Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

zwischen Inspirator und Autor des Werkes, die früher schon durch- 
geführt wurde, mag dabei im Auge behalten werden. 
Die Auftraggeber waren Tassilo und Liutpirga. Sie dürften nicht 
nur den Zweck des Kelches bestimmt, sondern auch gewisse Wünsche 
und Richtlinien, etwa die Inschrift oder die Bilder an der Kuppa und 
des Fußes und die inneren Zusammenhänge damit betreffend ange- 
deutet haben. Alles übrige ist das Werk des Autors. 
Die Durchführung seiner Aufgabe zeigt ihn vor allem als tüchtigen 
Theologen. Die wirklich einzigartige Erfassung und Darstellung der 
Majestas Domini mit den vier Evangelistenbildern in ihrem  Wesent- 
lichem trotz der vielen vorliegenden oöberflächlicheren Darstellungen 
sind der schönste Beweis dafür. Die Disposition der großen Mannig- 
faltigkeit im Ziermaterial zur straffen Einheit, die feine Lösung der 
Frage der inneren Zusammenhänge am Fuß zwischen Inschrift, Bilder 
und Efeugirlanden u. ä. stellen ihn nicht nur als überragenden Kopf, 
sondern auch als feinfühligen Künstler dar. Besonders Letzteres hat 
er in vielen „Kleinigkeiten‘ am Kelch unter Beweis gestellt. Es soll 
nochmals hingewiesen werden auf die Flächenteilung auch der schmal- 
sten Silberstreifen durch Niellolinien,: wodurch ein so zartes Fließen 
auf der Oberfläche des Kelches erzielt wurde. Eine Schwäche des 
Meisters ist wohl seine große Abhängigkeit von den Vorlagen, die ihm 
manche Verlegenheit bereitet hat. Freilich darf man dabei nicht ver- 
gessen, daß dies eine Allgemeinerscheinung der damaligen Zeit war. 
Ganz hervorragend ist wieder die Technik. Seine Kerbschnittarbeit ist 
schon immer bewundert. worden. Viel zu würdigen wäre noch seine 
Tauschier- und Niellomanier, die ihresgleichen suchen dürfte. Wenn 
ihm hier besonders bei den Kuppabildern die Gestaltung der mensch- 
lichen und tierischen Figuren manche Schwierigkeit bereitet hat, so 
erleidet er eben das Schicksal. ziemlich‘ aller Meister seiner Zeit, die 
sich nicht streng an die antiken Vorbilder hielten. Man wird wohl nicht 
weit fehlgehen, wenn man.nach all dem Gesagten auf einen Mönch aus 
einem der Klöster von York und Umgebung, etwa Monkwearmouth 
oder Jarrow, der Heimat Bedas schließt, der dieses Meisterwerk ge- 
schaffen hat. Während auf dem geringeren Kunstwerk, dem Kelch von 
Petöhaza, am Nodus die eingegrabenen Worte: „GWINDBALD FECIT‘“ 
uns den Urheber des Werkes heute noch verkünden, hat die Bescheiden- 
heit des größeren Meisters uns seinen Namen leider vorenthalten. 
34
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.