Volltext: Der Naturarzt 1869 (1869)

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davon gesund werde. Zudem ist mein erstes Kind auch ge— 
impft worden, ohne darauf krank geworden zu sein.“ — 
Wie wahr ist's, was Dr. Cheine vor 100 Jahren 
schon schrieb, daß der elende Mensch es selbst ist, der sich 
seine Qualen schafft. — Wie oft mag's im Leben nicht vor— 
kommen, daß der Arzt eine Kinderkrankheit auf alle mög— 
liche Arten herauszustudiren und zu bekämpfen sucht, während 
er selbst in eigener Person es ist, der die Ursache der 
Krankheit und des Siechthums in den kindlichen Organismus 
legte durch das scheußliche Impfgift. 
Können die Eltern des impfkranken Kindes dann 
noch einen Arzt bezahlen, so trichtert man nicht selten zu 
dem schon vorhandenen Gifte noch die Apothekergifte als 
Beigabe ein. — O, wann werden der Welt einmal die 
Augen aufgehen! — 
Früher verbrannte man Hexen in dem fürchterlichen 
Wahne, dem lieben Gott damit einen Gefallen zu thun. 
Nicht viel anders gehts hier noch vielfältig in der Heilkunde 
zu: man mordet, wo man glaubt, Leben einzuflößen. 
Möge es bald besser werden und die Anstrengungen 
geistreicher Männer mit Gelingen gekrönt werden, auf daß 
die Fackel des Lichts und der Wahrheit bald überall hin— 
durchdringe. 
Gustav Baßler. 
vom Bücherkische. 
Dr. Ir. Moldenhauer. Herr Professor Voch gegen die 
Heilkunst unserer Zeit. Eine kritische Analyse der jüngsten 
Ergüsse des Herrn Bock über die Aerzte und ihre Wissen— 
schaft. 2. Auflage. 1867. Darmstadt und Leipzig. Eduard 
Zernin. S. 54. 
Hr. Dr. Moldenhauer ist ein Altmediziner reinsten 
Wassers und ihm thut es in der Seele weh, daß Herr Pro— 
fessor Bock den Arzneien eine eigentliche Heilwirkung ab— 
streiten will. Er steht demnach auf dem entgegengesetzten 
Standpunkte von dem, von welchem Herrn Professor Bock's 
Lehren und Heilgrundsätze in den Nummern 7—10 unseres 
Blattes v. J. beurtheilt wurden. Herr Dr. Moldenhauer 
meint ferner S. 7, daß die Medizin die schwierigste Wissen— 
schaft und der sauerste Beruf sei. Wir meinen, daß ein 
angehender Student der Medizin, bis er nach fünf Jahren 
zum Doktor ernannt wird, neben seinen Studien gerade die 
gleiche Anzahl Schoppen Bier vertilgen konnte und auch 
vertilgt, als der Rechtsstudirende in derselben Zeit. Und ob 
es dem Mediziner saurer ankommt, seine Kranken dem Tode, 
oder dem Anwalte seine Rechtsfrage dem Gegenanwalte 
streitig zu machen, dürfen wir füglich dahin gestellt sein 
lassen: die Doktor- und Apothekerrechnungen, ineine ich, stehen 
beim Publikum in dem gleichen Verruf, wie die der Adbo— 
katen — beide lassen sich eben zahlen, gut zahlen und wie 
über die verlornen Prozesse nicht die Advokaten, so pflegen 
auch über die ungeheilten Kranken und in's Grab geforder— 
ten Todten die Herren Mediziner sich nicht lange abzuhärmen. 
