Volltext: Geschichte des salzburgisch-oberösterreichischen K.u.k. Infanterie-Regiments Erzherzog Rainer Nr. 59 für den Zeitraum des Weltkrieges 1914 - 1918

Die Feuertaufe bei Przewodow 
(28. August 1914) 
Hiezu Skizze 1 
Mit Rücksicht auf die bald hereinbrechende Dunkelheit, die dem Feinde den Anmarsch 
ohnedies verbarg, ließ GM. v. Schneider die Kolonne bis zum Herrenhause von Parchacz auf 
der Krystynopoler Straße vorrücken; III. Bataillon, dessen eine Hälfte die Vorhut bildete, 
IV. Bataillon, 4. und 3. Kompagnie, die Kanonendivision, 2. Kompagnie, Kompagniemunitions¬ 
wagen und Fahrküchen unter Bedeckung der halben 1. Kompagnie, von welcher der 1. Zug 
im Aufklärungsdienst stand, während der Zug des Lt. Dr. Josef Hendrych bei den Proviant¬ 
wagen auf dem Lagerplatz blieb. Durch den großen Wald marschierte die 15. Kompagnie 
als linke Flankendeckung. Sie kam aus den tiefsandigen Waldwegen nur sehr langsam 
vorwärts. 
Auf der Straße ging der Marsch ziemlich flott vonftatten. Die sichere Hoffnung, endlich 
an den Feind zu kommen, beflügelte den Schritt der schwer bepackten Leute. Als man aber 
beim Herrenhaus in den Wald einbog, die Füße im Sand versanken, stellte sich bald die Müdig- 
28.8. keit ein und es wurde 1 Ahr 3V nachts, bis die Tete der Kolonne beim Meierhof Hruszow 
anlangte. Müde warfen sich die Leute nieder und schliefen trotz empfindlicher Kälte der feuchten 
Nebelnacht sofort ein, während die Bataillonskommandanten zur Orientierung vorritten. 
Sehr schwer hatte es der Train, denn die Fahrküchen sanken bis an die Achsen im Sande 
ein, alle Augenblicke gab es Stockungen, übrigens auch bei der Artillerie, die zu Mitternacht 
den Weg eine Weile gänzlich verstopfte. Eine anschauliche Schilderung des Marsches stammt 
vom damaligen Lt. Friedrich Kirnbauer v. Erzstätt, der einen der beiden Züge der 1. Kompagnie 
beim Train befehligte: „Jeder der beiden Züge war zur Bewachung der Fuhrwerke in kleine 
Patrouillen aufgeteilt... Es dunkelte bald. Langsam zog sich die Truppe durch die eintönige 
Gegend dahin, alle voll fragender banger Erwartung. Tiefe Stille ringsum, nur das monotone, 
einschläfernde Holpern der Wagen, vornehmlich der Artillerie, war zu hören, öfters kam eine 
Stockung in die Reihen, wenn die aufgenommenen Zivilkutscher eingeschlafen waren oder, was 
noch öfter geschah, sich fremde Kolonnen, hauptsächlich Artillerie, dazwischen schoben. Dazu noch 
die nervöse Erregung jedes einzelnen Mannes, der in jedem verlassenen Gehöft einen Hinter¬ 
halt der so gefürchteten Kosaken vermutete, all dies gab dem Ganzen einen unruhigen Charakter. 
Öfter eilte ich nach vorn, weil mir das häufige Halten des Trains verdächtig erschien und ich um 
jeden Preis ein Abreißen der Fuhrwerkskolonne verhüten wollte. Doch leider war meine Be¬ 
fürchtung schon eingetreten. Einer von diesen Zivilkutschern war, von den ungewohnten Stra¬ 
pazen ermüdet, in tiefen Schlaf gesunken. Die Kolonne war abgerissen und es hieß, so rasch wie 
möglich die Berbindung wieder herzustellen, was auch gelang. Kaum war ich wieder hinten an¬ 
gelangt, stockte die Kolonne von neuem. Zch lief wieder vor, die Peitsche brachte Mann und Roß 
wieder in Bewegung, alle Fuhrwerke schloffen im Trab an, so daß ich mit meinem Zuge hinten 
mutterseelenallein blieb. Weder Karte noch andere Orientierungsmittel standen mir zur Bei¬ 
fügung. Die Mannschaft — schwer bepackt — schleppte sich mühsam fort, Durst und Hunger 
machten sich bei jedem fühlbar. Aus gut Glück schlug ich einen Weg ein, wobei ich instinktiv den 
richtigen wählte und wieder an die Queue des Trains gelangte, wo uns unser Kompagniekom¬ 
mandant freudig mit einigen ermunternden Worten, wie es stets seine Art war, begrüßte. Dies 
brachte die biederen Landler gleich wieder in heitere Stimmung, die sich in urwüchsigen Bemer¬ 
kungen kund gab, so z. B. „Wann hat der Tschach an End" oder „Gibt's heut' ka Menage?" 
Bis der Train zum Meierhof kam, hatte sich die Truppe bereits in Bewegung gesetzt, um 
die Angriffsbereitstellung einzunehmen, die nach vorheriger Unterweisung der Kompagnie- und 
Zugskommandanten in möglichster Stille bezogen wurde: III. Bataillon im ersten Treffen, I. 
und IV. Bataillon links und rechts rückwärts gestaffelt, 14. Kompagnie als Regimentsreferve 
hinter dem rechten Flügel und beauftragt, die gegen Ostrom gewiesene 12. Kompagnie erforder¬ 
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