Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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gesetzten Schwestern ungehorsam betragen oder der vorgeschriebenen Hausordnung nicht 
fügen wollen, und nach wiederholten Ermahnungen nicht bessern, so soll er im Ein¬ 
verständnis mit der Vorsteherin des Siechenstiftes und des jeweiligen Patrones aus¬ 
geschlossen und nicht mehr in diese Anstalt aufgenommen werden. 
„10. Solange ich lebe, behalte ich mir die Besetzung dieser 10 Freiplätze vor, 
wünsche aber, daß mir die ins Siechenstift Aufzunehmenden von dem jedesmaligen 
Stiftscaplane in Vorschlag gebracht werden, nachdem sich derselbe mit der Vorsteherin 
des Siechenstiftes, und meinem Rentmeister bezüglich der aufzunehmenden Individuen 
ins Einvernehmen gesetzt haben wird. Nach meinem Tode fällt dieses Recht unter 
denselben Modalitäten meinen gesetzlichen Erben zu. Sollte jedoch das Gut Odrau 
nach meinem Tode nicht im Besitze meiner gesetzlichen Erben bleiben, sondern in 
fremde Hände übergehen, so hat der hochwürdigste Herr Fürsterzbischof von Olmütz 
die Art der Aufnahme in das Siechenstift 31t- regeln. 
„11. Die Pflege der Siechen wird von zwei Krankenschwestern des hl. Fran- 
ciscus aus dem Mutterhause in St. Mauritz bei Münster in Westphalen besorgt. 
Diesen Schwestern schenke ich mein Vertrauen, und will, daß sie stets mit aller ihrem 
Stande angemessenen Ehrfurcht und Bescheidenheit behandelt werden, insbesondere soll 
Niemand es wagen, ihnen irgend etwas zuzumuthen, was nicht mit diesem meinem 
Stiftsbriefe, ihrer Regel und ihren Statuten in vollstem Einklänge steht. 
„12. Die geistliche Leitung dieses Hauses übergebe ich wie jene des Kranken¬ 
stiftes und der Mädchenschule vertrauensvoll meinem Stiftskaplane. Da jedoch sein 
Wirkungskreis hiedurch erweitert wird und seine Arbeiten vermehrt werden, indem 
ich zur Erreichung meines Zieles, daß nämlich die Siechen sich in obigem Hause zu 
einem glückseligen Tod vorbereiten, für nothwendig halte, daß ihnen der Stiftskaplan 
zuweilen einen entsprechenden Unterricht halte, so soll er zur Verbesserung seines 
anderweitigen Gehaltes aus dem Erträgnisse dieser Stiftung jährlich 200 fl. in Worten: 
Zwei Hundert Gulden ö. W., in vierteljährigen Raten ausgezahlt erhalten. Desgleichen 
soll der Hausarzt meines Krankenstiftes, welcher zugleich die Bewohner des Siechen¬ 
stiftes nach Bedürfnis ärztlich zu behandeln haben wird und auf jedesmaliges Be¬ 
gehren daselbst zu erscheinen hat, ein jährliches Honorar von 50 fl. ö. W. erhalten. 
„13. Die Vorsteherin des Krankenstiftes besorgt auch die Oekonomie des Hauses 
und hat hierüber alljährlich dem hochwürdigsten Fürsterzbischofe in Olmütz eine speci- 
ficirte und detaillirte Hausrechnung zu legen, welche, solange ich lebe, auch mir 
vorzulegen ist. Auch ist dem hochwürdigsten Herrn Fürsterzbischos von Olmütz sowie 
auch mir alljährlich ein von dem Stiftskaplane und der Schwester Vorsteherin gefer¬ 
tigtes Verzeichnis der Siechen vorzulegen. Nach meinem Tode ist ein gleicher Bericht 
an meine Erben zu erstatten. Sollte sich bei umsichtiger Verwaltung des Vermögens 
des Siechenstiftes mit der Zeit ein Ersparnis ergeben, so darf solches nicht an das 
Mutterhaus zu St. Mauritz abgeliefert werden, sondern es hat deshalb der hochwürdigste 
Herr Fürsterzbischof von Olmütz über Einvernehmen mit dem Vorstande des genannten 
Mutterhauses zum Besten meines Odrauer Siechenstiftes zu verfügen. Sollte der 
Stiftungsfond durch Zeitereignisse geschmälert werden, so soll darüber nicht die Ver¬ 
pflegung der Siechen leiden, sondern die Zahl derselben vermindert werden. 
„14. Es ist mein ausdrücklicher Wille, daß das zur Unterhaltung des Insti¬ 
tutes von mir erlegte Stiftungscapital stets unverkürzt erhalten und abgesondert ver¬ 
waltet werde. Finden sich Wohltäter, welche neue Freiplätze fundiren wollen, so 
gestatte ich es, sowie auch, daß Sieche gegen Bezahlung aufgenommen werden dürfen, 
jedoch nur unter dem Vorbehalte, daß hiebei die im § 7 dieser Stiftungsurkunde von 
a—d aufgenommenen Bedingungen genau beachtet, diese Fundationen Anderer mit 
meiner Stiftung nicht confundirt, sondern die von mir gestifteten 10 Freiplätze stets 
abgesondert verrechnet werden. Die Höhe des zu leistenden Betrages von Seite der 
gegen Bezahlung aufgenommenen Siechen hängt von den Zeitverhältnissen ab und 
ist daher von Fall zu Fall von dem Vorstände des Siechenstiftes festzusetzen. 
„15. Sollten die Schwestern des hl. Frauciscus aus dem genannten Mutter-
	        
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