Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

Oertel und andere darum verdiente Männer. Deshalb sind 
blinde Partheiangriffe auf ihn ebenso ungerecht und inhuman, 
als unklug und der Sache der Wasserheilkunde schädlich. Am 
meisten rücksichtslos, roh und fanatisch hat sich in dieser Hin 
sicht der Herausgeber der „Zeitschrift für naturgemäße Ge 
sundheitspflege'^ Medicinalrath Dr. Richter in Alexisbad, ge 
zeigt. Schon im vorj. II Bande (4tes Heft) brachte derselbe 
seinen Haß gegen Schroth und dessen Heilmethode in einer 
Art und Form zu Tage, daß die Freunde der Wasserkur, als 
deren Vertreter sich Herr Richter dabei gerirte, ob solcher Ma 
nier der Vertretung schwer erröthen mußten. Aber er setzt 
auch in dem heurigen III. Bande I stes Heft S. 7 ff. diese 
Angriffe in der beliebten Redeweise fort, und wollen wir da 
her, um zu zeigen, wie wenig die wahren Freunde der Mensch 
heit und der Heilkunde mit solchem Gebühren einverstanden 
sind, nicht länger Anstand nehmen, dem schon mehrfach an 
uns gestellten Wunsche nach Aufnahme der Abfertigung des 
Dr. R. durch Dr. Körner in Wolgast in Nr. 18 des vorigen 
Jahrganges der Kadner'schen Zeitschrift „Rückkehr zur Natur" 
zu genügen, um auch unserer Seits zur Sühnung an den 
Mahnen Schroth's nach Kräften beizutragen. Wir geben da 
her die Körner'sche Replik, soweit sie sich persönlich für Schroth 
und gegen R. ausspricht, in Folgendem: 
„Der Medicinalrath Dr. Richter, Direetor der Wasser 
heilanstalt in Alexisbad, hat in seiner „Zeitschrift für natur 
gemäße Gesundheitspflege und Behandlung", II. Band 4tes 
Heft, Dessau bei Neubürger 1862, einen so haarsträubenden 
Schmähartikel über Schroth und seine Kur vom Stapel ge 
lassen, daß derselbe Jeden, der Schroth's Leben und Wirken 
kennt, mit gerechtem Unwillen erfüllen und man sich wirklich 
wundern muß, daß ein um das Naturheilverfahren sonst ver 
dienter Arzt um den Riesenfortschritt in der Heilkunde durch 
die Schroth'sche oder diätetische Kur, bei so reichhaltiger Lite 
ratur, sich gar nicht bekümmert, und deshalb so in's Blaue 
hinein ein ganz ungerechtfertigtes Urtheil über dieselbe gefällt 
hat! Glaubt er denn, daß Aerzte von Ruf, wie Kadner, 
Gleich, Dieck, die sehr besuchte diätetische Heilanstalten nach 
Grundlage der Schroth'schen Kur dirigiren und glänzende 
Heilungen erzielen, so ganz auf den Kopf gefallen sind und 
gar kein Urtheil haben? 
Doch wollen wir nun auf die dem verdienten Schroth 
zur Last gelegten Beschuldigungen näher eingehen und diesel 
ben widerlegen. Richter nennt Schroth einen rohen, lüder- 
lichen Schlemmer und spaßhaften Trunkenbold, den ökono 
mische Vortheile bestimmt hätten, sich zum Naturarzte auszu 
werfen. Er sagt: „Wer Schroth etwa ein großes ärztliches 
Genie zuschreibt und ihn sogar mit Prießnitz vergleichen will, 
dem ist so wenig das Bedürfniß der Arzneikunst, wie die 
einen wirklich bedeutenden Menschen auszeichnenden Eigen 
schaften bekannt, und es ist lächerlich, den alten, spaßhaften 
Trunkenbold zum Erfinder einer neuen Heilmethode machen zu 
wollen, welcher man den Namen Naturheilmethode giebt." 
Was den ersteren Punkt der Beschuldigung betrifft, so 
ist er rein aus der Luft gegriffen; denn Niemand würde 
wohl sein höchstes Gut: Leben und Gesundheit, einem Trun 
kenbolde anvertrauen, den Jedermann verachtet und fliehet, 
und dabei ist Schroth doch stets von Kranken aller Klassen 
umlagert gewesen, besonders von solchen, die auf dem Grä- 
fenberge keine Hülfe finden konnten und die Schroth oft in 
kurzer Zeit herstellte. Hat denn Dr. Richter nichts von der 
Heilung des Prinzen Wilhelm von Württemberg gehört? Der 
würde sich gewiß nicht einem Trunkenbolde anvertraut haben! 
