Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Gerichtsbarkeitssachen zu besorgen, mithin auch das Recht, den Magistrat einzusetzen, 
ihre Befehle und Anordnungen über das Gemeinwesen ferner respectiren zu machen 
und in Handwerkssachen die erforderlichen Maßnehmungen zu treffen, welches also, da 
es zum wahren Besten und unzweifelhafter Aufnahme des städtischen Wesens abzielet, 
der Bürgermeister und Rath behörig kundzumachen beflissen sein wird. 
„Schloß Odrau, am 28. Dezember 1769. 
Joh. Karl Graf v. Lichnowsky." 
Da jedoch die von der Herrschaft in diesem Dekrete geforderten Leistungen in 
keinem Verhältnisse zu dem gebotenen Vorteile standen, so ging die Bürgerschaft auf 
sein Ansinnen nicht ein. Im folgenden Jahre gab nun die Herrschaft bekannt, daß 
ihr von jedem Kauf eine Bestätigungsgebühr von 1 Rtl. zustehe, solange der Kaufpreis 
die Summe von 1000 Tl. nicht überschreite. Sei dies der Fall, dann habe die Herr¬ 
schaft von jedem 1000 Rtl. 1 Rtl. und von jedem die 1000 überschreitenden Taler 
1 Kreuzer zurecht, wenn das Objekt von einem Besitzer auf seinen Erben übergehe. 
Falls aber der Kauf von einem Dritten abgehandelt werde, sei von jedem Taler der 
Kaufsumme 1 kr. zu zahlen. Was den Verkauf von freien Grundstücken anbelange, 
so sei von jedem Taler wie früher 1 kr. zu erlegen. Die Herrschaft verlangte auch, 
daß diese Verfügung in die neuen Urbare aufgenommen werde, was nicht bewilligt 
wurde. Auch wurde 1775 der Herrschaft untersagt, von einer Hauskaufkonfirmation 
mehr als 1 fl. 30 kr. im ganzen als Taxe einzuheben, da die Stadt sich ansgewiesen 
habe, daß in den Jahren 1736—1768, in welchen Häuser um den Preis von 900 
bis 1400 Tl. verkauft worden waren, niemals mehr als 1 fl. 30 kr. von jedem solchen 
Kaufe abgefordert worden seien. 
Im Jahre 1776 versuchte es dann der Gras mit den Dorfuntertanen und ließ 
durch den Amtmann Krömer den beim Gestehtage versammelten Richtern und Bürger¬ 
meistern aller Dörfer folgende Entschließung bezüglich des Loskaufes der Dorf¬ 
untertanen verkünden: 
„Da Se. hochfürstl. Durchlaucht das Wohl und die Aufnahme der gesammten 
Unterthanen zu befördern sich angelegen sein lassen, so ist mir der Auftrag gemacht 
worden, hiemit zu veröffentlichen, daß insofern ein robotsamer Bauer in was immer für 
einem Dorfe hier soviel Vermögen besitzt, daß derselbe und seine nachfolgenden Grund- 
sitzer für die urbarialmäßigen Roboten zu Roß oder zu Fuß bei Mankendorf jährlich 
36 fl. und bei den übrigen Dörfern 30 fl. in die hochobrigkeitlichen Renten bezahlen 
könnte, ein dergleichen Bauer ein auf Pergament geschriebenes Diplom von der Herr¬ 
schaft erhalten würde, Kraft ivelchem er, sein Weib und seine Kinder, so auch alle 
auf seinem Grund nachfolgenden Besitzer auf ewige Zeiten von aller Erbunterthänig- 
f eit losgesprochen, folgbar als freie Leute immerwährend gehalten und die Herr¬ 
schaft Odrauer Grundobrigkeit nur als Schutzobrigkeit angesehen werden könnte. Wer 
also dieser fürstlichen Gnade sich theilhaft zu machen gedenkt, werde eine Denkschrift 
zu überreichen und in solcher das Ausmaß der jährl. Leistung anzuführen haben, 
worauf ihm dann das obrigkeitliche Diplom unentgeltlich ausgefertigt und aufs Haus 
eine Tafel mit der Oberschrift Freihaus gemacht würde, wo sodann dergleichen 
sich freimachende Leute in Zukunft keines Losbriefes noch Consenses zum Heiraten, 
Studieren oder Handwerk zu erlernen bedürfen und in Ewigkeit zur Robot nicht mehr 
angehalten werden können, es wäre denn, daß einer derselben eine andere unterthänige 
Stelle erkaufen thäte; auch werde der sich freimachende Bauer kein Laudemium bei 
Abänderung des Grundsitzers zu zahlen haben. Es hat sich auch Se. hochfürstliche 
Durchlaucht erklärt, alle jene Fremden, so hiesiger Herrschaft Gründe übernehmen 
und darauf Stellen bauen würden, stets als freie Leute anzusehen. Die Abnehmer 
als auch die Kindeskinder sollen von der Erbunterthänigkeit befreit sein." 
Aber auch bei den Bauern verfing sein Anerbieten nicht und da er dies dem 
Einflüsse der Bürger zuschrieb, so verkündete der Amtmann bei einem späteren Gesteh¬ 
tage: „Da aber jede für den Unterthanen zur Erleichterung abzielende Anstalt von 
der stets zum Prozeß geneigten Odrauer Stadtgemeinde verkennet wird, so wird hinfüro
	        
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