Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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irrt Brauhaus und Felsenkeller und sandte es dem Güterinspektor Dinier in Wien 
ein. Dieser aber antwortete: „Herr Verwalter ! Ich sende Ihnen den Entwurf des 
Gesuches in der Bierangelegenheit mit dem Bedeuten zurück, daß ich es um keinen 
Preis in der Welt wagen würde, denselben Ihrer Excellenz zu unterbreiten, weil 
Excellenz in dieser Sache durchaus nichts mehr thun wollen. Glauben Sie aber, daß 
Sie bei Excellenz durchdringen würden, so wollen Sie den Entwurf an Excellenz 
direct einsenden." Das unterließ der Verwalter. 
Ueber die Anlage des von der Schankbürgerschaft im Scheuergrunde erbauten 
Felsenkellers gibt der Wortlaut der Dachknopfurkunde am besten Aufschluß: 
„Die Fortschritte, welche in der Biererzeugung seit dem Jahre 1850 gemacht wurden, 
fordern vor allem die Erbauung eines Felsenkellers. Die brauberechtigte Bürgerschaft 
beschloß daher unter dem Bürgermeister Johann Göbl und dem Rechnungsführer 
Libor Heymann, von dem Mitschankbürger Johann Jaschke, Nr. 13, dessen im romantisch 
gelegenen Thal Scheuergrund von einem Waldantheil umsäumte Ackerstück anzukaufen, 
und erwarb sich das Eigenthumsrecht darauf um den Preis von 250 fl. C.-M. Unter 
der Leitung der Herren: Libor Heymann, Rechnungsführer, Johann Hilscher und 
Ignaz Biber, Deputierten, wurde durch den Baumeister Franz Wanke am 10. October 
1859 die Sprengung des Felsenkellers in Angriff genommen und diese am 15. April 
1860 ohne Unglück vollendet. Der Keller hatte bis zum genannten Tage eine Länge 
von 11V. Wir verbanden mit der Errichtung des Kellers zugleich den Bieraus¬ 
schank an Ort und Stelle. Der vor dem Keller befindliche Platz wurde geebnet, mit 
Bäumen bepflanzt, in dem der Bürgerschaft gehörigen Waldantheile Gänge angelegt, 
zwei Kegelbahnen errichtet und am 17. April 1860 begonnen, das Wohnhaus über 
dem Vorkeller zu erbauen. Um eine bessere Zufahrt zu erlangen, erkauften wir von 
Anton Hofmann nach vielen fruchtlosen Unterhandlungen um 173 fl. C.-M. den da¬ 
vor liegenden Streifen Acker und wurden dadurch eines sehr bösen Nachbars wenigstens 
zum Theil los. Der Gutsverwalter Thinelt aber stiftete Zwist zwischen den schank¬ 
berechtigten und nichtschankberechtigten Bürgern. Seine Anhänger waren Franz Berndt, 
Jacob Martin, Alois Lammet und der Gerichtsadjunkt Heißler. Der Verwalter ließ 
einen Winkelschank im herrschaftlichen Bräuhaus errichten, da trat die Schankbürger¬ 
schaft klagbar auf, der Schank wurde verboten und der Verwalter hatte 25 fl. Strafe 
zu zahlen. Mögen auch die Nachkommen die Rechte der Bürgerschaft derart wahren, 
wie selbe bisher in so vielen Fällen von dem jetzigen Vorstande der Bürgerschaft ge¬ 
wahrt worden sind. Diese Zeilen wurden hinterlegt von den Gefertigten: Johann 
Göbl, Libor Heymann, Johann Hilscher, Ignaz Bieber. Odrau, am 27. Juni 1860, 
am Tage der Aufstellung des Knopfes." Das Wohnhaus wurde im Schweizerstil 
erbaut und mit einer Gallerte versehen, und bildet der Felsenkeller mit seinen schat¬ 
tigen Plätzchen und seiner wundervollen Aussicht von der Höhe über das Städtchen 
noch heute einen namentlich von den Fremden mit Vorliebe aufgesuchten Ort. — In 
dem von Johann Köhler erkauften Garten, beziehungsweise Wallgrabenanteil in der 
Stadt erbaute die Schankbürgerschaft 1860 einen an ihren Gärkeller anstoßenden Eis¬ 
keller, der 1871 vergrößert wurde. In der Stadt und im Propinationsbezirk hatte die 
Schankbürgerschaft seit 1858 vertragsmäßig Schenker angestellt, mit denen und den 
Richtern sie noch manchen Strauß zu bestehen hatte, da diese das Propinationsver- 
hältnis nicht sonderlich achteten und mehr fremdes als städtisches Bier ausschenkten. 
Den Odrauer Weinschankpächtern war 1855 von dem halben in die Gemeinde¬ 
kassa fließenden Weinschankzins im Betrage von 90 fl. ein Nachlaß von 10 fl. C.-M. 
gewährt worden. Sie schlossen dann 1857 einen neuen Vertrag mit der Gemeinde 
und den Schankbürgern, nach welchem sie künftighin 160 fl. Weinschankzins zu zahlen 
hatten. Die Schankbürgerschaft hatte für Anton Pahler Nr. 234 um eine Schank¬ 
konzession nachgesucht, die sowohl vom Gemeindevorstande als auch vom Bezirksamts 
am 18. März 1864 mit dem Bemerken verweigert worden war, daß eine Vermehrung 
der Schenken in Odrau weder erforderlich noch aus Polizeirücksichten wünschenswert 
erscheine, was in allen Instanzen bestätigt wurde. Als jedoch das Bezirksamt am
	        
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