Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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freue zu hören, daß sie seine Bemühungen zur Erlangung des Wochenmarktes dankbar 
anerkennen. Es würde auch keinem Anstande unterliegen, ihre Privilegien in die 
Urbarialaufsätze aufzunehmen, auch wolle er den Schloßschank aufheben, solange sie 
ihre Schuldigkeit tun und das jährliche Geldfixum leisten. Was aber die in Neu- 
dörfl, Werdenberg und auf der Kleinseite eröffneten Bierschänken anbelange, so 
hätten sie weder ihr Recht erwiesen, noch einen geeigneten Vorschlag eingebracht. Er 
könne sie nicht hindern, den Weg des Rechtes einzuschlagen, allein von seinem Rechte 
könne er nicht abstehen. 
Nun brachten die Bürger beim Landrechte die Klage wegen der widerrechtlich 
eröffneten Schenken in Neudörfel, Werdenberg und der Kleinseite ein, worauf eine 
am 11. Juni 1769 unter Leitung des Amtsassessors und Landrechtsbeisitzers Franz 
Heinrich Freiherr» von Bereczko abgehaltene Kommission feststellte, „diß die Ortschaft 
Neudörfel, so au Lautsch anstoßet, eine halbe, Werdenberg eine Viertelstunde von 
Odrau entfernt sei und die Kleinseite, so lediglich nur die Oder scheidet, an die Stadt 
Odrau anstoße, folglich obbemelte Colonien in dem Bezirke der neun reluierten Dorf- 
schaften unter der Meile situiert seien." Die Klage wurde bis zum Spruche verhandelt 
und nahm einen für die Bürger günstigen Verlauf. Da ließ der Graf einige Depu¬ 
tierte derselben vor sich rufen, die er befragte, ob sie von dem Prozesse abstehen uitd 
sich mit ihm vergleichen tvollten, wo nicht, so setze er seinen rechten Arm aufs Spiel, 
den er sich abhauen lassen ivolle, wenn sie den Prozeß gewännen. Sie gingen auf 
keinen Vergleich ein, und der Graf wandte sich unmittelbar an die höchste Justizstelle 
mit dem Ersuchen, es möge das Erkenntnis vom 23. November 1722 und die 
darüber erflossene Declaratoria für unwirksam erklärt.werden. Statt nun beim 
Richter erster Instanz stehen zu bleiben und um die Erkenntnis nach Sachlage der 
verhandelten Akten nachzusuchen, ließ sich der Anwalt der Bürger in die Verhand¬ 
lungen mit der höchsten Instanz ein, die Akten wurden dorthin eingesendet und da¬ 
durch dem Richter erster Instanz die Hände gebunden, darüber zu sprechen, worauf 
das Decisum (Entscheidung) vom 21. August 1769 erfloß, dahingehend, 
„daß in gegenwärtiger Vorfallenheit die Declaratoria vom 17. December 1722 
in Sachen von selbsten klares Ziel und Maß setze, nämlich daß inner des Bezirkes, 
das ist in und auf dem unterthänigen Grund und Boden der von der 
Odrauer Stadtgemeinde reluierten neun Dorfschaften und in denen auf solchen 
unterthänigen Gründen errichtenden neuen Coloniendie Obrigkeit zum 
Nachtheile oft ermelter Odrauer Stadtgemeinde sich keines Bierschankes anzumaßen, 
noch selbte in dem Genuß der ihr ex primseva concessione Dominicali und der 
hierauf erfolgten Einlösung, dann des sothane neun Dorfschaften, worinnen der Stadt¬ 
gemeinde der Bierschank zustehet, ausdrücklich anführenden Privilegiums, welche Gerecht¬ 
same auch durch das Erkenntnis und respective Declaratoriam 1722, wie billig, be¬ 
stätigt worden, zu beunruhigen nicht berechtigt sei." 
Die Bürger legten sich diese Entscheidung zu ihrem Gunsten aus und baten, 
das Landrecht möge dem Grafen das Weiterschenken in diesen Orten unter einer 
Strafe von 100 Dukaten untersagen. Darauf höhnte sie der Graf und erließ am 
5. September folgendes Dekret: „Das Bürgermeisteramt meiner unterthänigen Stadt 
Odrau wird hiemit berechtigt, den sämmtlichen zum städtischen Grundbuch gehörenden 
Unterthanen den herrschaftlichen Befehl kundzumachen: daß niemand von ihnen einiges 
herrschaftliches Bier in sein Haus einschleppen soll, bei Strafe eines Species-Ducaten 
in die städt. Kasse bei allmaliger Betretung, welcher Befehl auch in allen zum 
städtischen Ausschank gehörigen neun Dorfschaften erlassen worden ist. Niemand aber 
ist zu verwehren, daß er trinke, da, wo es ihm beliebet." Vom Landrechte wurden 
die Bürger am 19. September 1769 abgewiesen, da der Graf nachgewiesen hatte, daß 
die Schenken in Neudörfel, Werdenberg und der Kleinseite nicht auf untertänigem, 
sondern auf herrschaftlichem, auf Dominikalgrund stehen. Ihre Berufung blieb eben¬ 
falls erfolglos, denn mit dem Hofdekrete vom 30. Oktober 1769 wurden sie auf das 
Decisum vom 21. August 1769 verwiesen. Gleich darauf ließ der Graf den beim
	        
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