Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

Das erste christliche Jahrtausend kannte kein eigenes Kirchweih- 
offizium. Die heute gebräuchliche Messe „Terribilis‘‘ wurde vom alten 
Allerheiligenfest, das am 13. Mai gefeiert wurde, übernommen. An 
diesem Tag-des Jahres 610 weihte Papst Bonifaz IV. das Pantheon der 
seligsten Jungfrau Maria und allen heiligen Martyrern. Dieser Vorgang 
läßt eine alte Praxis der römischen Kirche erkennen: Kirchweihe 
und Titelfest sind eins. Im Verlauf des Kirchenjahres feiern 
wir eine Reihe von Festen, die eigentlich Kirchweihen, nicht Todes- 
gedächtnisse der Heiligen sind. Einige Beispiele: 
Vitalis 
Philipp und Jakob 
Johannes ante portam Latinam 
Nikomedes 
St. Peter ad vincula 
Maria Schnee 
Hadrian 
Kreuzerhöhung 
Rupert (Salzburg) 
Michael. 
Caesarius 
Caecilia. 
Außerhalb der Ewigen Stadt, aber auch in Rom selber, schlug man 
bald auch den umgekehrten Weg ein. Nicht das Heiligenfest entspricht 
dem Tag der Kirchweihe, sondern die Weihe wird auf das entsprechende 
Fest angesetzt. Vier Beispiele: Am 26. Dezember 865 weihte Bischof 
Adalwin von Salzburg auf dem Gute des Wittimar in Pannonien eine 
Kirche, weshalb das Gotteshaus den hl. Stephan zum Patron erhielt. **) 
Am Michaelstag 1022 wurde das Michaelskloster zu Hildesheim einge- 
weiht; die Konsekration der Martinskapelle erfolgte am.11. November 
desselben Jahres (A. Zimmermann, Kal. Bened. III, 335). Am 15. August 
1041 wurde der Dom in Gurk geweiht. Der Patron ist Maria. (Himmel- 
fahrt). ‘1159 erbaute Abt Albert von Kremsmünster die Kirche zu 
Viechtwang. Sie erhielt den Evangelisten Johannes als Schutzheiligen, 
weil die Weihe am 27. Dezember vollzogen wurde. *°) a 
Wäre also die Weihe der ersten Stiftskirche am 29. September 
geschehen, so würden wir, gleich Mondsee, den hl. Erzengel Michael als 
Patron verehren; wäre die Konsekration am 11. November vollzogen 
worden, so hätte die Abtei den hl. Martin als Schutzheiligen erhalten. 
Nun aber ist das Münster an der Krems dem Weltheiland geweiht: 
Weihetagund Ausstellungsdatum des Stiftsbriefes 
istder 9. November, das Fest der Dedicatio S. Salvatoris. *°) Der- 
#*) E. Tomek, Kirchengeschichte Österreichs I 95. 
2%) Eine Erinnerung an diese Praxis lebt im Landvolk unserer Gegend in 
dem Brauch fort, dem Kind den Namen jenes Heiligen zu geben, an dessen Fest 
die Taufhandlung stattfindet. 
2%) Dr, Theophil Dorn, einer der besten Kenner der Geschichte von Krems. 
münster, gelangte zur selben Ansicht (Das Benediktinerstift Kremsmünster, Be- 
nediktusbote I 11). 
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DA *
	        
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