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Johann Sigl in Kleinzell:
Georg Matthäus Vischer besten Heimat-
kundlichen Andenkens.
Ganz unschätzbar sind die Verdienste, die sich dieser
Mann um die Heimatkunde auch unseres oberen Mühlvier-
tels schon vor 250 Jahren erworben hat. Vischer war 1638
zu Wenns in Tirol, im oberen Inntale, geboren; er studierte
Theologie und wir treffen ihn als Priester 1666 im damals
bayerischen Andrichsfurt, von wo er aber im gleichen Jahre
als Pfarrer nach dem oberösterreichischen Leonstein kam. Mit
der Kunst der Bodenmessung wohl vertraut und für Zeichnen
ganz einzig veranlagt, machte er jetzt den oberösterreichischen
Ständen den Antrag, eine Karte dieses Landes herzustellen.
Er erbat sich auch vom Bischof zu Passau, zu dessen Diözese
ja damals ganz Oberösterreich gehörte, die Erlaubnis, sein
Pfarramt selbst nur im Winter, zu den anderen Jahres-
zeiten aber durch einen Stellvertreter ausüben zu dürfen,
um die zur Aufnahme unseres Landes nötigen Reisen machen
zu können. Schon im nächsten Jahre 1667 hatte Vischer ganz
Oberösterreich mappiert und auf 12 Blättern eine so eigen-
artige und prächtige Karte geschaffen, daß man sich an ihr
wirklich nicht satt sehen kann. Vischer gibt auf derselben
nicht bloß die einzelnen Orte an, sondern bei jedem zeichnet
er auch fein und zierlich das wichtigste Gebäude ein, die
Kirche, das Schloß, die Stadtmauer, die Ruinen, so daß sich
seine Kartenblätter wie Kleinbilderbogen ausnehmen und die
Kinder versucht werden, mit dem Ausschneiden anzufangen.
Es ist bemerkenswert, daß Vischer auf fast allen Kirchtürmen
das Passauer-Kreuz zeichnet, nämlich jenes mit zwei Quer-
balken, durch das Passau das alte Diözesangebiet anzeigen
wollte: längst gehört unser Gebiet nicht mehr zu Passau,
aber sein Kreuz hat sich bis heute noch erhalten auf manchen
Kirchtürmen (wie z. B. St. Martin) und auf vielen Feld
kapellen und Bildsäulen. Vischer verbindet mit seiner Land--
karte auch einen guten Teil der Landesbeschreibung, indem
er durch höchst gefällige und mit anmutenden Versen versehene
Nebenzeichnungen Nachricht gibt von der hauptsächlichen Er-
werbstätigkeit der einzelnen Landesteile, wie er z. B. für das
obere Mühlviertel mit Leinwand beschäftigte Personen zeigt
mit der Überschrift: „Golschen, Leinwath, Zwilch und Rupf,