Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Südostrande des Kuhländchens gelegenen Kotouö bei Stramberg haben sich zahlreiche 
Spuren des Menschen aus der Diluvialzeit und der älteren Steinzeit (palaeolithisches 
Zeitalter) gefunden. 
Im Verlaufe der Diluvialzeit starben zahlreiche Tierarten dieser Epoche, ohne 
daß ihnen eine allgemeine Flut den Untergang bereitet hätte, gänzlich aus, während 
andere, als mit zunehmender Wärme in unseren Gegenden die Lebensbedingungen 
für sie aufgehört hatten, den Rückzug in nördlichere Länder antraten, wo manche 
von ihnen noch heute leben. An ihre Stelle traten Wolf und Fuchs, Hirsch und 
Reh, Wildschwein, Biber und andere Jagdtiere, während der Mensch das Pferd 
das Rind, Ziege und Schaf, Torfschwein und -Hund zu zähmen und seinen häuslichen 
Zwecken zu unterwerfen verstand. Gleichwie die Diluvialzeit ohne scharfe Grenze in die 
Alluvialzeit übergieng, so findet sich auch ein allmählicher Übergang von der älteren 
zur jüngeren Steinzeit (noelithisches Zeitalter). Neben den rohen Stein- und Knochen¬ 
werkzeugen finden sich jetzt polierte und geschliffene und mannigfache Bein- und 
Hornprodukte. Die Steinwerkzeuge iverden jetzt auch aus Granit und Diorit, aus 
Kiesel- und Hornblendeschieser gemacht oder auf dem Tauschwege oder durch Wanderschaft 
bezogen. Die Werkzeuge und Geräte aus Bein und Geweihen und die nichtmetallischen 
Schmuckgegenstände weisen eine größere Mannigfaltigkeit auf und als neues Kultur¬ 
element erscheinen frei aus der Hand geformte Tongefäße. 
Fast gleichzeitig mit den geschliffenen und polierten Steinwerkzeugen treten 
die ersten Spuren metallischer Gegenstände aus, zuerst als Schmuck, später als 
Geräte und Waffen, die in die Metallzeit hinüberleiten. Der Stoff ist Kupfer und 
Bronze, später Eisen, Gold und Silber. Sie leiten den Übergang zur geschichtlichen 
Zeit ein. Was die menschlichen Wohnsitze in der neolithischen und Bronzezeit an¬ 
belangt, so dürften viele der jetzt bestehenden Ortschaften an derselben Stelle oder 
in nächster Nähe einstiger vorgeschichtlicher Wohnorte erbaut worden sein. Die auf 
Hügeln und Bergen bald an Gebirgsrändern, bald oberhalb der Taleingänge gelegenen 
Wallringe, die in deutschen Gegenden Hausberge (auch Schwedenschanzen), slavisch 
Hradiska genannt werden, sind entschieden vorgeschichtliche Wohnstätten. Der westlich 
von Wessiedel gelegene Hügel, den die Spezialkarte Radiöko nennt, dürfte auf 
solch eine vorgeschichtliche Wohnstätte hindeuten, desgleichen der Schwedenfelsen bei 
Mariastein, unter dem der Hradischkabach fließt. 
Nicht weit vom Radiöko führte der vorgeschichtliche Handels weg von der 
Donau zur Ostsee vorüber, die B ernst ein str a ße, die aus dem Weißkirchner Gebiet 
über die Wasserscheide in das Odertal und durch den südlichsten Teil des heutigen 
Gerichtsbezirkes Odrau zog. Diese uralte Handelsstraße ist durch eine Reihe von 
Orten, an welchen vorgeschichtliche Bronzefunde gemacht wurden, gut beglaubigt. 
Von denselben wären die in der Nähe liegenden: Leipnik, Slawitsch, Mankendorf 
und Bothenwald, hervorzuheben. Von Slawitsch aus dürfte diese Straße über Draho- 
tusch, Welka, Neudeck, Heinzendorf und Petersdorf gegangen sein. Hier überschritt 
sie die Oder und führte über Mankendorf, die Schenkhäuseln, Zauchtl, Seitendorf 
und Petrowitz nach Bothenwald. 
Unweit der Stelle, wo noch gegenwärtig der Weg von Petersdorf nach Mankendorf 
die Oder übersetzt, wurde im Jahre 1891, anläßlich des Bahnbaues von Zauchtl 
nach Odrau, unmittelbar vor der Haltestelle Mankendorf bei dem Baukilometer 4'765 
gelegen, eine Materialgrube ausgehoben, wobei die Arbeiter mitten im alluvialen 
Flußschotter auf zahlreiche Bronzegegenstände stießen, welche ohne jede Hülle, 
dicht beisammen, frei im durchlässigen Schotter, der nur von einer schwachen Lehm¬ 
schichte bedeckt war, in einer Tiefe von 70 cm lagen. Es war dies ein sogenannter 
Depotfund, ein absichtlich vergrabenes Besitzthum, da andere Beigaben, die auf eine 
Leichen-Beisetzung schließen lassen könnten, fehlten. 
Es wurden im ganzen 88 Stück gesunden: 21 Bruchstücke eines Bandes aus 
getriebenem Blech (Fig. 1), 41 hohle Zierbuckel aus schwachem Blech (Fig. 2 — 5), 
8 Bruchstücke von kleinen Spiralröhrchen, eine größere Spiralröhre mit vier
	        
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