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lichen Hausbrunnen, wenn er anders ein reines, frisches,
von metallischen und erdigen Bestandtheilen nicht gar zu sehr
überschwängertes (denn einige Bestandtheile dieser Art enthält
Wohl, außer dem destillirten, jedes Wasser) Wasser giebt, er
zielt werden, ohne daß man nöthig hat, die Aerzte, die Wirthe,
die Bettler, und was noch schlimmer ist, die Spielbankunter
nehmer mit seinem Gelde zu bereichern." — Faßt man nun
diese hier von Dr. B. aufgezählten und gewöhnlich an Bade
orten in so schöner Vereinigung auftretenden Umstände zu
sammen: Wassergebrauch mit angemessener Diät, Be
wegung und Luft, Freisein von drückenden Ver
hältnissen und Heiterkeit des Gemüths u. s. w. —,
ist denn da ein guter Erfolg so sehr zu verwundern? Müßte
man sich nicht vielmehr wundern, wenn die gewünschte gute
Wirkung ausbliebe? Darum, man versuche es nur und ge
brauche anstatt des Mineralwassers gewöhnliches Wasser;
der gute Erfolg wird —- zumal in Wasserheil-Anstalten, wo
sich die oben erwähnten günstigen Momente, von selbst zuge
sellen -- sicherlich nicht ausbleiben. Dieselbe Ansicht über
das kalte Wasser theilen die Doctoren Sigmund und Joh.
Sigm Hahn (Vater und Sohn), ferner Theden, Fröh
lich, Pittschaft, Medicinalrath Reuß u. A. ■— Zum
Schluß theilen wir noch Folgendes mit. Dr. Baynard er
zählt, daß eine Person, die jährlich in das eisenhaltige Mine
ralbad Tunbridge zu reisen pflegte und sich recht wohl dabei
befand, einstmals aber die Reise unterlassen mußte, eben so
viel Wasser aus ihrem Hofbrunnen trank, welches ihr dieselbe
gute Wirkung gewährte. Sie ließ daher über ihren Brunnen
folgende sehr bezeichnende Aufschrift setzen:
„Le fer n'est que tromperie,
L’ean simple conserve la vie.“
(Tand ist Eisen für das Leben,
Wasser nur kann Stärke geben.)
So viel für heute über die Mineralwasserturen, soweit
sie scheinbar nur nützlich und ohne Schaden verlaufen; daß
sie aber mehr oder weniger allemal auch schaden, ja zum Theil
sehr gefährlich wirken und wirken müssen, darüber ein an
der Mal.
Extrakte aus den früheren Protokollen des hydro-diätetischen
Vereins zu Dresden.
Lxtract au6 dem Protokoll vom 4. Juli 1863.
An einem anderen Falle zeigte Herr Martini, wie ein Mann
von 40 Jahren die schlimmen Folgen einer im vorigen Winter gehab
ten Erkaltung, heftige, krampfartige Brustschmerzen, fortwährender
Reiz zum Husten und eine totale Heiserkeit, ungeachtet alles Wider-
redens, durch einen Kaltwasserumschlag um Kopf und Hals, in einer-
einzigen Nacht gänzlich beseitigt, und dadurch ermuthigt, später auch
versucht habe, die unerträglichen, vom Arzte für die Folge blinder
Hämorrhoiden erklärten Rückenschmerzen durch einen hinten aufgeleg
ten Umschlag von kaltem Wasser zu bekämpfen. Nach diesem nur eine
Nacht hindurch gemachten Versuche seien die Hämorrhoiden schon Tags
darauf fluid geworden und alle Schmerzen verschwunden.
Km junger Mann hingegen, ein Goldarbeiter, Namens Schwabe
aus Hildesyeim gebürtig, nach gehabter Erkältung auf einer Reise in
der sächs. Schweiz sich unwohl fühlend, sei 18 Tage lang von dem hie
sigen Prof Dr. H.. mit einer unglaublich großen Menge verschiedener
Pulver und Trinkgläser ganz vergeblich behandelt, und hierauf bei
steigender Verschlimmerung in das hiesige Clinikum genommen wor
den. Daselbst habe ihn einer seiner Freunde besucht und, im Zustande
der äußersten Schwäche, in einem so stark geheizten Zimmer gefunden,
daß der Gesunde nur einige Minuten lang bei demselben habe ver
weilen können. Da indeß noch keine Besserung eingetreten, so hätten
ihn die Aerzte jetzt nach Karlsbad fortgeschickt, von woher er schwerlich
lebend wieder zurückkommen werde
Durch eine einfache Behandlung :nit kaltem Wasser würde die
ses so unbedeutende Uebel wahrscheinlich ohne Schwierigkeit - und in
kurzer Zeit geheilt worden sein
Hierauf theilte der Herr Steindruckereibesitzer Rau die an seinem
8jährigen Sohne Woldemar vor Kurzem gemachten Erfahrungen mit:
Der Knabe sei, wahrscheinlich in Folge einer Erkältung, von starker
Fieberhitze und Seitenstechen und Husten befallen worden, und habe
in der Nacht, bei großem Durste und kurzem Athem, im Schlafe viel
phantasirt. Durch oft wiederholtes Trinken ziemlich kalben Wassers
und Einreiben der Brust mit demselben habe sich gegen Morgen das
Uebel bedeutend gemindert; dann aber habe sich bei wiederholtem Sei
tenstechen Schmerz im Ohre gezeigt, doch sei jenes den mehrmals er
neuten Umschlägen von kaltem Wasser auf der schmerzenden Seite ge
wichen, der Ohrenschmerz aber dem Einträufeln kalten Wassers, wobei
zuletzt der Knabe im Ohre einen Knall zu empfinden vermeint habe.