Dr. Gleich verdankt ihm seine Gesundheit, wie er in seiner ] 
Reform der sogenannten Hydropathie erzählt und mittheilt, \ 
daß er ihn von einem langjährigen Darmkatarrh, gegen den 1 
die Wasserkur nichts vermochte, hergestellt habe. Desgleichen 1 
hat Dr. Steinbacher die Kur 3 Monate bei ihm gebraucht 
und sich 10 Monate bei ihm ausgehalten; ferner sind Dr. 1 
Bicking, Dr. Popw Dr. Cybulka längere Zeit bei ihm gewesen ! 
und haben die Kur selbst gebraucht, wie sie in ihren Broschü- 
ren mittheilen; aber alle sind voll seines Ruhmes und Keiner 
von ihnen hat irgend einen Anstoß an seinem Lebenswandel 
gefunden. Den besten Aufschluß hierüber giebt uns Dr. Ch- 
bulka in seiner Schrift: „Die Heilmethode des Naturarztes j 
I. Schroth und ihre ausgezeichneten Erfolge rc., Frankfurt 
1846 S. 4: „Man beschuldigt ihn ungerechter Weise der 
Trunkenheit, wozu das Zittern seiner Hände Veranlassung ! 
war. Er liebt zwar ein Glas Wein und nennt ihn ein be 
lebendes Getränk in gesunden und ein oft (!) treffliches Mittel ; 
in vielen krankhaften Zuständen, doch im Uebermaße und lei- | 
denschaftlich ist er ihm ganz und gar nicht ergeben, und das 
Zittern seiner Hände rührt her entweder von den übermäßigen 
Strapazen seiner Jugend oder ist ein Erbstück, da sein jün 
gerer Bruder, der gar keinen Wein noch Branntwein trinkt, 
ebenfalls damit behaftet ist, und unseres Schroth ältester 
Sohn, der so einfach und mäßig erzogen ist, fängt auch an, 
an den Händen zu zittern. Man wird sogar versucht, aus j 
Mangel eines anderen triftigen Grundes dies Händezittern 
der ihm innewohnenden magnetischen Kraft zuzuschreiben, de- | 
ren Vorhandensein bei ihm durch so viele Thatsachen erwiesen 
ist, indem er oft die heftigsten Zahn- und Kopfschmerzen, 
Blutungen aus Wunden, der Nase und Gebärmutter blos 
mit Hülfe dieser Kraft, ohne irgend je ein anderes Mittel 
nebstbei zu gebrauchen, zum Erstaunen Vieler auf das Schnellste z 
stillte, so daß viele Unaufgeklärte seiner Gegend diese Kraft I 
einem bösen Bündniß zuschreiben. Im Essen ist Schroth ! 
äußerst mäßig, so zwar, daß er deshalb die Bewunderung i 
seiner Kurgäste erregte. Ein abgesagter Feind aller Brühen 
und Suppen, zieht er ein kleines Stückchen gedünstetes Rind 
fleisch mit etwas Gemüse oder Brod und etwas Wein allen 
anderen, auch den leckersten, Speisen vor, und als ich ihn 
einst fragte, wie es komme, daß er bei so schmaler Kost den 
noch so viele körperliche Kraft besitze, sagte er mir in seiner 
einfachen Weise: „Sehen Sie, bei einem Menschen, dessen ; 
Verdauung kräftig und unverdorben ist, vermag diese aus j 
einem kleinen Stückchen Fleisch und einem Erdapfel oder aus ! 
einem Stück Brod mehr guten Nahrungsstoff zu bereiten, als ! 
eine darniederliegende Verdauung aus den kräftigsten Brühen 
und Braten zu ziehen im Stande ist rc." — Er rst mit gan 
zer Seele Landwirth, weiß seine Felder durch gute Bearbei 
tung in dem besten Zustande zu erhalten und besäet sie meist 
mit eigener Hand. Seine Hauswirthschaft führt er ruhig 
und still gemeinschaftlich mit seiner emsigen Frau, so daß ! 
man nicht weiß, wer eigentlich die Oberhand im Hausregimente 
hat: nie hört man harte Verweise, lärmende Befehle, und 
doch geht Alles seinen regelmäßigen Gang. Er ist religiös, 
ohne bigott zu sein, gegen Arme äußerst wohlthätig rc." 
So lautet die wahrheitsgemäße Schilderung des Dr. Cy- j 
bulka, welche andere Aerzte und viele Kurgäste, die ihn län- ! 
gere Zeit beobachtet haben, bestätigen, und Niemand wird 
daraus einen Anhaltspunkt für Rohheit, Schlemmerei und 
Trunkenheit finden, weshalb diese Anschuldigung in sich selbst 
zerfällt. Referent hat selbst 1851 Gelegenheit gehabt, ihn 
3 Wochen zu beobachten und sich seines Umganges zu erfreuen
	        
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