Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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des Salzes ist der Geschmack der beste Führer, denn nur eine 
gewisse Menge desselben macht die Speisen schmackhaft, wäh 
rend ein Uebermaß den Wohlgeschmack beeinträchtigt. Sowohl 
der gänzliche Mangel des Salzgenusses, als Uebermaß dessel 
ben bringt scorbutische Zufälle mit der Zeit hervor. Einge 
salzene Lebensmittel, wie Pökelfleisch, Häring k. müssen vor 
dem Genusse erst von ihrem Ueberflusse an Salz durch Ein 
wässern befreit werden. 
Zucker. Ebenso wie das Salz, wenn auch in geringe 
rem Grade und milder, fördert der Zucker die Verdauungs 
fähigkeit vieler Speisen. Er ist selbst ein Nahrungsmittel, 
giebt aber, im Uebermaße genossen, zu Säuerung Anlaß. 
Der Essig und die Pflanzensäuren überhaupt*), z/B. 
Citronsaft, Wein- und Apfelsäure, fördern ebenfalls in man 
cher Hinsicht die Verdauung, machen viele Speisen schmackhaft 
und dienen auch zu ihrer Aufbewahrung für einige Zeit. 
Essig macht die Eiweißstoffe löslich, stört aber durch übermä 
ßigen Genuß die Blutbildung und daher die Ernährung des 
Körpers, macht mager und bleich, mindert und verschlechtert 
die Absonderung nothwendiger Säfte. 
Die eigentlichen Gewürze, wie Zimmt, Gewürznelken, 
Ingwer, Pfeffer, wirken alle schon mehr arzneilich, erregen 
die Verdauungsorgane besonders stark, erhitzen das Blut, rei 
zen die Nerven und bringen, zu stark benutzt, dadurch man 
cherlei Nachtheile. Weit milder find die inländischen Gewürze, 
die gewürzhaften Kräuter und Samen, wie Kümmel, Fenchel, 
Petersilie, Majoran. Sehr empfindlichen Personen, Frauen 
und namentlich Kindern -sind starke Gewürze besonders 
schädlich. 
Um eine gesunde Nahrung zu erzielen, muß man bei 
Bereitung der Speisen mit gehöriger Sorgfalt zu Werke 
gehen. Die am einfachsten bereiteten, gekochten, gebratenen, 
gebackenen find immer die besten, wohlschmeckendsten und ge 
sundesten. Die vorhin genannten Zuthaten von Salz, Zucker, 
Essig, Gewürzen, ebenso von Fett (Schmalz) zur Schmackhaf 
tigkeit und größeren Nahrhaftigkeit des Gemüses dürfen nur 
mäßig geschehen, um den Speisen nicht einen übermäßigen 
Reiz für die Verdauungsorgane zu geben. Eine Menge 
Krankheiten der Verdauungsorgane sind Folge zu reizender 
Speisen, welche die Thätigkeit jener künstlich steigern und so 
ihre endliche Erschöpfung zur Folge haben**). 
*) Der als Gährungs- und resp. Fäulniß-Product dastehende 
Essig darf mit den natürlichen (ungegohrenen) Obstsäuren wohl 
schwersich in eine Kategorie gebracht werden; der Essig wird vielmehr 
als ein schädlicher Reiz und als ein directes Blutzersetzungsmittel, 
also als ein wirklicher Feind unseres Körperlebens zu betrachten sein, 
während die natürlichen Säuren der namentlich in unserem Clima 
gewachsenen Obstarten für die Anregung der Schleimhäute des Ver 
dauungscanals nur als nützlich angesehen werden müssen, und — 
mäßig genossen — zur Blutverdünnung und Reinigung und also Ver 
besserung erfahrungsmäßig sich außerordentlich günstig erweisen. D. R. 
