Volltext: Neunzehntes Bändchen (19. 1937)

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Johann Sigl: 
Kurze Bemerkungen. 
 
Engel übertragen Kirchenbaumaterial. 
In manchen Orten, z. B. in Niederwaldkirchen, St. Mar¬ 
tin, Pfarrkirchen, trifft man die Ueberlieferung, das Volk 
hätte die Ortskirche an diesem oder jenem Platze gewünscht 
und dorthin auch schon einiges Materiale gebracht, doch 
sei letzteres von den Engeln weggetragen und da niedergelegt 
worden, wo dann die Kirche wirklich erbaut wurde und heute 
noch steht. Wie sollen nun diese an gar nicht wenigen 
Orten zu hörenden Mitteilungen zu erklären sein? Viel¬ 
leicht so: 
Schon in der Hl. Schrift (z. B. Malach. 2, 7; Apok. 
1, 20 und 19, 10) finden wir manchmal für Priester die 
Bezeichnung „Engel" und auch heute noch nennt das Volk 
in den auswärtigen Missionsländern die Priester wiederholt 
Engel und so mögen auch unsere Vorfahren die zu ihnen 
gekommenen christlichen Glaubensboten genannt haben. Es 
mag aber da manchmal über die Wahl des Kirchenbau¬ 
platzes eine Meinungsverschiedenheit entstanden sein zwischen 
den Missionsmönchen und manchen Leuten, welche, um 
ihren Willen leichter durchzusetzen, voreilig auf die von ihnen 
gewünschte Kirchenstätte Baumaterial gebracht hatten. Die 
Missionspriester schafften aber dann durch den mit ihnen 
übereinstimmenden Bevölkerungsteil diese Baugegenstände 
an den von ihnen als für den Kirchenbau viel günstiger 
erkannten Platz; sie, die schon überhaupt häufig Engel ge¬ 
nannt wurden, haben vielleicht einen solchen Transport feier¬ 
lich gestaltet, indem sie ihn in kirchlicher Kleidung unter 
Gebeten und Hl. Gesängen begleiteten. Das war dann die 
Materialienübertragung durch die Engel, durch welche wohl 
die Platzfrage endgültig entschieden worden sein wird. Ver¬ 
gleicht man in Orten, in welchen die eingangs erwähnte 
Volksüberlieferung besteht, den von der Bevölkerung ge¬ 
wünschten Bauplatz mit den jetzigen der Kirche, so wird 
man finden, daß letzterer der günstigere ist. 
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