Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

Dresden, 
den 24. Juni. 
M 19 
1863. 
Der Naturarzt. 
Honesponbenzblatl für Ireunde naturgemäßer Keilmethoden. 
Herausgegeben von vr. W. Meinert. 
(Dresden, KarHer Str. Nr. 5.) 
Der „Naturarzt" erscheint jedes Quartal mit 10 Nummern L 1 Bogen; Preis jährlich 2 Thlr. oder 4 Fl. W. W.; Abonnement pränurne- 
rando ^jährig, halb- oder ganzjährig. Er ist eine erweiterte Fortsetzung des vorjährigen „Wasserfreundes", von dem Exemplare L 2 Thlr. oder 
4 Fl. W. W. noch direct von dem Herausgeber bezogen werden können. Alle Briefe und Sendungen an die Redaction werden franco erbeten 
oder auf Buchhändlerweg an die Buchhandlung von H. I. Zeh. 
Bestellungen nehmen an: alle Buchhandlungen (in Dresden die von H. I. Zeh), alle Postanstalten und die Redaction selbst. 
Solche, welche (franco und unter Beilage des Betrags für die Zeit, auf welche bestellt wird) direct bei der Redaction gemacht werden, erfahre» 
directe wöchentliche Expedition per Post (franco in Kreuzband oder Packet innerhalb der Grenzen des deutsch - österreichischen Postgebretes.) 
Einzelne Nummern kosten 3 Ngr oder 20 Kr. W. W. 
Zur phyjiatrischen Behandlung von Aiebern und 
Entzündungen. 
Kmnkencorrespondenz. 
Antwort der Redaction. 
(Fortsetzung und Schluß aus Nr' 18.) 
Ihr Wunsch, „die Aerzte möchten mehr Jnstinct 
als Verstand haben", ist also ein unlogischer und muß 
dahin umgeändert werden, daß man sagt: es ist zu 
wünschen, daß die Aerzte ihren Verstand mehr, 
als bisher, anwenden, um den Jnstinct eines 
acut Kranken zu erkennen und zu benutzen. Indeß 
ist dies nicht so leicht, als man glaubt; es gehört da 
zu entweder natürliche Anlage oder Belehrung und Erfahrung. 
Eins ist aber zur Zeit noch so selten, als das andere. Man 
sollte den Angehörigen eines acut Kranken selbst am ersten 
die natürliche Erkenntniß für instinctive Aeußerungen des Pa 
tienten zutrauen können, und doch ist sie noch sehr selten auch 
bei ihnen zu finden. , Wie ist es z. B. Ihnen selbst bei Ihren 
kranken Kindern ergangen? Vergleichen Sie gef. nochmals 
den obigen Satz, wo Sie berichten: „(Das Mädchen) machte 
uns auch weit mehr als der Knabe zu schaffen, in 
dem es in seiner Bewußtlosigkeit und glühenden 
Hitze die Federbetten (bei einer steten Zimmertemperatur 
von 18— 200 R.) unaufhörlich von sich stieß und 
sich beständig entblößte, während der kluge und augen 
scheinlich weit weniger leidende Knabe die ihm auferlegten 
Maßregeln von selbst gutwillig und pünktlich befolgte." Was 
thaten Sie damals, dem sich bei dem Mädchen offenbar kund 
gebenden instinctiven Verlangen gegenüber? Sie erkannten 
es nicht einmal als Jnstinct, noch viel weniger willfahrteten 
Sie ihm unter den nöthigen Vorsichtsmaßregeln! Wir wol 
len Ihnen damit natürlich keinen Vorwurf machen, da Ihnen 
noch keine Erfahrung über die nützliche und zweckmäßige Be 
friedigung des Jnstinctes beiwohnte und die Verordnungen 
eines Arztes, dem leider ebenfalls jede Kenntniß vom Natur 
heilverfahren mangelte, Sie von der vielleicht vorhanden 
gewesenen, aus Theilnahme hervorgehenden Geneigtheit zur 
Nachgiebigkeit gegen die Kranke abhielten. Ja, Sie waren 
auch durch und in Folge des Benehmens des Knaben wohl 
leicht irregeführt, bei dem das instinctive Verlangen entweder 
wegen seiner intensiveren Erkrankung und gleichzeitigen gerin 
geren Körperkraft oder wegen einer ihm beiwohnenden größe 
ren geistigen Entwickelung, sei es in Richtung des Gemüthes 
oder des Verstandes, sich weniger, als bei der Schwester, 
kundgab, resp. leichter unterdrückt wurde. Aber ausgemacht 
ist, daß in Ihren Fällen der Instinkt, mehr oder weniger 
ausgeprägt und freiwaltend, oder unter geistigem Einflüsse 
stehend, sich geltend machte, daß er aber keine Berücksichti 
gung fand, freilich auch, bei dem einmal in der allopathisch 
behandelten Krankenstube herrschenden Regime, nicht einmal 
füglich Berücksichtigung finden konnte. Denn wenn man dem 
Bestreben des Kranken, welches in seiner gewaltsamen Ent 
fernung von Betten — also nach Erlangung freieren Zutrit 
tes der Luft an die Haut — rc. liegt, gefahrlos genügen 
will, so gehört eine gleichzeitige entsprechende Behandlung die 
ser Haut dazu, wenn nicht aus der Jnstinctbefriedigung mög 
licher Weise größerer Nachtheil als Nutzen hervorgehen soll. 
Bei allen Körpern, welche die oben bezeichneten für und 
in acuten Krankheiten günstigen Eigenschaften nicht besitzen, 
also im Gegentheile gut genährt, aber wenig in Berührung 
mit der freien Luft gewesen, auch nicht durch häufige, ja re 
gelmäßige, kühle Waschungen in ihrem Hautshsteme gekräftigt 
worden sind, — bei allen solchen Körpern wird eine acute 
Krankheit allemal intensiver auftreten, d. h. die Bluthitze wird 
höher steigen, auf 2, ja 3 bis selbst 4" über die Norm, und die 
Gefahr für Gehirn- und Rückenmarks-, resp. Lungen- und 
Herzlähmung wird größer sein. Die äußeren Symptome bei 
zwei so erzogenen und erkrankten Kindern können aber nichts 
destoweniger ganz verschieden sein, je nachdem sie in dem 
Verhältnisse der geistigen Entwickelung gegenüber der körper 
lichen verschieden gestaltet sind. Eine solche Verschiedenheit 
scheint nun auch bei Ihren beiden zuletzt erkrankten Kindern 
obgewaltet zu haben: das Mädchen war wahrscheinlich geistig 
weniger entwickelt, als körperlich; deshalb gaben sich bei 
ihr die instinctiven Aeußerungen deutlicher kund, als bei dem 
Knaben, bei welchem die Geistesherrschaft zu Ungunsten des 
Körpers auch in der acuten Kr. vorwaltend blieb. Hätten 
Sie den Kindern ein Thermometer unter die Zunge gebracht, 
so würden Sie bei dem scheinbar weniger kranken Knaben, 
wenigstens am ersten Tage seiner Erkrankung, gewiß eine ebenso 
hohe Bluthitze (ca. 32 — 33° R.) wahrzunehmen Gelegenheit 
gehabt haben, als bei dem Mädchen, mochte nun der Puls 
schlag — der überhaupt durchaus keinen allwärts sicheren An 
halt gewährt — dabei entsprechend schnell und voll, oder wi 
dersprechend dünn und langsam erscheinen. Und so würde 
sich's auch bei dem erstverstorbenen Knaben herausgestellt haben, 
hätten Sie dessen Bluthitze untersucht.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.