Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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sich zu überzeugen, wie viel Wasser hinter den Kolben ging, 
was bei einer guten Spritze nie mehr als einige Tropfen 
sein darf. Bei Außerachtlassung dieser Regel kommt es öf 
ters vor, daß man glaubt, längere Zeit das Klystier richtig 
genommen oder gegeben zu haben, während vielleicht mehr 
als die Hälfte des Wassers hinter den Kolben ging. Geht 
er zu hart, läuft man Gefahr, abzurutschen oder die Spitze 
zu tief in den Darm zu drücken. 
Ist nach Reinigung des Kolbens derselbe bald wieder in 
Unordnung, nämlich daß er rauh läuft, was bei beständigem 
Gebrauche gewöhnlich erst nach bis 2 Jähren eintritt, 
muß der Kolbenfilz herabgenommen und ganz erneuert werden, 
was jeder ordentliche Drechsler versteht. 
Eine Klystierspritze ist in der Hydriatik wirklich ein so 
wichtiges Hausmöbel, daß jede naturärztlich gesinnte Mutter- 
oder Vater sich mit diesem kleinen Möbel und mit den Re 
geln, das Instrument praktisch zu handhaben, vertraut 
machen sollten. 
Der Spargel. 
Der Frühling, der der harrenden Menschheit so viele 
andere köstliche Gaben entgegen bringt, ist auch der Spen 
der der sogen, „jungen Gemüse; eines der frühesten — viel 
leicht das früheste — ist der Spargel, ein Gemüse, das 
von den Meisten für eine herrliche Delieatefse gehalten, ja 
von einigen schon im Winter mit Gold ausgewogen wird. 
Das Eßbare des Spargels ist der soeben aus dem Beet 
hervorwachsende Stengel der Pflanze; wenn derselbe 3 — 4 
Zoll hoch gewachsen ist, schneidet man ihn ebenso tief unter 
der Erde schräg ab. Läßt man ihn weiter wachsen, so ver 
liert er die weiße Farbe, erreicht Mannshöhe und treibt an 
sehr zahlreichen Aesten ganz schmale, spitze Blätter, die Eß 
barkeit ist. dann natürlich verschwunden. — Die jungen Sten 
gel werden zuweilen bis £ Zoll dick und machen sich so bei 
Tische sehr stattlich; besser ist es aber, ihnen durch Abputzen 
mindestens | ihrer Stärke zu rauben; der Spargel bildet 
dann eine, wenn auch — als Gemüse — nicht sehr nahr 
hafte, so doch leicht verdauliche, jedenfalls wohlschmeckende 
Speise und kann daher auch Kranken gestatte! werden; selbstver 
ständlich muß sich die Zubereitung nach der Krankheit richten. 
Nichtsdestoweniger tritt aber dem gewissenhaften Arzte 
bei der Gestattung des Genusses für Kranke ein gewaltiges 
„Aber" entgegen. Dem Naturarzte gegenüber ist der Spar- 
Mediein (?)!*) Er hat nämlich erstens eine urintreibende 
Kraft und theilt auch dem Urin einen specifischen Geruch 
mit; er wird daher in manchen Krankheiten der Harnorgane 
entschieden zu vermeiden, in anderen jedoch gerade als mil 
des, diätetisches Mittel zu empfehlen sein. So ist er gewiß 
nicht zu gestatten bei Neigung zu Harnblasenentzündung, da 
gegen wohl angebracht bei allen denjenigen solchen Krankhei 
ten, bei denen die Harnabsonderung schwer oder gar nicht 
von Statten geht; so bei Harnblasenlähmung, bei der Stein 
krankheit, Wassersucht u. A. m. 
Der Spargel besitzt aber noch eine medicinische Eigen 
schaft: er erregt den Geschlechtstrieb, wenn auch wohl 
nur in sehr geringem Maße. Beide Eigenschaften scheint der 
*) Unter „Medicin" versteht der physiatrische Sprachgebrauch 
nur solche Chemikalien etc., gegen welche sich der Appetit oder Instinkt 
sträubt. 
