Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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biß Ungarn um so kräftiger bekriegen zu können, setzte König Otto I. 
Gränzgrafen ein. Unter diesen gelang es Liupold aus dem Geschlechte 
der Babenberger, die Gränzburg der Ungarn in Melk 984 zu erstür- 
men und dieselben über den Kalenberg zurückzuwerfen. Durch ihn 
wurde die Ostmark festbegründet und den Einsällen der Ungarn ein 
fester Damm entgegengestellt. Diese Ostmark — Ostreich, Ostarrichi — 
bildet den Grundstein des heutigen österreichischen Kaiserstaates '). 
Von der Zeit der ungarischen Einfälle schreibt sich auch die 
Errichtung der festen Plätze, Burgen und Festungen her. Seit 900 
war nie Ruhe und Sicherheit im Baierlande. Die offenen Orte 
wurden verbrannt, Klöster und Kirchen zerstört; die Bewohner des 
flachen Landes verbargen sich auf unzugänglichen Bergen, in Schluchten 
und Wäldern, wohin die ungarischen Rossen nicht zu dringen der- 
mochten; was sich nicht rechtzeitig flüchtete, wurde ermordet oder in 
Gefangenschaft geschleppt. Unl nun das Land leichter vertheidigen zu 
können, um sowol Eigentum als Leben in Sicherheit zu bringen, 
bauten die Bewohner der Städte und grössern Orte Mauern um ihre 
Häuser und gruben tiefe Gräben. Auch die Adeligen auf dem Lande 
verwandelten ihre Höfe in- feste Plätze und bauten auf fchon von 
Natur befestigten Punkten, wie auf steilen unzugänglichen Bergen ihre 
Schlösser und Burgen. Wels erscheint wol schon 776 als befestigter 
Ort, als ein Castrum; es ist aber wahrscheinlich, daß dasselbe zur 
Zeit der ungarischen Einfälle noch mehr befestigt worden sei. Wie 
die alte Ensburg — Anesipurch — die Enslinie vertheidigte, so hatte 
das Castrum in Wels die Aufgabe, den Traunübergang zu behaupten. 
Die sog. Grafen von Lambach-Wels und die Grafen Volt» 
Formbach. 
Als nach der Niederlage der Ungarn auf dem Lechfelde nach 
Baiern wieder geordnete Zustände zurückkehrten, hatten sich die Ver- 
Hältnisse vollständig geändert, die Gaue waren zerfallen und in 
Comitate aufgelöst; die grosse Zahl der Freien war verschwunden, zu 
Hörigen oder Schutzbefohlenen herabgesunken, während sich die Mini- 
sterialen, ursprünglich Hörige, unter dem Einflüsse des Feudalsystems 
zu reisigen, waffenfähigen Leuten emporgeschwungen hatten. Der 
Heerbann selbst löste sich mit der Verminderung der dazu verpflichteten 
Freien auf und verwandelte sich in ein Heer aus Lehensmauen und 
deren Gefolge. 
x) Ägl. Pritz, L, 2M— 49.
	        
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