Des Abends habe vor dem Schlafengehen ein kaltes Fußbad bei dem
während der Nacht mit Pelz * wohlbedeckten Knaben einen starken
Schweiß hervorgebracht, nach welchem sich derselbe des Morgens wie
der völlig wohl gefühlt habe und solches auch bis heute geblieben sei.
Sodann erzählte der, als Gast, anwesende Schneidermeister Herr-
Müller die Geschichte seiner 24jährigen Krankheit und endlichen Ge
nesung mittels des Wassergebrauches.
Seit 1812 war derselbe von immer mehr zunehmender Kurzath-
migkeit und endlich von den heftigsten, bis zur Bewußtlosigkeit gestei
gerten Erstickungsanfällen gequält worden Während des täglich und
nächtlich mehrmals wiederkehrenden und stundenlang anhaltenden
Krampfes entstand bei der Unmöglichkeit, nur ein einziges Wort zu
sprechen, ein so lautes Pfeifen beim Athemholen, daß man solches vom
3. Stockwerk aus unten auf der Erde hörte. Nur knieend oder stehend
und immer in Gefahr, unter heftigen Schmerzen zu ersticken, mußte
der arme Leidende die meiste Nacht- und Tageszeit zubringen.
So lange derselbe sich die Hülfe eines Arztes aus eigenen Mit
teln zu veeschaffen vermochte, ward er vom.Dr Franke, nach dessen
Pulvern sich jedoch das Uebel noch verschlimmerte, besorgt, sodann vom
Oberwundarzt Dr. Gräfe, der ihm durch die Haut ein Haarseil zog,
welches er 8 Jahre lang getragen hat. Unvermögend, sich durch sein
Metier nur das Nothdiirftigste zu erwerben, und dadurch in die
äußerste Armuth versunken, war er jetzt nur froh, 2 Monate lang im
Stadtkrankenhause und zu verschiedenen Zeiten im Hospitale aufge
nommen zu werden. In dem traurigsten Zustande mußte er, um
nicht zu ersticken, nur knieend und auf einen Stuhl gelehnt den Schlas
abwarten, und solches ganzer 8 Jahre lang, ohne je einmal in einem
Bette des Nachts, liegen zu können Vergeblich waren auch an ihm
alle Bemühungen, welche die Äerzte im hiesigen Klinikum zwei Jahre
lang auf ihn verwendeten, und daher gaben sie auch endlich alle Hoff
nung, ihm zu helfen, gänzlich auf, in der Meinung, daß hier ein or
ganischer Fehler des Herzens oder sonst Etwas zu Grunde liege.
Doch als der Kranke im vorigen Jahre einige Wasserbücher zu
lesen bekommen hatte und ein ärztlicher Practikant ihn zum Wasser
trinken ermunterte, so fing er an, da man ihm doch- einmal die Ge
sundheit für immer abgesprochen, mit der Wasserkur einen Versuch zu
machen Unter täglich wiedeoholtem Waschen des ganzen Körpers mit
kaltem Wasser, und dabei fleißig wiederholtem Trinken desselben, An
fangs bis auf 12 und 14 K. täglich, hat sich bis jetzt das Uebel schon
soweit verloren, daß nur noch zuweilen der Athem etwas kurz wird,
alle Erstickungsanfälle aber gänzlich ausgehört haben, und des Nachts
ein ruhiger, erquickender Schlas ununterbrochen stattfindet, eine Wohl
that, für die der Kranke Gott nicht genug danken zu können, mit dem
lebhaftesten Ausdrucke versicherte, und die er nun um so höher schätze,
da er dieselbe 24 Jahre lang habe entbehren müssen. Auch am Tage
könne er jetzt seine Geschäfte ungehindert besorgen, und nur des Abends
stelle sich bei ihm noch regelmäßig einige Schwere in den Gliedern ein.
Ueber die kalten Wasserumschläge bemerkte auch Herr Milde,
daß sich die Wohlthätigkeit derselben kürzlich an feinem dreijährigen
Sohne gar sehr bewährt habe Nach einem gefährlichen Falle nämlich,
den dieser gethan, sei ihm nämlich das Gesicht und besonders die Nase
furchtbar aufgeschwollen. Nachdem ihm nun i Stunde lang Umschläge
mit kaltem Wasser gemacht worden, habe die Geschwulst sich so gänz-