Spargel einem Alkaloid zu verdanken, das die Chemiker in 
ihm entdeckt und mit Benutzung des lateinischen Namens des i 
Spargels (asparagus) Asparagin genannt haben. Was f 
nun die Erregung des Geschlechtstriebes anbetrifft, so ist 
unser fragliches Gemüse natürlich bei Neigung zu Pollutionen, ; 
bei Rückenmarksaffectionen aller Art u. s. w. Wohl entschieden 
zu vermeiden. 
So haben wir in Kurzem die guten und bösen Eigey- ! 
schäften dieser Delicatesse den Lesern vorzuführen gesucht. Ij 
Diejenigen von ihnen, welchen er aus den oben angeführten 
Gründen nicht gestattet ist, mögen sich immerhin trösten. Die 
Spargelzeit ist nur kurz, und ,sie haben daher den Genuß 
nicht lange zu entbehren; denjenigen aber, die sich an ihm 
erfreuen dürfen, wünschen wir stets eine recht fröhliche und : 
ges egnete Mahlzeit! M. L. 
Des Naturarztes v. Helfer Leiden und Freuden. 
Somatisch-hydriatische Novelle. 
(Fortsetzung.) 
Wer dem vorabendlichen Gespräch in der ersten Kammer 
des Rathskellers von Mölsitz beigewohnt und zugestimmt hatte 
— und dies war ja bei Herrn Augustin der Fall — der j 
mußte mit Befriedigung bei dieser Predigt wahrnehmen, daß 
Herr Pastor Löser die Gelegenheit zu benutzen wußte, um die 
Bevölkerung der Umgegend gegen die angeblichen Irrlehren ! 
des Neuerers, der in Mölsitz eingezogen, zu warnen. Herr 
Dr. Helfer wurde dabei zwar nicht mit Namen genannt, aber . 
die in prophetischem Schwünge sich bewegende Weissagung ! 
des Redners, daß dem neuen Bollwerke des alten, bewährten 
Glaubens, welches heute eingeweiht werde, ein Sturm, ein 
Angriff mit Teufels-Waffen, aus Plutonisch - Neptunischen 
Tiefen bevorstehen dürfte, leitete in geeigneter Weise die Auf 
merksamkeit der Zuhörer auf den Gegenstand ein, und als er 
hinzusetzte, daß die Augen der Gläubigen sich abwenden möch 
ten von den Lockungen, mit denen die Zunge des Versuchers 
in öffentlichen Blättern sich breit zu machen wage, daß sie 
das Bett der Kranken und die Krücken der Schwachen behü 
ten möchten vor dem Zauber und Höllenwerke eines Pseudo- 
Arztes, der mit dem Körper auch leicht die Seele wegschnap 
pen könne — da wußte Jedermann, wenigstens Jeder, der 
die Dorfzeitung vom letzten Tage gelesen, wen er meine, und 
die Köpfe steckten sich, dies einander zuflüsternd, zusammen. 
Ob die Meinung und Abmahnung des Pastors Beifall 
fand oder nicht, war freilich während der Predigt nicht zu 
erkennen; aber es trat auch ein Ereigniß ein, welches bald 
die Aufmerksamkeit der Andächtigen in einer anderen Richtung 
so in Anspruch nahm, daß, wenn dadurch auch die Predigt 
nicht völlig, doch der Faden des Zusammenhanges für Viele 
unterbrochen und der beabsichtigte Eindruck, selbst momentan, 
bedeutend geschmälert wurde. Noch mehr aber schlug das 
Ereigniß hinten nach zu Ungunsten des Kanzelzweckes aus: 
Man hörte nämlich plötzlich den ziemlich lauten Schrei 
einer Frauenstimme, gefolgt von dem Ausruf einer männ 
lichen: „Mein Gott! was ist das?" und sah alsbald um 
den Ort, wo Herr Augustin mit seiner Tochter sich niederge- , 
lassen, eine Gruppe von Frauengestalten sich sammeln. Der 
gehörte Aufschrei war von Fräulein Bertha Augustin her- 
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