Volltext: Vierzehntes Bändchen (14. 1926)

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mischung: gotische Bauform und barocke Einrichtung. Der 
Hochaltar, ein barockes Meisterwerk, stammt von einem heimi- 
schen Kunsttischler aus Neufelden und wurde 1731 verfertigt, 
das größere Hochaltarbild eine ergreifende Darstellung der 
Enthauptung des hl. Täufers ist aus der Schule Altomontes. 
Im Jahre 1689 wurde von einem Bader Preisinger um 
den Betrag von 75 fl ein Spital gestiftet, zu welcher Summe 
noch 300 fl von mehreren anderen Spendern kamen, der Bau 
kostete 120 fl. 1757 wurde der Bau erneuert. 
Das Tedingbuch von Reichenau, das sich im Besitze der 
Marktkommune befand, ist eine der wertvollsten Urkunden, 
die uns in das alte Recht und die Kulturgeschichte Einblick 
gewährt. Es stellt das älteste Marktrecht dar. Der Name 
kommt von Tagding = Tag der Versammlung, Volksver¬ 
sammlung. Am anderten Tag nachdem Ethartstag (12. Jänner) 
also am 14. Jänner mußten sich alle Reichenauer Bürger mit 
dem Richter (Marktrichter, Bürgermeister) vor dem gestrengen 
Herrn Pfleger im Schloß droben versammeln. Jeder mußte 
ein Kandl Wein aus dem Schloßkeller gegen Bezahlung 
trinken. Wer ohne Grund ausblieb, mußte 5 Pfund = 
20 Kr. zahlen. Wer krank war, mußte auch sein Kandl 
zahlen, das dann die anderen tranken. Bei diesem Trunk 
wurden ihnen die Gesetze und Rechte vorgelesen und ein- 
geschärft. Das älteste Marktrecht stammt von 1445, das 
jetzt noch vorhandene von 1639, weil das andere „in der 
Brunst verkommen ist". Es umfaßt 26 Seiten mit 
80 Punkten. Dieses Teding war mehr Ironie als Volksrecht. 
Denn die Herrschaft hat aus den Rechten Pflichten gemacht. 
Und um diese nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, mußten 
sich die Bürger die Vorschriften alle Jahre beim Teding in 
Erinnerung bringen lassen. Einige solche Marktrechte sind: 
das Brau- und Schankrecht, jeder Bürger konnte Bier brauen 
und ausschenken, das Recht der Freiung, innerhalb des 
Burgfriede durfte der Marktrichter und Pfleger Recht 
sprechen; das Asylrecht, wenn ein Verbrecher sich flüchtete, 
war er innerhalb des Marktes geschützt, nur bei Malefiz- 
sachen, das sind schwere Verbrechen, mußte er ausgeliefert 
werden. Er wurde dann beim Grasbach mit drei Stroh- 
halmen gebunden über den Bach gestoßen, wo ihn der Richter 
in Empfang nahm. Die Strafen waren oft sehr streng. Wenn 
einer mit gezogener Wöhr (Messer oder Säbel) gegen einen 
anderen losging, 5 Pfund. Wer einem ein Geschirr an den
	        
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