**) Auch des indirecten Benachtheiligungseffectes von Ueber- 
reizung der Verdauorgane durch solche' Speisezuthaten, des Effectes 
davon nämlich auf die äußere Haut des Menschen, ist hier zu er 
wähnen. Je allmäliger und unbemerkter von den Menschen, leider 
auch von den meisten Aerzten, dieser Erfolg eintritt, desto gefährlicher 
erscheint er. Die Reizung der Verdauungsnexven führt nämlich aller 
dings den sie begleitenden Arterien nach und nach mehr Blut zu, als 
für die betr. Organe selbst günstig und nöthig ist; aber sie entnimmt 
dies Blut dem arteriellen Systeme der äußeren Haut und wirkt daher 
allmälig ebenso, wie ein Aderlaß plötzlich es thut: Die Capillar- 
gefäße unter der Haut veröden, die Nerven der Haut verlieren die 
Kraft zur Function der Regelung des Tonus, d. h? der guten Elasti 
cität und angemessenen Permeabilität der Haut, und daraus gehen noch 
vielmehr, nur viel heimlicher, chronische Leiden aller Art hervor, als 
Auch die Zusammensetzung der verschiedenen Nahrungs 
mittel zu einzelnen Gerichten verdient Beachtung. Nie dürfen 
Speisen aus mehreren allzu nahrhaften Substanzen zusammen 
gesetzt sein. Eier, Milch, Butter, Mehl sind einzeln, schon 
in geringer Menge, sehr nahrhaft und Zugleich leicht verdau 
lich; durch die Kochkunst verbunden und wohl noch mit Ge 
würzen versetzt, werden sie zu einer sehr reizenden und schwer 
verdaulichen Speise, wie sie in Form von Klößen) Kuchen 
und anderem fetten, schweren Backwerk gar häufig genossen 
werden. Statt daß die Kochkunst die Speisen den Verdau 
ungsorganen lediglich zugänglicher machen sollte, geschieht häufig 
gerade das Gegentheil. Je zusammengesetzter eine 
Speise ist, desto schwerer ist sie auch zu verdauen. 
Ihre Nahrhaftigkeit muß zu ihrer auf einmal einzuführenden 
Menge in einem gewissen Verhältnisse stehen, denn die gehörige 
Vermischung eigentlich nahrhaften Stoffes mit solchem, wel 
chen die Natur als unverwendhar wieder auswirft, erleichtert 
die Verdauung, daher der dem Fleische entzogene eigentliche 
Nährstoff als Fleischsast schwerer zu verdauen ist, als das 
Fleisch selbst, dessen faserige, häutige Theile, nachdem sie durch 
die Verdauungssäfte ausgezogen sind, durch den Koth wieder 
entleert werden. 
(Fortsetzung folgt.) 
Einige Krankheitsfälle 
mittels der Naturheilknnde, theils nach Schrothffchem, 
theils nach Prießnitz'schem System, behandelt. 
Mitgetheilt von Herrn Schichtmeister einer. Heller in 
Flinsberg. 
Im Jahre 1845 stellten sich bei meiner Frau Beschwerden 
ein, bestehend in aufgetriebener Seite mit schmerzhaftem Druck, 
beengtem > Athmen und Uebelkeit, besonders nach Tische, er 
schwertem Bücken u. s. w. Nachdem ich mir Ende 1845 die 
Broschüre „der Naturarzt Schroth in Lindewiese" angeschafft 
und solche bis zum vollkommenen Verständniß durchgegangen 
hatte, entschloß sich meine Frau auf mein Zureden, die Achroth- 
sche Kur zu gebrauchen. Diese wurde, Schroth's Anweisung 
gemäß, als Vor-, strenge und Nachkur angewendet, abwechselnd 
halbe und ganze Umschläge, den Z ten Tag Weingenuß, sonst 
Dursttage mit Genuß von blos altbackener Semmel Nach 
Verfluß von 6 Wochen war meine Frau (Ende April 1846) 
von ihrem Leberleiden vollkommen befreit. Sie hatte während 
der Kur 74 Pfund Gewicht verloren. Der gute Erfolg der 
Kur bei meiner Frau machte Aufsehen; fragliche Broschüre wan 
derte von Ort zu Ort. Man fing auch wohl hier und da 
an, Pie Kur zu gebrauchen, doch ging man gleich Anfangs, dcr 
vielen Entbehrungen wegen, und weil kaltes Wasser naß und 
kalt ist, wieder ab. Der Cantor und Lehrer Förster in Gieh- 
ren war der Einzige, welcher Interesse an der Sache nahm, 
er schaffte sich auch Dr Gleiches, Rausse's und andere Schrif 
ten an. Nächst diesem (dem Cantor Förster nämlich) interes- 
aus dcr directen Belästigung der bekanntlich sehr widerstandsfähigen 
Verdauorgane. Die Red.
	        
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