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Die husitenkriege.
Latzek von Krawarn auf Helfenstein und Odrau hatte sich von jeher als Husens
Freund und besonderer Gönner erwiesen und fanden dessen Lehren durch ihn unb
seinen gleichgesinnten Vetter Peter von Krawarn auf Straßnitz nicht nur beim
höheren Adel Eingang, sondern gewannen in kurzem so sehr die Oberhand, daß
Mähren, mit Ausnahme der Städte, im Eifer für den Husitismus selbst Böhmen
übertraf. Dazu mag nicht wenig beigetragen haben, daß Konrad Graf von Vechta,
Latzek von Krawarn, Jodoc Hecht von Rositz und der Brünner Propst Bartholomäus
als königliche Anwälte 1411 von König Wenzel das Vorschlags- und Verleihungsrecht
für alle geistlichen Pfründen, Domherrn- und Altaristenstellen in der Olmützer Diözese,
wenn auch nur für einmal, erhielten.
Latzek, welcher seit 1408 das Amt des Oberst-Burggrafen zu Prag und des
Oberst-Hofmeisters bekleidet hatte, war nach dem Tode des Markgrafen Jodoc Landes¬
hauptmann von Mähren geworden, als welcher er 600 Mark Prager Groschen und
20 Dreilinge Wein*) bezog. Als man am 6. Juli 1415 deu Magister Johann Hus2)
in Konstanz verbrannte, so rief dies in Böhmen und Mähren eine mächtige Bewegung
hervor. Seine Anhänger, die Husiten, verlangten freie Religionsübung nach den
Ansichten ihrer Prediger. In großer Zahl erschienen die böhmischen und mährischen
Barone im September 1415 auf dem großen Landtage in Prag, wobei auch Latzek
und sein Vetter Peter von Straßnitz nicht fehlten. Hier schlossen sie einen Bund,
aus allen ihren Gütern und Besitzungen die Freiheit des Predigens zu schirmen, der
ordentlichen bischöflichen Gewalt nur da Folge zu leisten, wo sie der heiligen Schrift
gemäß verfahre, sonst aber sich an die Aussprüche der Prager Universität zu halten
und ungerechten Bannsprüchen ju widersetzen, sie mögen von welcher weltlichen
Gewalt immer unterstützt werden. An das Konzil richteten sie ein Schreiben voller
Vorwürfe und Drohungen, welchem 452 Edelleute ihre Siegel anhiengen. Anfangs
Februar 1410 beschloß das Konzil, alle diese Barone vorzuladen und ihnen den
Prozeß zu machen. König Sigmund schrieb an die Führer der husitischen Barone,
Latzek von Krawarn, Boczek von Kunstadt und Zdenko von Wartenberg, warnte sie,
sich zur Verteidigung von Husens Lehre untereinander zu verbinden, und drohte ihnen
mit einem Kreuzzuge, wenn sie der Vorladung nicht Folge leisten sollten. Am
30. Mai 1416 verbrannte man dann auch Husens Freund Hieronymus von Prag,
mit welchem Latzek in regem Briefwechsel gestanden war.
Latzek erlebte die Stürme, die infolge dieser Ereignisse wenige Jahre darauf
über Böhmen, Mähren und Schlesien hereinbrechen sollten, nicht mehr. Am 6. Juli
1416 weilte er noch in Prag, wo König Wenzel über seine Veranlassung den
Brüdern Johann und Stibor von Cimburg die Burg Drahotusch überließ. Am 15. Juli
finden wir ihn in Groß-Meseritsch, wo er den Verkauf des Erbgerichtes zu Bitesch
an einen Trebitscher Bürger genehmigte. Hierauf zog er sich auf seine Besitzungen
im Kuhländchen zurück und starb kurz darauf. Seine Überreste wurden in der
Kirche des Augustinerklosters in Fulnek beigesetzt, doch besagt sein Grabstein nichts
über den Ort und den Tag seines Todes.
I Ein Dreiling = 20 Eimer. — 2) Johann Hus, geboren 1369, war Pro¬
fessor der Theologie und Rector an der Prager Universität. Sein Zerwürfnis mit
der geistlichen Oberbehörde veranlaßte den Auszug aller deutschen Professoren und
Studenten nach Leipzig, wo 1409 die Universität gegründet wurde. König Wenzel
hatte ihn anfangs aus Haß gegen die Deutschen gehalten, ließ ihn jedoch später fallen.
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