Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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mm. Kurz vor seinem Tode verlieh Maximilian den Bürgern von 
Wels in Bezug auf die Gerichtsbarkeit nachstehendes Privilegium: 
Unsere Lieben und Getreuen der Richter und Rat der Stadt Wels 
haben uns durch ihren Gesandten sürbringen lassen, wie es bei 
ihnen bisher Sitte und Gewohnheit gewesen, daß sie Üebelthäter 
und Verbrecher, die sich in ihren Gesängnissen befinden, vor dem Rat- 
Haus unter freiem Himmel mit unziemlichen Schimpsreden, unförmb- 
lichen Ausnehmbungen, und Worten gerichtet hätten, woraus dann 
durch die Umstehenden mehr Unfug und Schimpf entstanden, so daß 
der Schaden sich größer als der Ruhen von solchen Gerichten sich er- 
wiesen habe. Damit dies künstig nicht mehr geschehe, auch Empörung 
und andere üble Folgen verhütet werden, haben uns die Bürger um 
Aufhebung jenes Misbrauches gebeten, auf daß sie hinfort ihre Ver- 
brecher auf dem Rathause und bei geschlossenen Thüreu richten mögen. 
In Anerkennung der guten Meinung und des bisherigen Misbrauches 
sowie auch, daß desto sürbedächtlicher über Menschenblut möge gerichtet, 
auch Empörungen und anderes möge verhütet werden, serners in Ansehung 
der treulich geleisteten Dienste der Bürger zu Wels und in der Hoff- 
nung, daß sie auch fernerhin sich ebenso zeigen mögen, willfahrt der 
Kaiser ihrer Bitte, und hebt den alten Misbrauch auf. Der Magistrat 
erhält demnach die Erlaubnis, die Verbrecher bei geschlossenen Thüren 
im Rathause zu richten mit allen jenen Gebräuchen, wie es altes 
Herkommen ist. Nach Schöpfung des Urtheils foll man aber den 
Bann- und Blutrichter beiziehen und dieser soll mit etlichen aus dem 
Rate und der Gemeinde durch den Gerichtsschreiber dem Malesikanten 
das Urtheil vorlesen lassen und zwar auf freiem Platze vor dem versam¬ 
melten Volke. Hernach hat nochmals der ehgedachte ordentliche Richter 
in Kraft der ihm verliehenen Gewalt mit Mosen Schwerte und aller 
Solennität, wie es sich zu einer solchen Handlung gebührt, das gege¬ 
bene und geschöpfte Urtheil sich öffentlich unter hellem Himmel er- 
klären zu lassen, darüber seinen Stäb zu brechen und serner gegen die 
armen Leute zu verfahren, wie es das gesprochene Urtheil ausweist 
und wie es bei andern Fällen im Fürstentum Österreich im Gebrauche 
ist. Unter einem verlieh auch der Kaiser dem Stadtrat das Privi- 
legium, „daß sie bei ihren Petschaften und Jnsiegeln Wachs von 
roter Farbe gebrauchen mögen, so oft und wie sie es verlustet*). 
Kaiser Maximilians Hinscheiden in der Burg zu Wels 
12. Januar 1519. 
Kaiser Maximilian I. war früh alt geworden. Die übermässigen 
körperlichen und geistigen Anstrengungen im Krieg und Frieden, 
*) I. B. der Bürgerschule 1872, 47—49.
	        
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