Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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Ottonen keine geschlossene Gemeinschaft; Untertanen verschiedener 
Herren wohnten nebeneinander, ebenso freie Leute; in Sachen, die an 
Leib und Ehre giengen, hatten aber alle ihre Malstätte beim Gau- 
aerichte. Mancher freie Herr, der nur unter dem Könige stand, hatte 
fein Haus und seine hörigen Leute hinter sich in einem eigenen 
Zwinggerichte, dem sog. Hofrethte. Von einer eigen berechtigten Stel- 
lung der Städte war noch keine Rede. Vielmehr war die Stadt der 
Sitz des Gaugrasen oder doch ein Mittelpunkt des Gaues. Daher 
kommt es auch, daß sowol das Bistum Wirzburg als das Stist 
Lambach eigene Gerichte über ihre Leute in Wels innehatten. Uebrr- 
gens tritt uns Wels schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhundertes 
als organisirtes Gemeinwesen entgegen, den Stadtrichter an der Spitze, 
wie wir in den Urkunden gesehen haben, die über die Traunbrücke handeln. 
Um diese Zeit verkaufte das Hochstift Wirzburg seine Besitzungen 
in Wels an den Herzog Leopold von Ästerreich. Ennenkl berichtet 
dieses Ereignis in seinem Fürstenbuch mit den Worten: „Herzog Lew¬ 
polt chawft wider den pischof Heinrich von Wirzburg weis und 
die Lewt vnd alles daz aigen, daz da zu derselben stat gehört"l)- 
Lorenz Fries, fürstlich Wirzburg'scher Rat, erzählt, daß Keopold dem 
Bischof Otto I. 1300 Mark Silber vorgestreckt habe, wofür ihm der- 
selbe die Vorwerke und das Pflegamt Lambach versetzte, was auch aus 
dem vom Bischof Otto I. und seinem Capitel ausgestellten Pfand- 
briefe vom 27. August 1216 hervorgeht'^); da aber das Capitel die 
Pfandsumme zu gering befunden, habe der Herzog, weil das Bistum 
verschuldet war, noch 200 Mark unter der Bedingung dazugegeben, 
daß ihm alles das, was dem Hochstifte Wirzburg zu Lambach an 
Land und Leuten gehöre, als Eigentum überantwortet werde. Hieraus 
folgt, daß der förmliche Verkauf der Wirzburg'fchen Besitzungen erst 
nach dem 27. August 1216 vor sich gegangen sei. Wenn auch der 
Herzog Leopold 1215 in foro nostroWels urkundet. so geht daraus 
nicht hervor, daß der Herzog vor 1215 die Wirzburg'schen Besitzungen 
in und um Wels gekauft habe, sondern der Herzog Leopold die Lan- 
deshoheit in Wels innehatte, welche von den Grafen von Lambach 
an die Formbacher, von diesen 1158 an die steirischen Otakare, von 
diesen 1192 an die Herzoge von Ästerreich durch Erbschaft überge- 
gangen war ^). Um die herzoglichen Besitzungen um Wels noch wei- 
ters zu arrondiren, trat Herzog Leopold mit dem Stifte Lambach in 
Unterhandlung. Derselbe gab nämlich dem Stifte für alle Rechte an 
x) Rauch, Script., L, 24U. Nichtig Bischof Otto. 
2) Hormayr, Archiv 1627, 706. Fries, Wirzbnrger Chronik, I., 306—07. 
3) Vgl. Striiadt, Penerbach, 123—24. Bon der Kaufsumme für Lambach 
sollte nach der Bestimmung des Bischofes und Capitels ein Allod der Frau von 
Abenberg angekauft und dessen Ertrag dem Bischof zugewiesen werden, serners der 
Bischof 1000 Mark zur Zahlung der Schulden und andern Zwecken verwenden, das 
Capitel 500 Mark zur Aufbesserung der Pfründen und zum Jahrtag Adalberos 
erhalten, der Rest zur Einlösung der versetzten Güter aufgewendet werden. Hiernach
	        
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