Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Regeln für das Flußbad. 
Vorbemerkungen. 
1. Durch die Fluß- (resp. Teich- und Seebäder) sind 
als allgemein nützliche Wirkungen (abgesehen hier von 
denen in besonderen Krankheitsumständen zu erreichen: 
a) bessere Ausscheidungs- und Einathmungsbefä- 
higung der äußeren Haut, durch deren (resp. ihrer 
Nerven und Poren) Kräftigung bei der Bespulung mit 
kaltem Wasser; 
b) B lu tv er d ün nun g durch Wasseraufnahme (?) und mithin 
größere Befähigung des Blutes zur Beförderung der Auf 
lösung und Ausscheidung abgängiger Körperstoffe, wie 
Krankheitsstoffe; 
o) Bereicherung des Blutes an Sauerstoff, indirect 
durch die Wasserzersetzung, direct durch das bei dem Ba 
den gleichzeitig stattfindende Lufteinathmen der ganzen 
Körperhaut. Dadurch wird die Stoffumwand 
lung im Körper zu seiner Ernährung, d. h Er 
gänzung der abgängigen Stoffe, befördert; 
ä) Nervenstärkung und Nervenberuhigung theils 
direct, weil die äußere Haut der Sitz des größten Thei 
les der Nervenenden ist, theils indirect durch vorange 
gangene Blutverdünnung; 
e) Die Annehmlichkeit der Abkühlung, in Folge 
der Einwirkung des kalten Wassers, überhaupt das 
Empfinden von Wohlbehagen als Folge der Blut 
verdünnung, als Folge seiner Bereicherung mit Sauerstoff 
und als Folge der Nervenbelebung. 
2. Schädliche Wirkungen können beim Baden nur 
eintreten: 
a) wenn bei zu starker (abnormer) Blutcircula tion 
gebadet wird, namentlich von wasserungewohnten und 
kränklichen Personen: 
Die Lungen und das Herz in der Brusthöhle, und 
das Gehirn im Schädeltheile des Kopfes find die Or 
gane, welche theils ihrer zarten Conftruction, theils ihrer 
universellen Function halber durch plötzliche und abnorme 
Blutanhäufung nachtheilig, ja lebensgefährlich asficirtwerden. 
Erhitzung ist momentane starke Bluterregung und 
daher auch erhöhte Circulation desselben durch Lungen, 
Herz und Gehirn, 
Eon gestio n ist chronisch-krankhafter, dauernder Blut 
andrang entweder nach Ux Brust, oder dem Kopse, oder 
nach beiden. 
Das beim kalten Baden momentan erfolgende Zurück 
drängen des Blutes von der Außenfläche des Körpers 
nach Innen, resp. von den Füßen aus nach den oberen 
Körpertheiley, erhöht daher bei Erhitzung oder bei Con- 
gestionszuständen die ohnedies abnorme Blutcirculation 
durch Lungen, Herz und Gehirn mit Gefahr sogar für 
das Leben; 
b) wenn mit fröstelnder Haut oder zu lange ge 
badet oder nach dem Bade über das Behaglichkeitsge 
fühl hinaus der Körper der Lust qusgesetzt wird; 
o) wenn namentlich von nervenkranken Personen so und z u 
kalt gebadet wird; 
ä) bei vollem Magen, also zu bald nach einer Mahlzeit; 
3. Die Hautporen sind es, durch welche sowohl der 
größte Theil der abgängigen Körper- und Krankheitsstoffe aus 
geschieden, als auch Luft und Wasser (?) eingesogen und dem 
Blutstrom zugeführt werden. 
Die Ausscheidungs- und Einathmungsthätigkeit der Haut 
geschieht nur bei geöffneten Poren, resp. nach Wiedererhebung 
des Körpers aus dem kalten Wasser und bei angemessen war 
mer Luftumgebung. 
Hieraus allenthalben ergeben sich folgende Bade-Regeln: 
Erste Regel. 
Man gehe nicht erhitzt, aber mit warmer Körperhaut 
in's Bad. 
Anmerkung, a) Abkühlung in der oft üblichen Weise 
durch Entkleidung und längeres unbekleidetes Verharren 
vor dem Bade ist dem Nutzen des Bades nur hinderlich; 
b) Nur Blutberuhigung, d. h. Abwarten der Rückkehr 
des normalen Zustandes in der Blutcirculation ist für 
das Bad erforderlich; 
e) Diese Blutberuhigung ist, ruhend oder in langsamer Be 
wegung, am Badeorte so abzuwarten, daß dabei eine 
Abkältung der Hautwärme ausgeschlossen ist, demnach in 
geschlossener Kleidung oder in Decke oder sonstiger Um 
hüllung; 
ä) Die Rückkehr der normalen Blutccirulation kann Jeder, 
der auf sein Körperleben etwas Acht nimmt, bald be 
urtheilen; meist tritt sie beim Gesunden innerhalb 5—10 
Minuten auch nach dem raschesten Laufe ein. 
Zweite Regel. 
Nach dem schnell bewirkten Auskleiden bringe man 
den ganzen Körper mit dem Kopfe rasch unter das Wasser. 
Anmerkung, a) 'Auch die an Blutandrang nach Kopf 
oder Brust (an Congestionen) Leidenden haben den Kör 
per nach vorheriger Benässung von Kops, Schultern und 
Brust, schnell unter Wasser zu bringen; 
b) nur wasserungewohnte und an Congestionen leidende 
Personen brauchen sich zuvor Kopf und Brust, wie flüch 
tig überhaupt den ganzen Körper, zu waschen oder zu 
übergießen; 
c) Benässung des Kopfes während des Bades, besser Unter 
tauchen, ist in mäßiger Weise stets vorzunehmen, denn 
auch die Kopfhaut ist mit Poren versehen und das Ge 
hirn mit seinen Blutläusen bedarf, wenn der übrige 
Körper benäßt ist, ebenfalls angemessene Berührung mit 
dem kalten Wasser zur Erhaltung des Gleichgewichts in 
der Blutcirculation der Körpertheile. 
Dritte Regel. 
Das instinktgemäße behagliche Gefühl sei der Regula 
tor für die Dauer des Bades in den einzelnen Eintauchun 
gen, wie in mehreren hintereinander. 
Anmerkung: Frostgefühl im Wasser, wie — zwischen den 
einzelnen Eintauchungen — irt der Luft, hebt die nützliche 
Wirkung des Bades großentherls auf. 
Vierte Regel. 
Nach dem Bade gewöhne man sich, das Wasser in die 
Haut entweder mit den Händen einzureiben oder — so 
lange Behaglichkeitsgefühl vorhanden — eintrocknen zn lassen. 
Anmerkung: Je mehr man sich gewöhnt, in kurzen Ab 
theilungen zu baden und dazwischen, wie nach Beendigung 
des Wassereintauchens, Luft- und resp. Sonnenbä 
der zu nehmen, desto hervortretender sind gewiß für Je 
den die guten Wirkungen des Bades.
	        
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