Volltext: Siebzehntes Bändchen (17. 1933)

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brachte. Leider besitzen wir aber ü!ber diese Hussitenstürme, 
so schrecklich' sie auch waren und so lange sie auch dauerten, 
nur wenige verbürgte Nachrichten. Es werden ja manche 
geschehene Ausschreibungen nachher wieder verloren gegangen 
sein, doch gewinnt man den Eindruck, daß nach Aufhören der 
so fürchterlichen Heimsuchungen noch alles durch lange Zeit 
wie gelähmt und auch durch den Wiederaufbau so sehr in 
Anspruch genommen war, daß man zu Ausschreibungen viel- 
fach gar nicht kam. So wissen wir auch gar nicht sicher, 
ob österreichische Streitkräfte zur Verteidigung des Muhlvier- 
telsan Stelle waren und ob da bedeutendere Kämpfe statt- 
gefunden haben; auch die Zeit mancher Einfülle kann nicht 
genau angegeben werden. Es hatten die Hufsiten gleich vom 
Ansang an einen sehr kriegswichtigen Anführer mit Namen 
Zizka, der bei seinem großen Organisationstalente es ver- 
stand, die „Wagenburg" (= viele an einander geschlossene 
Kriegswagen) und die damals noch neue Artillerie sich zu 
Nutzen zu machen und aus den minderwertig bewaffneten und 
wild zusammengelaufenen Haufen ein schlagfertiges Feldheer 
zu bilden; bald konnte er sich auf breite Massen stützen. 
Spione in allen möglichen Verkleidungen hatten die zu be- 
kriegenden Gebiete auszukundschaften und auch« in die Festun- 
gen suchte man bewaffnete hussitische Leute einzuschmuggeln. 
Durch diese Spionage waren die Hufsiten stets von allen 
Schritten ihrer Gegner unterrichtet. Die hussitischen religio- 
sen, nationalen und sozialen, und zwar kommunistischen, Lch- 
ren sollten durch das Schwert verbreitet werden und das 
Krie-gsvolk sich durch Raub selbst erhalten. Aus unserer 
Seite herrschte leider Uneinigkeit innerhalb der zur Abwebr 
berufenen Adeligen und auch Verräter fanden sich; die 
leidige Geldsucht verleitete „ertlich Kaufleut", vor allem aber 
Juden, dazu, dem Feinde Lebensmittel, Waffen und Kriegs¬ 
geräte zur Bekämpfung der Katholiken zu liefern. 
Den Kampf begannen nun die Hufsiten in Südböhmen 
gegen die dortigen Katholiken und Deutschen im Jahre 1420; 
in der Folgezeit machten sie aber dann Einfälle in die 
Lausitz, in Schlesien, Mähren, Ungarn, Oesterreich, Bayern 
und Sachsen, um überall ganz schrecklich zu wüten; ein 
Sprichwort in jenen Zeiten sagte: „Meißen und Sachsen 
verderbt, Schlesien und Lausitz zerscherbt, Bayern ausgenärbt, 
Oesterreich verheert, Mähren verzehrt, Böhmen umgekehrt".
	        
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