Meint aber gar Dr. Moldenhauer, „daß die Geschichte 
der Medizin eine bei Weitem erbaulichere ift, als die Ge— 
schichte der Theologie und der Jurisprudenz,“ ferner: „bei 
den Medizinern herrsche doch immer das Bestreben, Rütz— 
liches zu leisten, und nirgends wurden einem Phantom zu 
lieb, wie das Juristen und Theologen thaten, Taufende auf's 
Grausamste gequält und gemordet; der Scheiterhaufen, die 
Folter, Hexenprozesse und Inquisition seien Verirrungen des 
Befühls und Verstandes, denen gegenüber die Irrthümer der 
nedizinischen Schulen als harmloseste Kindergedanken er— 
cheinen“ (Seite 6) — so denken wir, der Menschenwahn 
ei stets und nach allen Richtungeu verderblich, am verderb— 
lichsten aber mache er sich geltend in den Fragen, die das 
nenschliche Wohl ganz zunächst leiblich, diätetisch und ärzt— 
ich betreffen. Die bessern Aerzte, d. h. die aufrichtigern und 
diejenigen, die sich gewissenhafter in der Geschichte der Me— 
zizin umthaten als unser Dr. Moldenhauer, haben 
olches auch von jeher erkannt und darum finden wir auch 
'olgende ärztliche Bekenntnisse: von Beerhave, „daß es 
oortheilhafter wäre, wenn es nie Aerzte in der Welt ge— 
geben hätte,“ — von Fr. Hoffmann: „wer seine Ge— 
sundheit liebe, solle Aerzte und Arzneien fliehen,“ 
— von P. Frank: „daß im Krankenzimmer nach und nach 
Tausende hingeopfert werden,“ — von Helmont: „daß 
sich ein mordlustiger Teufel in den Besitz der ärztlichen Ca— 
theder gesetzt habe,“ — von Hecker: „daß die Arzneien 
zu den sehr gewöhnlichen und allgemeinen Ursachen der 
Krankheiten gerechnet werden müssen,“ — von Wedekind: 
„daß die zivilisirten Nationen weit mehr von den Aerzten 
als von den Krankheiten zu leiden haben,“ — von Gir— 
tanner: „daß der 2000 Jahre alte medizinische Heilschatz 
aichts als ein ungeheurer Misthaufen sei,“ — von Kieser: 
„daß man jeden Kranken vor dem Arzte wie vor dem ge— 
fährlichsten Gifte warnen solle,“ — von Autenrieth: „daß 
im Königreich Württemberg seiner Zeit jährlich allein durch 
arzneilich zurückgetriebene Krätze zwölf Tausend hingeopfert 
wurden,“ — von Oesterlen: „daß die heutige Medizin 
mit allen ihren von Alters her überkommenen Arzneien nur 
eine großartige Pfuscherin sei“ u. s. w. u. s. w. mit ehernen 
Lettern in der Geschichte der Medizin verzeichnet. Wir könn— 
ten noch Bogen füllen mit solchen Zitaten aus dieser Ge— 
schichte der Medizin, von der Dr. Moldenhauer — 
scheints — auch nicht ein Blatt gelesen hat. Sein Kampf 
gegen Bock gemahnte, wenn die Streitfrage nicht eine so 
furchtbar ernste wäre, in Etwas an den Kampf des weiland 
Ritter Don Quixote von La Mancha. 
Kleinere Mittheilungen. 
Statistisches über Trichinenzrankheit. Rupprecht sagt 
in: „Ein Rückblick“, Wien 1866, S. 15: „Die Verbrei— 
tung der Trichinen kann nicht unbedeutend sein, da ihnen 
Zanker in 3 Prozent, Tur ner (Edinb. Med. Journ. VI. 
September 1860, S. 709) in 2 Prozent aller secirten Leichen 
begegnet.“ 
Die Wirkungen des Rauchens bei Rnaben. Unter dieser 
Ueberschrift bringt das „Britische Mediz. Journal“ folgenden 
wörtlich übersetzten Artikel, der besonders den Eltern und 
Erziehern unserer Jugend zur Beherzigung zu empfehlen ist. 
„Bei den von Dr. Decaisne (Bull. Général de Thér.) 
über den Einfluß des Tabaks auf den Gesundheitszustand, 
besonders den Blutumlauf angestellten Nachforschungen über— 
raschte ihn über Erwarten die große Anzahl neun- bis fünfzehn— 
jähriger Knaben, die sich so frühzeitig schon dem Rauchen 
hingaben, und setzte er es sich alsdann zur Aufgabe, den Zu—
	        
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