy- 
siatrische Behandlung wieder zu genesen begann und. also lau 
tet: „Wer kann doch bei solch' einem einfachen Verfahren in 
dieser schrecklichen Krankheit an die Möglichkeit der Heilung 
glauben!" Diese Behandlung ist den Leuten nun einmal zu 
einfach. — Dieser allgemein verbreitete Glaube, besonders 
im gebildeten Publikum, namentlich in höheren Kreisen, der 
leider noch obendrein von Aerzten aller Farben Unterstützung 
findet, ist allerdings ein großes Unglück, darum müssen aber 
auch noch Tausende und Abertausende von Kranken erst an 
medicinischer Behandlung und Blutentziehungen dahinsterben, 
bevor man an diese so wirksame Einfachheit glaubt.
	        
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