Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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und Falsches, indem er 1600 schrieb: „Die Oder kommt von ben Abhängen der 
Karpaten bei dem Städtchen Adry (d. i. Odrau) hinter der Stadt Ostrom." Am 
meisten verbreitet wurde dieser Irrtum durch Lucas „Chronica oder Denkwürdigkeiten 
Schlesiens" vom Jahre 1689. Er schreibt im lV.Bd., S. 2154, hierüber: „Betreffend 
die grossen Ströhme, so behält die Oder vor anderen den Vorzug und stehet in der 
ersten Class oder Abtheilung gantz allein, weil sie in Schlesien nicht ihres gleichen 
hat. Sie entspringt an der Spitze dess Carpathischen Gebürgs, unfern dem Städtgen 
Frideck, in einem dicken Wald und tiefen Felsen, in der Gränze des Mähren-Lands, 
da sie nur ein klein Brünnchen und Quällein macht, passiret am ersten die Städtgens 
Ostra und Oderberg und erhält den Namen in Teutscher Sprache Oder, von etlichen 
auch Ader." So giengen richtige und falsche Vorstellungen neben einander her. 
Schließlich aber gewann es den Anschein, als ob die falsche Ansicht siegen sollte. 
Im Jahre 1715 gab Karl Ferdinand von Scherz, der Sohn des Sponauer 
Gutsbesitzers, in Breslau eine Schrift über den Ursprung der Oder und den Ort 
desselben heraus und machte darin den Versuch, die Wahrheit bezüglich des Oder¬ 
ursprunges festzustellen. Aber man glaubte seiner Angabe nicht, daß die Oder beim 
Dorfe Haslicht in einem Buchenhain auf einer Anhöhe entspringe, die im Volksmunde 
Sauberg heiße, und lachte ihn einfach aus. 
Der Breslauer Gelehrte, Rektor Stief, schrieb 1737: „Etliche wollen den 
Ursprung der Oder außer Schlesien in Mähren suchen. Ohngeachtet nun Henelius 
und Rechner das Wiederspiel sattsam erwiesen, hat sich doch ein Mährischer Cavalier, 
Herr von Schertz, gewagt, ein paar Bogen zu Breslau in Druck p geben, 
worinnen er vorgibt, es entspringe die Oder in Mähren auf dem Grund und 
Boden seines Erbgutes. Ob nun gleich dieser lustige Herr in einem lateinischen 
Epigramm und Chronostichon nicht unglücklich war unb in Breslau gern Nlit 
gelehrten Männern umgieng, so ruht doch seine Angabe auf schlechtem historischen 
und geographischen Grund und ist von guten Bekannten, denen er seine Schrift 
zugeschickt und mit denen er inter poculas darüber disputieret, mehr vor einen 
Schertz als Ernst aufgenommen worden. Denn es entspringt allerdings 
unsere Oder in Schlesien unter dem Städtlein Friedeck in einem dicken Wald und 
tiefen Felsen, hart an der Grenze von Mähren, und passieret die Städtgen Ostra und 
Oderberg vorbei." 
Erst das. 19. Jahrhundert hat den Irrtum aufgeklärt, dafür aber eine andere 
Unrichtigkeit eingeschaltet. Wolny schrieb 1835 in seiner Topographie von Mähren, 
Bd. 1, p. XX: „Hier, wo sich der Leselsberg erhebt, gehen aus einem Sumpfe, 
der die nördliche Grenze des Prerauer Kreises hinter Neueigen berührt, zwei 
Quellen der Oder gabelförmig zutage." Auch spricht er, wie Schertz, vom Sauberge, 
„dem der Leselsberg gleichsam auf dem Rücken hoch aufsitzet." Es gibt nun weder 
einen Sauberg noch einen Leselsberg, hingegen heißt die erste, 2 bis 3 km unterhalb 
der Quelle an der Oder liegende Häusergruppe Lieselsberg. Auch diese falsche Angabe, 
daß die Oder am Leselsberg entspringe, wurde bis in die neueste Zeit in verschiedene 
Bücher aufgenommen. Richtig ist nur, daß die Oder in der Einsattelung zwischen 
dem Fiedelhübel und dem Kreuzberg entspringt. 
Die Oder nimmt von der Quelle bis zur Groß - Waltersdorfer Mühle einen 
nördlichen, von dort bis zur Altendorfer Mühle einen nordöstlichen, dann bis zur 
südlichsten Spitze des Odrauer Bezirkes bei der Einmündung des Luhabaches einen 
südöstlichen und hierauf bis zur Einmündung der Oppa einen nordöstlichen Lauf. An 
der Oder liegen im Bezirke die Ortschaften Kl.-Hermsdorf, Jogsdorf, Lautsch, Neudörfel 
und Odrau. Von ihrem Wasser werden im Bezirke folgende Werke betrieben: Die 
Kl.-Hermsdorfer Mühle, die Jogsdorfer Ober- und Niedermühle (j. Knopffabrik), die 
Lautscher Mühle und die herrschaftliche Brettsäge, die Walke (j. Färberei der Gummi¬ 
fabrik), die Große Mühle, die Spinnerei Josef Gexlich, die Kleine-Mühle, die Teichmühle 
und die einstige Stegmühle beim Thiergarten in Odrau, die Holzmühle, die Groß- 
Petersdorfer und die Mankendorfer Mühle.
	        
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