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einer Meinung mit dem Volke war. Und die allgemeine An-
sicht ging dahin, daß es sich da immerhin um eine außer-
gewöhnliche Stelle handle, an der wohl arme Seelen ihrer
Erlösung harren, und daß aus diesem Grunde schon die
Vorfahren da die zwei Kreuze errichtet haben.
Das Freithofbrückl.
Ich bin schon weit in der Welt umhergekommen, denn
fast alljährlich mache ich eine Reise in die Neue Welt, nach
Breitenberg in Bayern. In der heißen Sommerszeit ist es
wohl ein Vergnügen, den nicht ganz zwei Stunden langen
Weg von Julbach in die Neue Welt zu wandern. Der Weg
führt durch schattige Wälder, bunte Wiesen und bietet eine
herrliche Aussicht auf den Böhmerwald; weiter führt der
Weg durch die Ortschaft Bräuerau mit zerstreut liegenden
alten Bauernhäusern und Häuschen; eines führt gar den
schönen Namen „zum Himmelreichs; woher dieser Name,
das weiß ich nicht. Auch das weiß ich nicht, warum man
Breitenberg die „Neue Welt" heißt.
Mitten im Julbacher Waldl führt der Weg eine kurze
Strecke bergab und dann wieder bergauf; es bildet der Wald
eine Mulde, durch welche ein kleines Wässerlein fließt, über
das eine steinerne Brücke führt; diese ist unscheinbar und aus
unbehauenen Steinen roh zusammen gefügt. Gegen Norden
öffnet sich eine Lichtung und eine sumpfige Wiese reicht bis
an die Brücke, welche im Volksmund seit undenklichen Zeiten
den Namen „Freithofbrückl" führt. An diese knüpft sich nun
folgende Sage:
Vor vielen Jahren herrschte in dieser Gegend die Pest;
ganze Ortschaften starben damals aus, andere wurden halb
entvölkert. Auch die eine Viertelstunde entfernte Ortschaft
Berdetschlag soll damals ausgestorben gewesen sein bis auf
eine einzige Weibsperson. Die vielen Toten durften nicht in
den Friedhöfen beerdigt werden, und so wurden die Leichen
an abgelegenen Plätzen, außerhalb der Dörfer, zusammen-
geführt und bestattet. Diese oberwähnte, überlebende Weibs-
person, deren Name sogar noch genannt wurden hat hier,
wie die Sage erzählt, bei dieser Brücke sämtliche Bewohner
von Berdetschlag mit einer Mistgabel in eine große Grube
gezerrt und begraben. Seit dieser Zeit besteht der Name
Freichofbrückl. Außerhalb der Ortschaft Stangl stehen zwei
alte steinerne Säulen, Pestsäulen genannt, und diese erinnern