Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Extra ct aus dem 'JTrofocolt vom 7. DTouemöer 1836. 
Auf die Bedenklichkeit, daß bei Personen, welche in der Brust 
und namentlich in den Lungen sich schwach fühlten, durch das Waschen 
und Baden im kalten Wasser das Blut leicht nach Innen getrieben 
und gefährliche Congestionen im Gehirn, in den Lungen aber Bluter 
gießungen verursacht werden könnten, ward erwidert: Dieser Nachtheil 
sei durch eine dabei immer nothwendige Vorsicht leicht zu vermeiden. 
Man dürfe nur beim Waschen und Baden daraus sehen, daß zu aller 
erst Kopf, Hals und Brust mit kaltem Wasser recht benetzt und ein 
gerieben werde, alsdann aber den übrigen Theilen des Körpers erst ihr 
volles Recht geschehe. 
Des Wassertrinkens, fuhr Herr M. Lange fort, habe er 
sich auch hauptsächlich deswegen bedient, um sich von einer mit starker 
Geschwulst verbundenen Halsentzündung zu befreien, welche bei 
ihm jedesmal nach geringer Anstrengung im Sprechen, bei seinen öf 
fentlichen Vorträgen, entstanden sei Eine Zeit laug habe er deshalb 
täglich bis auf 20 Meßkannen Wasser getrunken, jedoch diese Zahl 
nur allmälig gesteigert Durch diese eine Zeit lang beobachtete Was 
serdiät sei aber auch sein Halsübel gänzlich verschwunden. 
Auch Herr Kaufmann Methe erzählte, gleiche Erfahrungen an 
sich selbst gemacht zu haben. Im December vor. Jahres habe er vier 
Mal an entzündlicher Halsgeschwulst, ohne durch ärztliche Hülfe Besse 
rung zu spüren, viel leiden müssen; zuletzt aber, am Sylvesterabende, 
habe er durch Anwendung des kalten Wassers, von dem er auch vor 
dem Schlafengehen zwei Meßkannen hintereinander getrunken, das 
Uebel schnell gehoben, indem er dadurch des Nachts in starken Schweiß 
gekommen sei. Des folgenden Tages habe er nach dem Aufstehen, wo 
er sich kalt gewaschen, vom Schmerze Nichts mehr empfunden. Des 
Mittags sei er schon im Stande gewesen, sich das Essen trefflich 
schmecken zu lassen. Zur Nacht habe er sich nochmals einen Wasser 
umschlag gemacht, und seitdem wisse er bei fortgesetzter Wasserdiät 
Nichts mehr von Halsschmerzen. 
Desgleichen erwähnte Herr Steindrucker Rau zum Lobe des 
kalten Wassers der wohlthätigen Stärkung, die' er vor Kurzem, durch 
Benutzung des kalten. Wassers, auf einer Wanderung in's Gebirge er 
fahren. Nach einer sehr anstrengenden Fußrerse bis Oberwiesenthal 
sei er daselbst mit den heftigsten Schmerzen in Schenkeln und Knie'n 
und fast erlahmt angekommen. Allein durch das Waschen dieser Theile 
mit kaltem Wasser, vor dem Schlafengehen, habe er sich nicht nur 
einen erquickenden Schlaf bereitet, sondern des folgenden Morgens sei 
auch aller Schmerz nebst der gefühlten Ermüdung gänzlich verschwun 
den gewesen. 
Extract aus dem 'protocosC vom 5. December 1836. 
Herr Martini las einen Aussatz vor über eine wohlgelungene 
Wassarkur eines seiner Freunde. Dieser, wohnhaft in Mexico, hatte 
wegen eines bisher unheilbaren Unterleibsübels, auf Anrathen seines 
mericanischen Arztes, während des vergangenen Sommers die Bäder 
in Teplitz und Karlsbad gebraucht, allein ganz verblich. Bei seiner 
Anwesenheit allhier hatte er hierauf, durch Zureden Herrn Martini's, 
sich doch endlich bewegen lassen, einige Gläser kalten Wassers zu trin 
ken und darnach eine so wohlthätige Wirkung verspürt, daß er den 
Gebrauch desselben fortsetzte. In Kurzem befand er sich wohler, als 
je vorher, und konnte nun fast ganz genesen und mit heiterem MiHe, 
um die Kur zu Hause fortzusetzen, wieder zurückreisen. 
Beigefügt war dieser Erzählung die von der Heilung eines Gim 
pels, welcher, an einem Nasenpolypen leidend, von Herrn Matrini 
durch öfteres Betupfen mit frischem Wasser nach 3—4 Wochen von 
seinem Uebel befreit war. 
Herr Leutnant von Schindler bemerkte hierauf, daß er und 
seine Wirthschafterin vor Kurzem, nach -dem Genusse von Fleischklös- 
chen mit Gemüse, von heftigen Leibschmerzen befallen worden sei. Zwei 
große Gläser frischen Wassers, die er hierauf getrunken, hätten jedoch 
bei ihm nach 1 ,4 Stunde die beste Wirkung gethan, während daß die 
Wirthschafterin, die dieses Mittel verschmähet, bis spät Abends von 
Schmerzen gequält worden wäre. 
