Volltext: Der Einfall des von Kaiser Rudolf II. in Passau angeworbenen Kriegsvolkes in Oberösterreich und Böhmen

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die verdiente Strafe für alle jene Grausamkeiten gewesen, die er 
entweder selbst verübt oder doch seinen Truppen ungestraft habe 
hingehen lassen; andere glaubten, Kamee habe so das ungerechte 
Urtheil büssen müssen, welches an den neun Officieren in Budweis 
vollzogen wurde. 1 ) Gelte diese Behauptung, so wäre es unerklärbar, 
warum Leopold der heiligen Gerechtigkeit erst so spät seinen Lauf 
gelassen und den Kamee nicht früher gestraft habe, da er doch 
so viele Wochen ohne allen Dienst in Kassau zugebracht hat. Wir 
kennen bereits Leopolds Bemühungen, die er bis auf den letzten 
Tag der Abdankung des Passauer Volkes angewendet hat, dasselbe 
noch länger beibehalten zu können. Es war ihm voller Ernst, den 
König Mathias zu stürzen und sich auf den Thron Böhmens zu 
schwingen. Als alle Aussichten eines guten Erfolges verschwunden 
waren, konnte sein Unwillen gar leicht gegen denjenigen in helle 
Flammen ausbrechen, der das ihm aufgetragene Werk nicht zustande 
gebracht hat. Es wäre eben nichts Unerhörtes, dass ein Feldherr 
oder ein Minister es hart büssen musste, wenn sich sein Fürst in 
seinen auch noch so kühnen Hoffnungen getäuscht sah. Möglich 
wäre es auch, dass den Obersten Kamee die Rache des Königs 
Mathias verfolgt hätte und dass sein Tod als Genugthuung wäre 
gefordert worden, ohne welche Leopold keine Versöhnung hoffen 
durfte. 
Wir kennen nun den Hergang des unseligen Bruderzwistes 
zwischen Rudolph und Mathias. Höchst unglücklich sind die Völker, 
deren Throne auf irgendeine gewaltthätige Weise erschüttert 
werden, sei es durch einen auswärtigen Feind oder durch innerliche 
Kriege und wilden Aufruhr der Unterthanen: immer werden tausende 
der Unterthanen aufgeopfert und ihr Wohlstand auf viele Jahre hin 
zerstört. Die Erfahrung hat es bis auf unsere Zeiten herab gelehrt, 
dass es für ein Volk nichts Schrecklicheres gebe als eine Revolution. 
Oesterreich und Böhmen können als traurige Beweise dieser Be 
hauptung aufgestellt werden. Der Schaden, welchen das Passauer 
Volk verursacht hat, wäre noch etwas Geringes gewesen; das 
Schlimmste dabei war das üble Beispiel, welches Mathias den Unter 
thanen gegeben hatte, dass es in ihrer Willkür stehe, einen Fürsten, 
mit dessen Regierung man nicht zufrieden wäre, abzusetzen und 
sich einem anderen zu unterwerfen. Dieser höchst verderbliche 
Grundsatz, noch dazu von dem eigenen Bruder des Regenten auf 
gestellt und ausgeführt, brachte eine unabsehbare Reihe von Uebeln 
*) Thuan. Cont. p. 350. Balbini Epitome. p. 621.
	        
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