Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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von 1 Joch 560D0, wäre also wohl ausreichend gewesen, um einen Teil desselben 
den evangelischen Glaubensgenossen zuzuweisen, war aber nicht so groß, um einen 
weiteren Teil zu einem Begräbnisplatze für des kirchlichen Begräbnisses verlustige 
Personen abtreten zu können, abgesehen davon, daß es auch für imstatthaft erachtet 
wurde, einen bereits geweihten Platz als Begräbnisstätte für des kirchlichen Begräb¬ 
nisses verlustige Personen zu verwenden. Die Stadtgemeinde stellte daher den An¬ 
trag, ihre an den Friedhof anstoßende Ackerparzelle Nr. 30 mit einer Fläche von 
305D0, der Friedhofgarten genannt, welche sie von jeher in Benützung und damals 
an Anton Losert verpachtet hatte, zu diesem Zwecke derart zu widmen, daß von der¬ 
selben 77O>° den Protestanten überlassen und der gegen den Mühlbach zu gelegene 
Rest als Begräbnisstätte für ungetanste Kinder und der des kirchlichen Begräbnisses 
verlustig erklärten Personen verwendet werde. Zu dieser Begräbnisstätte sollte an 
der Bodenstädter Straße in der Breite des damaligen Eingangstores ein durch eine 
Scheidewand vom evangelischen Friedhof getrennter Zugang errichtet werden. Für 
die für zurechnungsfähig erklärten Selbstmörder tvnrde die der Stadt gehörige Wiesen¬ 
parzelle Nr. 29 außerhalb der Friedhofsmauer am Mühlgraben bestimmt. Die Kosten 
der Einfriedung des evangelischen Friedhofes gegen den katholischen Friedhof und 
gegen die Begräbnisstätte der des kirchlichen Begräbnisses verlustigen Personen er¬ 
klärten die evangelischen Glaubensgenossen zu tragen und ein Eingangstor von der 
Bodenstädter Straße aus herzurichten, während die übrige Einfriedungsmauer die 
Gemeinde Odrau auf sich nahm. 
Bei dieser Kommission machte der Pfarrer Erwähnung, daß die Parzelle 30, 
welche die Gemeinde zu den ausnahmsweisen Begräbnisstätten widmete, im 16. Jahr¬ 
hundert zur Erweiterung des katholischen Friedhofes geschenkt worden sei. Da dies 
höheren Ortes zur Sprache gebracht tvnrde, so forderte das Bezirksamt am 5. De¬ 
zember 1857 die Gemeinde auf, diesen Umstand aufzuklären und die Dokumente, 
welche das Eigentum der Stadt auf diese Parzelle nachzuweisen vermögen, vorzulegen. 
Der Stadtvorsteher berichtete am 19. Dezember, , daß die Stadt den fraglichen Acker 
laut Grundeigentumsbogen (Top. Nr. 218, Garten mit 323^/s!O0 Flächenmaß) sowie 
ihre übrigen Grundstücke seit undenklichen Zeiten besessen und benützt und denselben 
laut Grundbuchsdesumpt 1790 an Josef Lanz unter der Bedingung verkauft habe, 
daß derselbe, falls er zur Erweiterung des Friedhofes erforderlich toäre, der Gemeinde 
Odrau gegen Rückzahlung des Kaufschillings per 300 fl. zurückgestellt werden müsse. 
Als Josef Lanz am 21. August 1814 starb, wurden seinen Erben von der Stadt 
die 300 fl. gezahlt, worauf diese den Acker zurückstellten, wie aus der Verlassenschafts¬ 
abhandlung vom 13. März 1815 hervorgehe. Von der Fläche dieses als „Lanzischer 
Garten" bezeichneten Grundstückes seien bereits 18^(3° zur Erweiterung des Fried¬ 
hofes verwendet worden, daher derselbe im Katasterauszuge als Parzelle Nr. 30 mit 
dem Flächenmaße von 305D0 erscheine. Die Gemeinde hatte diesen Grund von 1815 bis 
1820 in eigener Verwaltung benützt, denselben jedoch, laut Gemeindeausschußprotokoll 
im Jahre 1820 einschließlich des Mühlgrabenrandes (Top. Nr. 38, 93, 117 und 176, 
jetzt Parzelle Nr. 29) an Karl Hilscher auf sechs Jahre und seither immer und gegen¬ 
wärtig an Anton Losert verpachtet. Der Gemeindevorstand bat, es möge der er¬ 
wähnte Friedhofgarten auf Grund der angeführten Verlassenschaftsabhandlung der 
Gemeinde ins Eigentum eingeantwortet werden. Dies geschah zufolge der Einant¬ 
wortungsurkunde des k. k. Bezirksamtes Odrau vom 10. Jänner 1858, und mit Erlaß 
vom 19. Jänner 1858 Ivnrde die Eintragung derselben ins Grundbuch angeordnet. 
Das Pfarramt Odrau hatte jedoch in einer Eingabe das Eigentumsrecht auf 
den Friedhofgarten nachzuweisen gesucht und die k. k. Finanzprokurator einen 
diesbezüglichen Bericht an die schlesische Landesregierung erstattet. Hierüber äußerte 
sich die Gemeinde Odrau am 4. und II. Jänner 1858, daß sie das Eigentumsrecht 
auf den Friedhofgarten (Parzelle 30) durch die Einantwortungsurknnde erwiesen 
hahe. Jener Teil des Friedhofes per 1 Joch 56013° (Parzelle 31), der gegenwärtig 
als Beerdigungsplatz benützt werde, sei seit undenklichen Zeiten Eigentum der Gemeinde
	        
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