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Vater, Weib und Bruder einen Vertrag schloß. Balten Walzet mußte sein Fürnehmen
dreimal abbitten, 10 ft. bar erlegen, welche die Witwe und ihr Sohn teilten, und
zu künftigen Georgi sollte er lvieder 4 fl. erlegen. Ferner hatte er ein Stück schwarzes
Gewand Much) zu kaufen, dessen Kosten aus der Summe abzureiten (abzurechnen)
waren, das an arme Leute ausgeteilt werden sollte. Sodann hatte er jährlich 4 fl.
zu erlegen, bis die Summe von 60 fl. für den Totschlag erfüllt sein würde. Das
gaben sie jedoch dem Rat und der ganzen Gemein anheim, damit es diese „auf
gemeiner Stadt Besserung, Wege, Stege, Kirchen vnd Schulen" verwenden. Auf
die Erfüllung des Vertrages wurden Bürgen und ein Pfand von 20 Schock Groschen
gesetzt?)
Reformation und Gegenreformation.
Im Jahre 1517 ließ Martin Luther, geboren 1483, an die Schloßkirche
in Wittenberg 95 Sätze (Thesen), gegen den Ablaß anschlagen, worauf ein heftiger
Streit mit seinen Gegnern entbrannte, der in Deutschland eine ungewöhnliche Be¬
wegung hervorrief. Als sich Luther auch gegen die Autorität des Papstes auflehnte
und hierauf unter der Strafe des Bannes zum Widerruf von 41 seiner als irrig
anerkannten Sätze aufgefordert wurde, sagte er sich 1520 durch die öffentliche Ver¬
brennung der diesbezüglichen Billle vor den Toren von Wittenberg von der katholischen
Kirche ganz los. Er fand zahlreiche Anhänger, welche Lutheraner genannt wurden.
Gleichzeitig trat ein anderer Reformator, Ulrich Zwingli, und etwas später Johann
Calvin auf, deren Ansichten, namentlich was das Abendmahl betraf, von denen
Luthers abwichen. Ihre Anhänger erhielten die Namen : Reformierte oder Calvinisten.
Im Jahre 1522 entstand dann noch die Sekte der Wiedertäufer, welche die Kinder¬
taufe als ungiltig verwarfen.
Über Luther war 1521 die Reichsacht ausgesprochen worden. Seine Freunde
hatten ihn jedoch auf die Wartburg in Sicherheit gebracht, wo er während seines
zehnmonatlichen Aufenthaltes die Bibel ins Deutsche übersetzte. Der Fortgang der
Reformation entfesselte dann den Ritterkrieg (1522—1523), in welchem Franz von
Sickingen, ein Ahnherr eines unserer späteren Grundherren eine hervorragende
Rolle spielte, sowie den deutschen Bauernkrieg (1524—1525), in welchem Götz von
Berlichingen Anführer der Bauern war.
Die Reformatoren waren in ihren Neuerungen immer weiter gegangen: sie
hatten die Messe abgeschafft, die deutsche Sprache in den Gottesdienst eingeführt,
die Mönchsgelübde und das Zölibat (Ehelosigkeit) der Geistlichen aufgehoben und
von den sieben Sakramenten nur die Taufe und das Abendmahl beibehalten. Auf
dem Reichstage zu Speier 1529 wurden den Lutheranern alle weiteren Neuerungen
untersagt, wogegen die lutheranisch gesinnten Stände protestierten und davon den
Namen Protestanten erhielten. Als dieselben am Reichstage zu Augsburg 1530
ein aus 28 Artikeln bestehendes Glaubensbekenntnis, die sogenannte Augsburger Kon¬
fession, überreichten, wurde die Reichsacht über sie ausgesprochen, worauf die prote¬
stantischen Fürsten und Reichsstädte den Schmalkaldischen Bund schlossen. Da jedoch
die Türkengefahr zur Nachgiebigkeit nötigte, so wurde 1532 auf dem Reichstage zn
Nürnberg ein Religionsfrieden geschlossen.
Die Reformation hatte sich in Deutschland immer weiter ausgebreitet und der
Schmalkaldische Bund bedeutenden Zuwachs erhalten. Als die protestantischen Fürsten
das Konzil zu Trient (1545—1563) und den Reichstag zu Nürnberg (1546) nicht
beschickten, wurde die Reichsacht über sie ausgesprochen und es entbrannte der
Schmalkaldische Krieg (1546—1547), vor dessen Ausbruch Luther am 18. Februar
1546 starb. Nach der Besiegung des Schmalkaldischen Bundes war aber die Ruhe
noch nicht hergestellt. Durch den Passauer Vertrag (1552) wurden den Protestanten
bis zur endgiltigen Entscheidung ihrer Religionsangelegenheit völlige Religionsfreiheit
*) Grdb. IV, f. 9 ad ann.
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