In den hierauf folgenden gemeinschaftlichen Besprechungen über 
Wasserdiät beschrieb Herr Major Lange zuerst die Art und seine täg 
lichen Abwaschungen. Er erzählte dann, wie er vor mehreren Wochen 
aus Versehen die Fingerkuppe und den Nagel des Daumens seiner 
linken Hand mit dem Beile durch und durch gehauen habe, so, daß 
die Hälfte derselben nur noch an ein wenig Haut gehangen. Diesen 
Theil habe er nun, wie er solches auch vorzeigte, völlig geheilt blos 
unter Behandlung mit frischem Wasser. Endlich fügte er bei, daß er 
auf gleiche Weise vor Kurzem die bei ihm hervortretenden Hämorrhoi 
dalknoten, welche ihn auf's Aeußerste belästigten, wieder verkleinert 
und in ihre frühere Lage zurückgebracht haben. 
Diese Mittheilung veranlaßte den Herrn Major Brochowsky zu 
folgender Rückerinnerung: Im russischen Feldzuge 1812 ward einem 
seiner Kriegskameraden, einem Leutnant von Linden, bei einer Affaire 
das eine äußere Ohr so abgehauen, daß es nur noch am Ohrläppchen 
hing, und im Augenblicke der Verwundung ward derselbe auch zum 
Gefangenen gemacht. Zu Verbindung und Pflege ließ mau dem über 
dies noch Geplünderten kaum so viel Zeit, daß er das abgehauene 
Ohr an die gehörige Stelle drücken und mit einem ihm noch gelasse 
nen Halstuche feucht verbinden konnte. In diesem Zustande ward 
derselbe über 100 Stunden weit nach Kiew transportirt, während er 
an seinem Ohre Nichts weiter thun konnte, als solches verbunden zu 
halten, und so oft, als möglich, immer wieder mit Wasser anzufeuchten. 
Bei seiner Ankunft in Kiew war das Ohr schon fast ganz angeheilt. 
Des Naturarztes i>. Helfer Leiden und Freuden. 
Somatisch-hydriatifche Novelle. 
(Fortsetzung.) 
Da sank Herr Augustin mit einem leisen „Gott sei Dank" 
in den Lehnsessel des Schulmeisters; Herr Schöppe aber griff 
nach Hut und Stock und entfernte sich unter der Bemerkung, 
daß er nunmehr hoffe, nicht weiter zurckgehalten zu werden. 
Der Fremde dankte ihm für die geleistete Hülfe und sprach 
die Erwartung aus, daß man sich demnächst wohl öfter sehen 
und hoffentlich, wenn nicht über ein und dasselbe"Verfahren 
verständigen, so doch trotz obwaltender Verschiedenheit freund 
lich zu einander stellen werde. — „Das muß", nahm Herr 
Augustin das Wort, „womöglich schon diesen Nachmittag ge 
schehen, für welchen ich mir, in der Hoffnung, daß meine 
Tochter Bertha bis dahin wirklich ganz auß-er Gefahr sein 
wird, diese beiden Herren zu einer kleinen Kirmesfeier in mei 
ner Wohnung zu Mölfitz erbitte, — denn ich nehme an", 
fuhr er zu dem Fremden gewendet fort —; da unterbrach 
ihn die Frau Pastorin mit der Frage an den Fremden, ob 
er die Gegenwart ihr nunmehr auch erlasse? Herr Schöppe 
aber, dieses Intermezzo benutzend, schlüpfte nach einer stum 
men Verbeugung gegen Herrn Augustin zur Thüre hinaus, 
während der Fremde der Frau Pfarrerin noch einmal das 
Blut nach den Wangen trieb, durch die Erklärung, daß er, 
in Betracht der sich wahrscheinlich sehr bald nothwendig ma 
chenden totalen Abwaschung der Patientin, zu der Bitte an sie 
sich veranlaßt sehen müsse, daß sie noch verharren und die 
Frau Schulmeisterin bei jenem Acte gütigst unterstützen 
möge. — Während letztere nun in bereitwilligster und emsigster 
Weise die von dem Arzte für wünschenswerth erkannte Mi 
schung von frisch geholtem und warmem Wasser zu einem Ge 
menge von ca. 15" R. vorbereitete, die Frau Pastorin aber, 
offenbar im höchsten Grade mißmuthig, an das Lager von 
Bertha sich setzte, erkundigte sich Herr Augustin in kurzen, 
halblauten Fragen nach den Ansichten des fremden Arztes 
über diese bei seiner Tochter schon häufigen Ohnmachtszufälle, 
deren keiner aber bisher mit einem solchen Schrei begonnen 
und so schnell repetirt oder so lange gedauert habe, als der 
gegenwärtige. 
Fremder. Nach dem ganzen Hautsysteme Ihrer Toch 
ter zu urtheilen, d. h. nach der Blässe von Gesicht, Hals und
	        
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