Volltext: Geschichte der Stadt Wels in Oberösterreich (I. Allgemeiner Theil)

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Stände eine Deputation nach Prag, um sich über das eigenmächtige 
Vorgehen des Landeshauptmannes zu beklagen und um Gestattung der 
Religionsübung nach dem Augsburger Bekenntnisse zu bitten. Das 
Gesuch wurde aber zurückgewiesen und auf eine weitere Vorstellung 
unter 18. October 1598 den Prädikanten die Räumung des Lande's 
binnen acht Tagen aufgetragen. Auch befahl der Kaiser dem 
Landeshauptmann, jene Pfarren, welche die Stände blos der Vogtei 
wegen an sich gerissen hätten, zurückzuerstatten und nicht zu dulden, 
daß die Prädikanten außerhalb der Schlösser öffentliche Exercitia 
halten. So begann 1598 die Gegenreformation. Der Landeshaupt- 
manu Hans Jacob Löbl und sein Mitkommissär Dr. Paul Garz- 
Weiler kamen am 7. Januar in Wels an. Wenn nicht schon 
1597, scheint bei dieser Gelegenheit die Abdankung des Prädikanten 
Joses Collinus erfolgt zu sein. Die Ratsprotokolle werfen interessante 
Schlaglichter auf die Tage, in welchen die Gegenreformation im Zuge 
war. Die Bürgerschaft von Wels stemmte sich mit aller Macht da- 
gegen. Die eifrigsten Anhänger des Augsburger Bekenntnisses gingen 
sogar nach Schleißhcim. um ihre Kinder taufen zu lassen. Zwei Ab- 
geordnete der Stadt Stehr waren auch nach Wels citirt worden; 
diese weigerten sich aber, ihre Prediger abzudanken. Von Wels aus 
setzten die Commissäre ihr Reformationswerk fort, welches die Stände 
mit aller Macht zu hindern suchten. Der Kaiser blieb aber stand- 
hast; er verbot nicht allein am 3. Februar 1600 strenge den Prädi- 
kanten, Taufen und Trauungen bei Bürgern und Bauern vorzunemen, 
sondern ertheilte auch den Commissären am 5. März die Vollmalt, 
den evangelischen Gottesdienst und die Schule im Landhause zu Linz 
abzuschaffen und die drei Prediger auszuweisen. Am 28. März er- 
schien ein neuer Befehl des Kaisers, welcher die Abschaffung der pro- 
testantischen Schulen und Religionsübung zu Linz, Stehr, Wels wie 
in andern Städten und Märkten verordnete. Allein dies alles hielt 
sich nicht für die Länge der Zeit. Die Stände schickten Gesandte, 
Erasmus Tschernembl an der Spitze, nach Prag, um dem Kaiser 
Vorstellungen zu machen. Während noch die Gesandten in Prag weil- 
ten, riesen der Herren- und Ritterstand die Prediger zurück und führ- 
ten den protestantischen Gottesdienst wieder im Landhause ein. Erz- 
herzog Mathias erließ zwar am 16. Februar 1601 den strengsten 
Befehl an die evangelischen Prediger und Schulmeister, Linz und alle 
landesfürstlichen Städte zu verlassen, allein die Stände thaten das 
Gegentheil ^). Auch in Wels blieben die Prädikanten, wie wir oben 
bereits gesehen haben. Am 19. Juni 1601 wurde der Bürgerschaft 
der kaiserliche Befehl mitgetheilt, daß sie sich bei der Fronleichnams- 
procession betheiligen solle, die Bürger aber erklärten, daß sie der 
Procession nicht anwohnen werden, jedoch den Pfarrer nicht hindern 
') Vgl. Pritz, II., 307—22. Strnadt, Peuerbach, 497—510.
	        
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