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solches geschehen ließ, fanden sich doch einige „mitleidige
Helfer" — welche meistens Helfer und Täter in einer Person
waren die es doch fertig brachten, die verschlungendsten
Knoten unter größtem „Bedauern" über das „Mißgeschick"
zu lösen. Aeltere Spinnerinnen brachten es schon selbst
fertig. Nachdem das Rad wieder in Stand und Schwung
gebracht worden war, ging das Spinnen wieder los, bis
es finster war. Dann packte man Rocken und Rad und heim-
zu ging es, nachdem man sich bei den biederen Nachbars-
leuten für Speise und Trank — bei der Nachbarin auch für
die ausgeteilten Batzen bedankt und dann mit dem üblichen
Gute-Nacht-Gruß verabschiedet hatte. Draußerm Türl wurde
gewöhnlich noch ein Schneeballgefecht ausgefochten, bis die
frierenden Finger nicht mehr mittaten. Daheim wurde dann
der obligate Fünfer oder Strähn abgehaspelt und nach-
her ging es an die M a h l z e i t a r b e i t. Dies ist die
erste Gattung der Roasn.
Die „feirat'n Roas'n".
Die zweite Gattung derselben waren die sogenannten
f e ir a t'n Roa s'n. Diese fanden meistens unter fernwohnen-
den Verwandten statt oder auch beim Göd'n und bei der
God'n. Die Männer huldigten dem Kartenspiel und der
Pfeife, politisierten dabei, auch Krieg geführt wurde ganz
lebhaft, die Weiber strickten und nähten gar emsig. Das
übliche Anschauen der Stallungen, und Wirtschaftsgebäude
war auch hier Sitte. Die Jause fiel etwas nobler aus,
denn bei den Rockaroasn. Es marschierte Gugelhupf und
Gebackenes auf; diese Gattung Roasn waren mehr familiär.
Aber auch hier schlug sich der Humor wieder durch. Waren
junge Leute dabei, die keinen rechten Sitz hatten, wurden
Spiele arrangiert, so zum Beispiel „Der Plumpsack geht
um" oder „Handwerksbürscherlaustreiben" usw. Das Geschich-
tenerzählen war bei solchen Anlässen sehr im Brauch. Ich
habe einen Mann gekannt, der Stunden hintereinander zu
erzählen wußte und er erzählte mit an Geschmack. Nie-
mand wurde müde, ihm aufzuhorchen, gespannt, oft aufs
äußerste, hing alt und jung an seinem Munde, und zum
Schluß sagten alle: Das war wirklich schön! Auch die
Kriegsgeschichten von anno 48 und 59 und 66 kamen auf's
Tapet. Dieser Mann war überall gern gesehen und oft
eingeladen ob seiner Erzählungskunst.