Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Kleinhermsdorf 15, Großhermsdorf 52 und Dorfe! 32 Stück. Diese lästige Abgabe 
wurde 1782 aufgehoben. 
Die Bürgermeister der Dörfer beschwerten sich, daß sie für das Erscheinen 
beimGestehe oder beim Amtstage, wie es nun heiße, und für die E i n k a s s i e r u n g 
der herrschaftlichen Zinsen jetzt nichts erhalten, während sie früher einen Tag 
in der Woche robotfrei waren. Das Landesältestenamt entschied am 5. Mai 1782, 
daß vermöge des Patentes vom 1. September 1781 nur der Richter, und, wenn 
dieser verhindert sei, der Bürgermeister oder ein Geschworner beim Amtstage gu er¬ 
scheinen schuldig sei, ohne daß in diesem oder in einem anderen Patente verordnet 
wäre, daß dem Richter oder Bürgermeister ein Robotnachlaß geschehen solle. Die 
Sentenz, auf welche sich das beziehe, hätten sie vorzulegen. Es war dies die Sentenz 
vom Jahre 1722, worin in Punkt 4 gesagt ivurde, daß den Bürgermeistern für die 
Einkassierung der Zinsen ein Tag Robot passiert werde, worauf in diesem Sinne 
entschieden wurde. 
Aufhebung der Leibeigenschaft und Einräumung des 
Eigentums an die Untertanen. 
Graf Lichnowsky war wirklicher Geheimrat, Kammer- und Kommerzien-Hofrat 
in Wien und war 1765 von der Kaiserin mit der Vertretung des Präsidenten beim 
Kommerzienrate im Falle der Verhinderung des obersten Kanzlers, des Grafen Rudolf 
Chotek, betraut worden und kannte daher die edlen Bestrebungen der Kaiserin und 
ihres seit 1765 zum Mitregenten gewordenen Sohnes Joses II., das Los der Unter¬ 
tanen erträglicher zu gestalten. In Voraussicht der kommenden Dinge trachtete daher 
Graf Lichnowsky, die ihm durch die geplanten Neuerungen drohenden Nachteile soweit 
als möglich wettzumachen und denselben vorzubeugen. Am 28. Dezember 1769 erließ 
er an den Bürgermeister und Rat seiner Stadt Odrau folgendes „Deeretum in 
Angelegenheit der Befreiung von der Unterthänigkeit": 
„Die der Schankbürgerschaft und ihren Kindern anklebende Erbunterthänigkeit 
gegen die Herrschaft Odrauer Grundobrigkeit ist die wahre und alleinige Ursache der 
fortdauernden Entkräftung hiesigen Gemein Stadtwesens, da solche den Zutritt fremder 
bemittelter Menschen sperret, auswärtige vortheilhafte Heiraten verhindert und den 
hiesigen Insassen die Gelegenheit benimmt, ihren Kindern bessere Erziehung zu geben 
und solche in Künsten und Wissenschaften auch nutzbaren Professionen unterweisen zu 
können. Der alleinige, aus dem Bierregal abstammende Nutzen, wenn auch solcher, 
was unmöglich sei, auf das Doppelte gebracht werden könnte, vermag für sich selbst 
nicht eine so reiche Geldquelle abzugeben, daß mittelst solcher ganze, öfters zahlreiche 
Familien ihre Aushilfe erlangen könnten; nutzbare Professionisten, Künstler und 
Handelsleute und endlich die Herbeiziehung fremder, mit Fleiß, Geschicklichkeit und 
Vermögen begabter Menschen ist allein fähig, einen kraftlosen Ort, wie Odrau ist, 
aufs neue zu beleben, die Nahrungstriebe zu öffnen und immer mehr Wohlstand aus¬ 
zubreiten. Um nun zu dieser heilsamen Absicht den Weg zu bahnen, so nehme ich als 
dermalige Grundobrigkeit keinen Anstand, folgende Erklärung in Kraft der mir zu¬ 
stehenden freien Gewalt und Befugnis von mir zu geben, und zwar: 
„1. So ertheile ich jedem Bürger, welcher es immer sei, die Freiheit, die Ent¬ 
lassung von der Erbsunterthänigkeit für sich und die in seinem Brode «noch stehenden 
Kinder, wie auch die ewige Freiheit für sein Bürgerhaus mittelst einem bei mir ein¬ 
reichenden Memorial (worinnen aber das ganze Kinderpersonal namentlich ausge¬ 
drückt werden muß) ansuchen zu dürfen; es würde in diesem Falle für die Aus¬ 
fertigung des Freihofbriefes gar nichts in die obrigkeitlichen Renten, wohl aber an 
Kanzleigebür 4 Gulden ein- für allemal bezahlet werden. 
„2. Ein also sich frei gemachter Schankbürger würde demnach mit sich und 
allen Kindern frei disponieren, solche zu Handwerkern oder Studien verweisen auch 
verheiraten können ohne herrschaftliche Heiratsconsens oder Erlaubnis, zu was es 
immer sei, ansuchen und auslösen zu dürfen.
	        
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