Volltext: Fünfzehntes Bändchen (15. 1931)

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Damit das Brecheln rascher erledigt werden kann, bauen 
mehrere Bauern gemeinsam eine Haarstube. Es gibt offene 
und geschlossene Haarstuben (mit und ohne Dach). Je eine 
geschlossene Haarstube steht in Saulnau, Berdetschlag und 
Kandlschlag. Die Klafföckerhaarstube ist eine offene und 
gehört sechs Dorfbauern. 
Am Freitagmorgen fuhr der Bauernhansl (Schmid) mit 
90 Beösn (Haarbündel) und Buchenscheitern gegen die Ober¬ 
mühle zur Haarstube. Ein Metzen Linsat wurde angebaut, 
damit diese Haarbündelanzahl aus der Erde wuchs. Heuer 
war es zu trocken, sonst hätte dieses Saatgut leicht 150 
Beösn liefern können. Hinter dem Wagen marschierten 
lachende Wesen, zwei Burschen, ferner Weiber und Mädchen, 
diese mit dem Steußn beladen. Das sind die Brechler. Zehn 
Minuten ostwärts vom Dorfe hält das Fuhrwerk. Aus der 
linken Straßenseite zieht sich gegen Norden ein Grasabhang 
hin. Diesen steilen Abhang oder „Stöckn" ist ein vier¬ 
eckiges Mauerwerk aus Steinen hineingebaut. 
Oben liegen armdicke, grüne Prügel und nach Süden, 
gegen die vorliegende Mulde, hat die Mauer eine Tür- 
spalte, die durch Bretter verschlossen werden kann. In diesem 
zwei Meter tiefen Räume, Ofen geheißen, machte der Bauer 
Feuer. Auf die oberen Holzprügel legt er nun den trockenen 
Haar, welcher droben sehr dürr wird. Die Brechlerinnen 
sitzen auf ihren Steußnsitz und besprechen vorläufig dringende 
Dorfneuigkeiten. Jetzt gibt der Bauer dürren Flachs her- 
unter. Derselbe wandert durch die Haarwalze, die der 
Knecht treibt. Das steife Flachsstenglein wird hiedurch 
mehrmals gequetscht und läßt unnütze, harte Pflanzenteilchen 
zur Erde fallen. Endlich, bekommt jede Brechlerin von der 
Haarwalze her eine „Handvoll" Flachs. Dieselben legen die 
Handvoll Haar auf die drei Buchenbrettchen und schlagen 
mit dem Schlögl nun tüchtig drauf los. Das Gerede bricht 
zeitweise ab, denn der dürre Haar staubt ordentlich und 
zu den Füßen rutscht der wertlose Stengelabfall, genannt 
"Abm". Da kommt ein leises Lüftchen und fegt die Luft 
rein von Staub und Rauch. Ist wieder gut, daß es eine 
Haarstube ohne Dach ist. Durch das Klopfen mittels des 
Steußn wird der Flachs nachgiebig und weich. Zu einer 
„Handvoll" kommt die zweite, zwei Handvoll ist „1 Paar", 
18 Paar ist „1 Zocha". Eine Zocha wiegt drei bis vier 
Kilogramm. Neun Brechlerinnen brecheln an einem Tage
	        
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