Volltext: Vierzehntes Bändchen (14. 1926)

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einer Meinung mit dem Volke war. Und die allgemeine An- 
sicht ging dahin, daß es sich da immerhin um eine außer- 
gewöhnliche Stelle handle, an der wohl arme Seelen ihrer 
Erlösung harren, und daß aus diesem Grunde schon die 
Vorfahren da die zwei Kreuze errichtet haben. 
 
Das Freithofbrückl. 
Ich bin schon weit in der Welt umhergekommen, denn 
fast alljährlich mache ich eine Reise in die Neue Welt, nach 
Breitenberg in Bayern. In der heißen Sommerszeit ist es 
wohl ein Vergnügen, den nicht ganz zwei Stunden langen 
Weg von Julbach in die Neue Welt zu wandern. Der Weg 
führt durch schattige Wälder, bunte Wiesen und bietet eine 
herrliche Aussicht auf den Böhmerwald; weiter führt der 
Weg durch die Ortschaft Bräuerau mit zerstreut liegenden 
alten Bauernhäusern und Häuschen; eines führt gar den 
schönen Namen „zum Himmelreichs; woher dieser Name, 
das weiß ich nicht. Auch das weiß ich nicht, warum man 
Breitenberg die „Neue Welt" heißt. 
Mitten im Julbacher Waldl führt der Weg eine kurze 
Strecke bergab und dann wieder bergauf; es bildet der Wald 
eine Mulde, durch welche ein kleines Wässerlein fließt, über 
das eine steinerne Brücke führt; diese ist unscheinbar und aus 
unbehauenen Steinen roh zusammen gefügt. Gegen Norden 
öffnet sich eine Lichtung und eine sumpfige Wiese reicht bis 
an die Brücke, welche im Volksmund seit undenklichen Zeiten 
den Namen „Freithofbrückl" führt. An diese knüpft sich nun 
folgende Sage: 
Vor vielen Jahren herrschte in dieser Gegend die Pest; 
ganze Ortschaften starben damals aus, andere wurden halb 
entvölkert. Auch die eine Viertelstunde entfernte Ortschaft 
Berdetschlag soll damals ausgestorben gewesen sein bis auf 
eine einzige Weibsperson. Die vielen Toten durften nicht in 
den Friedhöfen beerdigt werden, und so wurden die Leichen 
an abgelegenen Plätzen, außerhalb der Dörfer, zusammen- 
geführt und bestattet. Diese oberwähnte, überlebende Weibs- 
person, deren Name sogar noch genannt wurden hat hier, 
wie die Sage erzählt, bei dieser Brücke sämtliche Bewohner 
von Berdetschlag mit einer Mistgabel in eine große Grube 
gezerrt und begraben. Seit dieser Zeit besteht der Name 
Freichofbrückl. Außerhalb der Ortschaft Stangl stehen zwei 
alte steinerne Säulen, Pestsäulen genannt, und diese erinnern
	        
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