Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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Sorgen und Kummer hatten seine Haare gebleicht und seine Kräfte 
erschöpft. Jahre lang trug er das Gefühl eines frühen Todes mit- 
sich herum. Er begehrte deshalb schon 1513 vom Abte Wolfgang 
von Mondsee. jenen Bruder seines Konventes auf Misericordias domini 
an sein Hoslager zu senden, „der für den vernünfftigisten vnd 
weisisten geacht" werde, „weil wir — so lauten die Worte des 
kaiserlichen Handschreibens — des Willens und Fürnehmens, daß wir 
gern unser Begräbnis bei unserem Leben aufrichten und ordnen woll¬ 
ten, welcher mafsen alle Sachen nach unserm Abgang gehalten und 
vollzogen werden sollen; darzu wir dann und sonoerlich'zu Aufrich- 
tuug unsers Testaments etlicher verständiger und Weiser Personen 
nothdürstig sind". Der Abt von Mondsee sandte seinen Priester 
Florian an das kaiserliche Hoftager. Aehnliche Aufträge erhielten 
auch andere Prälaten. Nicht lange Zeit darnach ließ sich der Kaiser 
einen Sarg anfertigen, in den einst sein Leichnam sollte gelegt werden. 
Unzufrieden mit dem Bau seiner Burg zu Jnsbruck, bei welchem der 
Baumeister seinen Wünschen nicht nachgekommen war, äusserte er 
gegen seinen treuen Diener Matthäus: „Sie machen mir nichts recht; 
ich selbst will mir ein Haus bauen nach meinem Sinn". Ganz in 
Geheim ließ er sich nun aus Eichenholz seinen Sarg anfertigen, mit 
starken Schlössern wol verwahrt, und führte ihn auf allen Reisen 
und Zügen mit sich, selbst als er 1516 den Heereszug gegen Mailand 
unternam. Jeden Abend ließ er sich denselben in seine Herberge 
bringen. Die Hofleute hatten allerlei Mutmassungen über die sorg- 
fältig verschlossene Truhe und thaten die Äusserung sie möchte wol 
Sachen von hohem Werte verwahren. Lächelnd bemerkte der Kaiser, 
sie sei allerdings für eine Sache bestimmt, die er zu den liebsten 
zähle, oder fertigte ihre Neugierde mit den kurzen Worten ab, es 
liege sein Testament oder letzter Wille darin; nach seinem Tode werde 
schon der Beichtvater nähere' Auskünfte geben. 
Nachdem es dem Kaiser auf der glänzenden Versammlung in 
Wien 1516, bei welcher die Könige von Ungarn und Polen persön- 
lich erschienen, gelungen war, durch die Verbindung seiner Enkel mit 
den Kindern des Königs Ladislav von Ungarn und Böhmen die 
Erwerbung dieser Königreiche anzubahnen, nachdem serners der lang- 
Wierde Krieg mit der Republik Venedig mit einem Wafsenstillstände 
geendlgt hatte, eilte er seine letzten Angelegenheiten in Ordnung zu 
bringen. Vor allem lagen ihm die Nachfolge seines Enkels Karl aus 
dem deutschen Kaiserthrone und eine feste Ordnung für seine Erblande 
auf den Fall seines Ablebens am Herzen. Deshalb wurde ein Reichs- 
tag nach Augsburg und ein Landtag der österreichischen Stände auf den 
St. Martin- dann auf den St. Othmarstag nach Donauwerth au^ 
geschrieben. Da indessen der Reichstag sich verzögerte, so kamen die 
Abgeordneten der hinterösterreichischen Erblande und zwar acht von 
jedem Lande gegen Schluß des Jahres 1517 in Wels zusammen.
	        
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