Volltext: Kulturgeschichtliche Bilder vom Abersee

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die Aberseer zu Fuß in die Wirtshäuser nach St. Wolfgang. Und 
wenn es dann, wie gewöhnlich, zu einer Balgerei kam, so wurde sie 
mit Vorliebe draußen auf deni Eis ausgetragen, da hatte man Platz 
genug und glaubte sich ungestört. Vor dem Hüttensteiner Pfleger, der 
hier Recht zu sprechen hatte, war man freilich sicher,') nicht aber vor 
dem Marktrichter von St. Wolfgang, der keine Gelegenheit versäumte, 
gegen Salzburg Präjudizien zu schaffen. Als in der Fastnacht 1656 
ein solcher Handel da zum Austrag kam, war der Wolfganger Richter 
gleich zur Stelle, hob den Gerichtsstab, das Zeichen seiner Würde, 
über den Streitenden und trennte sie mit dem gezogenen Schwert. In 
ihrer Überraschung gelobten die beteiligten Hüttensteiner dem schlauen 
Marktrichter auf sein Verlangen, sich am nächsten Tag dem Wolf 
ganger Gericht zu stellen. Als sie dann erschienen, wurde ihnen kein 
Haar gekrümmt. Der Wolfganger war schon zufrieden, daß sie über 
haupt kamen. In Hüttenstein aber war man über diesen offenbaren 
Rechtsbrnch außer sich und forderte die Auslieferung der Schuldigen, 
natürlich vergebens?) Dreißig Jahre später kam es zu einem weit 
ärgeren Auftritt. Am Faschingsonntag 1685 ging ein Bauer mit seinen 
Söhnen über den See heimwärts, als eben die Glocken in St. Wolf 
gang zum Türkengebet läuteten. Als nun einer der Söhne den Hut 
nicht abnahm, kam schon der Richter vom Markt dahergelaufen und 
riß ihm den Hut vom Kops. Einige Burschen, die sich in der Nähe 
beim Eisschießen vergnügten, waren gleich zur Stelle, und nun ging 
die Rauferei los, bei der der Richter selbst auch etwas abkriegte. Die 
Hüttensteiner wurden schließlich überwältigt und in Eisen und Banden 
in das Gefängnis nach Wolfgang geliefert?) Dein Hüttensteiner Pfleger 
gelang es diesmal, zwei dabei beteiligte Wolfganger auf salzburgischem 
Boden abzufassen und festzusetzen. Dann wurde nach altem Brauch 
hin und her protestiert. Dabei ist viel Tinte verschrieben worden, ein 
Erfolg aber ivar auf keiner Seite zu verzeichnen. 
Es ist eigentlich zu verwundern, daß man in Salzburg, wo man sich 
über jeden einzelnen Fall von Grenzübcrtretung nicht wenig aufregte, nach all 
den Erfahrungen nicht auf den Gedanken verfiel, das Pfleggericht näher an die 
Grenze zu verlegen. Die meisten dieser Zwischenfälle hätten zugunsten Salzburgs 
ablaufen müssen, wenn die Hüttensteiner Obrigkeit nicht immer zu spät gekom 
men wäre. 
2 ) Hofr. Hüttenst., Nr. 15. 
°) Ebenda, Nr. 27.
	        
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