Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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brechenden Krankheit die lange und beschwerliche Reise nicht mehr 
wagen. Er hatte zwar schon die für die Pilgerfahrt notwendigen 
Vorbereitungen getroffen und für den Fall, als er auf dem Zuge 
kinderlos sterben sollte, den Herzog Leopold von Österreich zum Erben 
seines Landes eingesetzt, wie dies aus einer Urkunde von 1184 hervor- 
geht. In diesem Jahre zeigte sich aber auch aussen das bisher ver- 
borgene Uebel nämlich der unheilbare Aussatz und verbreitete sich 
allgemach über den ganzen Körper. In düsterer Stimmung wollte 
er sogar die Steiermark an Herzog Leopold um einen geringen Preis 
verkaufen, doch brachten ihn feine Ministerialen von diesem Entschlüsse, 
als dem Lande nachtheilig, wiederum ab. Er beschloß nun, durch einen 
ordentlichen Vertrag seine Herrschaft unter günstigen Bedingungen für 
das Land und die von seinen Vorfahren gestifteten Klöster an Leopold 
zu übertragen, da er selbst als der Einzige und Letzte seines Stammes 
bei seiner Krankheit keine Hoffnung mehr hatte, einen Leibeserben zu 
erhalten, Herzog Leopold aber ihm durch die Bande der Freundschaft 
und Verwandtschast nahe stand und beide Länder Steiermark und 
Österreich, unter einem Herrscher vereinigt, nur an Ansehen und 
Macht gewinnen konnten. Herzog Otakar schrieb daher auf den 
17. August 1186 eine grosse Versammlung nach feiner Stadt Ens 
aus. Er felbst ritt mit vielen Edlen und Ministerialen in seine 
Burg aus dem St. Georgenberg ausserhalb dem jetzigen Schlosse 
Enseck ein; auch Herzog Leopold VI. von Österreich und sein Sohn 
Friedrich, damals 12 Jahre alt, erschien mit vielen Edlen des Landes 
aus der Versammlung. Hier setzte Otakar die beiden Herzoge von 
Österreich sür den Fall seines Ablebens förmlich und feierlich zu Erben 
seines Landes ein und stellte hierüber eine Urkunde aus. Die Herr- 
schaft behielt sich zwar derselbe bis zu seinem Tode bevor, jedoch 
geschahen manche Regierungshandlungen gemeinsam Der Enser Ver- 
trag erhielt auch die Bestätigung des Kaisers. Die wenigen Jahre, 
welche Otakar noch gegönnt waren, brachte derselbe mit Werken der 
Frömmigkeit und des Wohlthuns hin. Er starb am 8. Mai 1192 
und wurde in der Karthause Seiz in Steiermark begraben; später 
aber kamen seine Ueberreste in das Cisterzienserstist Rein bei Graz 
und ruhen nun dort in der Begräbniskapelle des Herzogs Ernst des 
Eisernen. Mit ihm erlosch der Stamm der steirischen Otakare, welche 
milde, klug und wohlthätig über einen grossen Theil unseres Landes 
geherrscht und denselben in Eultur zu hoher Blüte gebracht haben. 
Nach Otakar's Tod eilte Herzog Leopold VI. an den kaiserlichen Hof 
zu Worms und erhielt daselbst am 24. Mai die Belehnung mit der 
Steiermark. Er zog dann nach Graz und nahm auf dem Landtag 
dafelbst die Huldigung entgegen'). 
x) <Pri£, L, 271-73.
	        
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