Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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ausländische Wolle, woraus 1097 M.-Ztr. Streichgarn erzeugt wurden, aus ivelchem 
61 M.-Ztr. Kammgarn, 4948 Stück Streichgarn- uub 353 Stück Kammgarnstoffe 
hergestellt wurden. 
Im Jahre 1900 beschäftigte die Fabrik 199 Personen: 3 Beamte, 1 Praktikanten 
und 1 Diener in der Niederlage in Wien (Fleischmarkt Nr. 17) und in der Fabrik 
in Odrau 4 Beamte, 6 Werkmeister, 171 Fabriksarbeiter und 13 Arbeiterinnen außer 
dem Hause. Betrieben werden die Etablissements jetzt durch 2 Dampfmaschinen mit 
116 und einem Wasserrade mit 10 Pferdekräften. An Maschinen stehen im Gebrauche 
a) in der Färberei und Wäscherei: 2 Wollwaschmaschinen, 2 Zentrifugen, 2 Indigo- 
Küpen, 2 Färbekessel, 2 Stück-Färbemaschinen; b) in der Spinnerei: 5 Sortimente 
Krämpelmaschinen, 3 Wölfe und 6 Selfaktoren mit 1600 Spindeln; c) in der Weberei: 
46 mechanische Webstühle, 2 Kettenschermaschinen, 1 Kettenleim- und Trockenmaschine, 
1 Zwirnmaschine, 1 Kettenspulmaschine und 1 Schußspulmaschine; cl) in der Appretur: 
5 Tuchrauhmaschinen, 4 Langschermaschinen, 2 Querschermaschinen, 1 Bürstmaschine, 
1 Dekaturapparat für verschiedene Arbeiten und Appreturen, 7 Walkmaschinen und 
3 Tuchwaschmaschinen. Die Jahreserzeugnng beläuft sich auf zirka 6000 Stück Tuch- 
und Modewaren. 
Seit den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts fing sich an auch die Seiden¬ 
warenerzeugung in Odrau einzubürgern. 
Josef Kasimir Gerlich kaufte 1838 ein Stück Acker „zwischen den Wassern bis 
an den Mühlgraben". Hier erbaute er 1839 ein stockhohes Gebäude, in welches er 
zehn Stühle für die Tuchfabrikation einstellte, die anfangs mit der Hand, von 1840 
an mit Göppel betrieben wurden. Das Unternehmen zahlte sich aber nicht aus, 
Gerlich wurde gemütskrank und starb 1842. Die Fabrik wurde 1849 seinen groß- 
jährig gewordenen Söhnen Johann und Heinrich Gerlich übergeben, die jedoch 1850 
den Betrieb einstellen mußten, worauf die Fabrik zwei Jahre leer stand. Der Anteil 
des Johann Gerlich ging 1853, der seines Bruders Heinrich 1855 an das Handlungs- 
Haus M. L. Herzig & Cie. in Pest über, die 1856 das Fabriksgebäude an den Seidcn- 
weber Sebastian Waschka in Wien verkaufte. 
Sebastian Waschka erwarb sich durch die Einführung der Seidenweberei 
in Osterreichisch-Schlesien besondere Verdienste. Er richtete die Fabrik für die Er¬ 
zeugung von Zylinderhutplüsche ein, indem er 250 Stühle teils in der Fabrik, teils 
als Hausbetrieb in Odrau, Spvuau, Wigstadtl und Bodenstadt einstellte. Er führte 
eine Seidenzwirnmaschine (Filiature) ein, mittelst ivelcher gesponnene Rohseidenfäden 
zu zwei- oder mehrfachen Fäden in die für die verschiedenen Waren notwendigen 
Drehungen zusammengezwirnt wurden. Ferner fing er 1865 an auch Seiden-Hut- 
bänder zu erzeugen. Durch die Konkurrenz der Pfälzer und Lothringer war er nun 
genötigt, den bisherigen Handbetrieb in mechanischen Betrieb umzuwandeln. Er stellte 
1869 eine liegende Dampfmaschine von zehn Pferdekräften auf, welche 27 mechanische 
Hutplüschstühle und Winde- und Spülmaschinen zu betreiben hatte. Nach und nach 
wurden auch für Halbseidenware zu glatten Futterstoffen einfache mechanische Stühle 
hergestellt, von denen bis um 1880 an 40 im Betrieb waren. 
Die Fabrik beschäftigte 1870 33 Männer und 25 Frauen, die einen Jahres¬ 
lohn 13.400 fl. für 294 Arbeitstage ä 11 Stunden erhielten. Sie verbrauchte 
2000 Zentner Steinkohle und an Rohstoffen: 1050 Pfund Organzin und 14.000 Pfund 
Baumwollgarn, woraus 15.535 Ellen Halbseidenatlas im Werte von 15.535 fl. und 
18.695 Ellen Hutplüsche im Werte 65.432 fl. erzeugt wurden, so daß sich der Ge¬ 
samtwert auf 80.967 fl. stellte. Die Waren wurden in Österreich, Deutschland und 
Italien abgesetzt. Die Erzeugung ging jedoch in den nächsten Jahren zurück. Es 
waren 1875 21 Männer und 29 Frauen beschäftigt, die für 290 Arbeitstage mit 
auf 7 Stunden reduzierter Arbeitszeit an Arbeitslohn 6850 fl. erhielten. Es wurden 
780 Meterzentner Steinkohle verbraucht und ans 280 Kilogramm Organzin und 
190 Bündeln Baumwollgarn ä 5 Pfund 13.010 Meter Halbseidenatlas im Werte von 
15.060 fl. und 5638 Meter Hutplüsche im Werte von 22.580 fl. erzeugt, so daß
	        
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