stinus hatte den Satz des Petilianus: „conscientia sancte dantis adten-
ditur, quae abluat accipientis (sc. conscientiam)‘“ !!®). angegriffen -und
gezeigt, daß man nie Sicherheit haben könne über die Würdigkeit des
Spenders der Sakramente, da man ja niemandem ins Herz sähe. Cresco-
nius dagegen glaubte mit allem Nachdruck den Satz des Petilianus ver-
teidigen zu müssen und verstieg sich zu der Behauptung, es komme
nicht auf die tatsächliche Reinheit des Gewissens beim Spender an, son-
dern auf seinen guten Ruf bei den Menschen. ***) Mit scharfem Spott
weist Augustinus dem Cresconius nach, er habe sich durch diese Be-
hauptung von vornherein jedes Rechtes begeben, Augustinus und alle
Dialektiker anzuklagen, sie würden durch ihre Künste das Wahre falsch
und das Falsche wahr machen. Wenn er behaupte, die Menschen könnten
innerlich und vor Gott gereinigt werden durch den falschen guten Ruf
eines fremden Gewissens (per famam falsam alienae conscientiae), so
mache er sich ja eines viel größeren Verbrechens schuldig als jene.
Denn nur, wenn man jenen nicht mehr dialektischen, sondern wahrhaft
sophistischen Grundsatz verteidigt. „Si mentiris, verum dieis‘“, lasse
sich die Behauptung des Cresconius aufrecht halten. Der Religionsdiener
der Donatisten würde ja dann wahr bei der Spendung der Taufe spre-
chen, wenn er die Menschen belüge und seine Verbrechen verheimliche.
„Si mentiris, verum dicis‘‘ war ein bekanntes Sophisma des Chry-
sippus. 177
„Hanc artem, quam dialecticam vocant, numquam doctrina chri-
stiana formidat.‘“ *!®) Zusammenfassend können wir diesen Satz an den
Schluß unserer Ausführungen über die Stellung St. Augustins zur Dia-
lektik im Traktat Contra Cresconium setzen. Freilich ohne Caritas hilft
auch alle dialektische Fertigkeit nichts. „Proinde et ista scientia . . . si
in aliquo sine caritate fuerit, inflat et nocet.‘“ !!?) Aber in rechter Weise
gebraucht, kann die Dialektik wie jede wahre Wissenschaft dem Reiche
Gottes nur nützen. Es hat freilich in der Kirche immer wieder Strömun-
gen. gegeben, die. in weltlichem Wissen und Philosophenweisheit eine
Gefahr für die Reinheit und Heiligkeit der Kirche sahen und die nur die
„Torheit des Kreuzes“ gelten lassen wollten. Ich erinnere bloß an die
Gegner eines Clemens und Origenes, an Tertullian, an die Donatisten,
an den Canon 16 der vierten Kirchenversammlung von Karthago
(398). 2°) an den Kreis um Petrus Damiani und an die anderen Anti-
15) C. litt. Pet. I, 1, 2 (CSEL 52, 4, 6f). |
46) Die bezüglichen Sätze aus der Epistola Cresconii zitiert Augustinus
II 17, 21 (380, 14 ff).
27) Vgl. A. Rüstow, Der Lügner, Diss, Erlangen 1910, 89f. Cicero scherzt
(Acad. II, 29, 95): „Quid igitur? Haec vera an falsa sunt: ‘Si te mentiri dicis idque
verum dicis, mentiris an verum. dicis? ‘Haec- seilicet inexplicabilia esse dieitis“.
Ähnlich Gellius, Noct. Att. 18, 2, 10. ;
18) I 20, 25 (346, 23ff). Ähnlich urteilt Augustinus über den Wert der
Dialektik. in De doctr. christ. II 31, 48 — 35, 55. (PL 34, 57 ff).
19) I 25, 30 (350, 23). | |
*9) Er bestimmt, „ut episcopus gentiles libros non legat, haereticorum
auftem pro necessitate et tempore“ (Labbe-Cossart, Sacrosancta Concilia, II,
Venedig 1728, 1438).
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