Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

Unterpfand einer ewig grünenden Verbindung zweier Menschen und 
zweier Regentenhäuser darstellen und heiligen soll. Der Kelch ist also 
wohl um 769 im Zusammenhang mit der Hochzeit Tassilos und Liut- 
pirgas und der politischen Verbindung der beiden Reiche, der Lango- 
barden und der Bayern entstanden. 
Man wird nun mit Recht fragen: wie kommt der Tassilokelch 
nach Kremsmünster, wenn er eigentlich ein bayrischer Herzogskelch ist? 
Es wurde bereits gezeigt, daß Abt Sigmar bei seinem Amtsantritt 
nach 1012 den Kelch schon im Besitze des Stiftes Kremsmünster vor- 
gefunden hat. Die politischen Ereignisse. des 10. Jahrhunderts — man 
denke nur an die Ungarneinfälle — wären eher dazu angetan gewesen, 
den Kelch von Kremsmünster weg-, als ihn nach Kremsmünster herzu- 
bringen. So führt seine Existenz in Kremsmünster ins 9. Jahrhundert 
zurück. Das leitet zu Tatsachen über, die bei der Beantwortung der 
Frage wohl im Auge behalten werden müssen. 
Das Stift Kremsmünster besitzt die „ossa fundatoris‘“ (die Gebeine 
des Gründers), die in diesem Jahre (1948) aus der kleinen Gruft vor 
dem Hochaltar der Stiftskirche nach langer Zeit wieder erhoben und 
von Professor Sauser, dem Anatomen der Universität Innsbruck, unter- 
sucht wurden, Professor Sauser konnte feststellen, daß diese Gebeine 
von einem Mann des 4. Lebensjahrzehntes stammen, der am linken Ober- 
arm knochenpathologische Veränderungen zeigt, die vielleicht im Kampf 
oder auf der Jagd erlitten, bei Entwicklung der ärztlichen Kunst zur 
damaligen Zeit in ihrem weiteren Verlauf nach einigen Siechtumsjahren 
zum Tode des Mannes geführt haben mögen. Die „ossa fundatoris‘‘ kön- 
nen also nicht die Gebeine Tassilos, unseres Gründers sein. Da er um 
741 geboren ist und 794 noch auf dem Reichstag zu‘ Frankfurt er- 
scheint, so ist er bei seinem Tode sicher gegen 60 Jahre alt gewesen. 
Die „ossa fundatoris‘“ werden ihm von der Sage auch nicht zugeschrie- 
ben, sondern seinem Sohne Gunther, der in der Gegend von Krems- 
münster bei der Jagd von einem Eber zu Tode verwundet worden sein 
soll. Bernhardus Noricus sagt darüber [8]: „. ... ac sui filii Gunther, 
inibi mortui et sepulti, cuius ossa adhuc usque apud nos conservantur.” 
Die Überlieferung spricht also von Gunther, dem Sohne Tassilos, der in 
Kremsmünster gestorben ist und dort begraben wurde, „dessen Gebeine 
bis heute bei uns aufbewahrt. werden.‘“ Und diese Gebeine des sagen- 
haften Gunther werden als „ossa fundatoris‘ bezeichnet. In seinem 
Äbtekatalog sagt Bernhardus Noricus [18]: „Item apud nos sanctus 
Wisintho presbyter et monachus; qui obiit 4. Nonn. Decembris; et Se- 
pulchrum eius est ante altare sancti Thomae, ossa sunt cum funda- 
tore ...“ (... Bei uns der hl. Wisintho, Priester und Mönch, der am 
2; Dez. gestorben ist. Sein Grab ist vor dem Altar des hl. Thomas, seine 
Gebeine sind beim Gründer (bei denen des Gründers). 1232 war das 
Stiftergrab geöffnet und die Gebeine wegen dem Neubau der Kirche in 
die Marienkapelle übertragen worden. 1304 wurden sie in dem neuen 
Stiftererab, das in der Mitte der Kirche errichtet worden‘ war, hinein- 
gelegt. Zu ihnen kamen auch die Gebeine des seligen Wisintho („cum 
fundatore‘“), die unter Abt Berthold II. (1256—74) erhoben worden 
waren. [19]. 
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