Volltext: Vierzehntes Bändchen (14. 1926)

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Es war ein stets ergreifender Moment, 60 bis 70 stramme 
Burschen und Männer am Kommuniontisch versammelt zu 
sehen. Beim Auszug aus dem Markte gab es ergreifende 
Abschiedsszenen. Die Pfarrchronik berichtet auch von merk- 
licher Hebung des religiösen Lebens zu Kriegsbeginn. Die 
Kriegsandachten, Bettage, patriotischen Gedenktage und 
Siegesfeiern fanden großen Zulauf. Besonders schmerzlich 
war das erste Todesopfer für die Angehörigen: Bauer Franz 
Zuschrot vom Michlgute in Affenberg, erst 27 Jahre alt, 
wurde am 11. September 1914 in Wielkopole von einer 
Granate zerrissen. Gerade vor seiner Einrückung erwarteten 
ihn Vaterfreuden, doch konnte ihn die Nachricht von der 
Geburt seines Sohnes nicht mehr lebend erreichen. Rührend 
war der Sammeleifer für verschiedene Kriegsopferzwecke: für 
das Rote Kreuz, Weihnachtsspenden ins Feld, für die Ver- 
wundeten, für die Gefangenen usw. bei 3000 Kronen Geld, 
gegen 100 Kilogramm Leinwand und Charpie, bei 400 Eier, 
mehrere Kisten Heilkräuter und Lebensmittel. Im Advent 
1916 fiel besonders gut die Liebesgabensammlung aus, die 
Bischof Johannes Maria veranstaltete: 376 Kilogramm Le- 
bensmittel. Der Bischof schrieb hiezu: „Bin gerührt über 
das so glänzende Ergebnis Ihrer Pfarre! Deus retribuat!" 
22 Kinder wurden auch durch das Kaiser-Karl-Wohlfahrtswerk 
in der Pfarre Reichenau im August und September 1918 von 
Wohltätern sehr gut verpflegt und mit Lebensmitteln reich 
beschenkt. 2 bis 5 Kilogramm Gewichtszunahme bei den 
Pflegekindern war der sichtbare Erfolg. An Kriegsanleihen 
wurden gegen 500.000 Kronen gezeichnet. Zirka 50 russische 
Kriegsgefangene weilten 1916 bis 1918 in der Pfarre 
Reichenau als landwirtschaftliche Hilfsarbeiter. Einer derselben 
Gribun Moisey, ein Israelite, starb hier an Grippe. Die 
meisten waren griechisch-orthodoxer Konfession und bekamen 
am 11. Dezember 1917 in der dritten Klasse der Volksschule 
gemeinsamen Gottesdienst mit Beicht und Kommunion durch 
den Feldkuraten Omeljan Hnidney von Freistadt. 
Außer den Glocken mußten auch 42.70 Kilogramm Zinn 
von den Orgelpfeifen abgeliefert werden. 
Die vielen Lieferungsvorschreibungen, Hausdurchsuchun- 
gen, Vorratsaufnahmen und Requisitionen riefen wie überall 
auch hier lebhaften Unwillen hervor. Die mit der Durch- 
führung der Verordnung betrauten Organe wendeten vielfach 
auch noch unnötige Härten an, deshalb ist es nicht zu ver-
	        
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