Volltext: Der Einfall des von Kaiser Rudolf II. in Passau angeworbenen Kriegsvolkes in Oberösterreich und Böhmen

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lieh sein Bruder Mathias/ diesen Thron einmal einnehmen sollte, 
war es, der ihn unablässig quälte. Eine tiefe Abneigung, hervor 
gerufen durch die Verschiedenheit des Charakters und den unleug 
baren Ehrgeiz des Mathias, der, wie Rudolf klagte, die Land 
schaften wider ihn verhetzte, hatte sich des Kaisers bemächtigt. 
Schon seit dem Ende des Jahres 1606 sprach er bei mannigfachen 
Gelegenheiten die Absicht aus, dem Erzherzoge Leopold die Nach 
folge im Reiche zu verschaffen. Er wollte seinem Bruder ja keinen 
Zweifel übrig lassen, dass er an ihn gar nicht denke. Damit hatte 
aber Rudolf den Ehrgeiz des jungen Fürsten geweckt, von dessen 
Haupte die besorgte Mutter Marie vergeblich die Aufmerksamkeit 
Rudolfs abzulenken suchte. 1 ) Als bei den langen, stürmischen Ver 
handlungen, welche der Ertheihmg des Majestätsbriefes voraus- 
giengen, die katholische Partei am Prager Landtage für die 
Zurückweisung der protestantischen Anmassungen eintrat und vor 
beAvaffnetem Widerstande nicht zurückschreckte, rieth man dem 
Kaiser, um die katholische Religion vor dem drohenden Unter 
gänge zu retten, ein Heer von wenigstens 20.000 Mann aufzu 
stellen. Der Befehlshaber sollte der Erzherzog Leopold sein. Der 
Nuntius, der spanische Gesandte, die katholische Partei setzten die 
grössten Hoffnungen auf den damals 23jährigen Jüngling. Er war 
fest, entschieden und eifrig in seiner katholischen Ueberzeugung, 
dabei von brennendem Ehrgeiz und Thatenlust. Heiter und lebens 
lustig, besass er Avenig Neigung zu dem geistlichen Stande, zu dem 
man ihn seit frühester Jugend bestimmt hatte, und Avar viel mehr 
aufgelegt, an der Spitze einer Armee die sinkende Fahne seines 
Hauses und Glaubens zu ergreifen, als mit Inful und Stab die ent 
sagungsvollen Wege eines katholischen Bischofs zu wandeln. Eine 
zarte Neigung zog ihn zu Magdalena, Tochter des alten Herzogs 
Wilhelm V. von Baiern und Schwester des grossen Maximilian, hin, 
über welche er beide Fürsten durchaus nicht im unklaren liess. 
Im geistlichen Stande, von dessen Verpflichtungen Leopold durch 
päpstliche Dispens gelöst werden konnte, sahen sie kein Hindernis, 
wohl aber in dem Mangel von Ausstattung mit eigenen Ländern, 
und vertrauten nicht allzu viel auf die Erfolge des von Ehrgeiz und 
Liebe, nicht so von Ueberlegung und Lebenserfahrung geleiteten 
Prinzen. * 2 ) 
*) Gindely 1. c. Bd.I, 8. 85. 
2 ) Siehe darüber die Nachweise bei Harter 1. c. S. 405, 407, 487. Auf 
S. 407 lässt Ferdinand durch seinen treuen Rath Casal Leopold Vorhalten, die 
Ursache der Verwirrung am Prager Hofe sei, dass er eine Vermählung mit der
	        
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