Volltext: Neuntes Bändchen. Die Entstehung und die rechts- und sozialgeschichtlichen Verhältnisse des Marktes Rohrbach in Oberösterreich (9. 1923)

— 30 — 
entwickelt hatte und zumeist die Kreise der freien Leute betrifft.1) Diese 
Weistümer blieben bis in das 16. Jahrhundert hinein lebendig. Ihre fernere 
selbständige Weiterentwicklung wurde aber von den immer mächtiger 
werdenden und alles unterdrückenden Grundherrschaften nicht geduldet. Sie 
wurden nach den Anschauungen derselben zu Polizeiordnungen (2. Gruppe) 
umgestaltet oder durch solche ersetzt.2) Es bestand aber auch die Gepflogenheit 
protokollarische Vormerkungen (3. Gruppe) zu führen über das was in 
den Ehaftsversammlungen vorgegangen war.3) 
Auch das Ehaft des Marktes Rohrbach zeigt diesen Entwicklungsgang. 
Das Ehaft, die Sammlung der Satzungen, Rechte und Pflichten, ist nicht 
erhalten. Die älteste Nachricht über dasselbe ist im Bericht des Pflegers 
Gottfried Salburger ddo. Falkenstein 29. Juli 1578 an die n.-ö. Kammer 
in Angelegenheit des Landgerichtes der Herrschaft. Er erwähnt darin, daß 
bei Lebzeiten seines Vaters Bartlme S. eine im Markt Rohrbach „ein- 
komene malefizperson vermög des ungefertigten ehehafts" des Marktes am 
dritten Tag über das Bachl4) bei der Wäsch dem Landgericht Velden aus¬ 
geliefert wurde. 
Die Gerichtshoheit der Herrschaft Falkenstein über ihre Untertanen 
bestand im 15. und 16. Jahrhundert darin, daß die Malefizpersonen im 
Schlosse Falkenstein gefänglich angenommen und verwahrt wurden. War 
die Untersuchung zu Ende, so wurden sie vor die Schranne im Markt 
Hofkirchen gestellt und nach erfolgtem Rechtsspruch dem Landrichter von 
Velden zur Vollstreckung des Todesurteils überantwortet.5) 
Ein ganz gleiches Verfahren scheint im Markt Rohrbach gehandhabt 
worden zu sein, nur mit dem Unterschiede, daß man die Missetäter wegen 
der großen Entfernung nicht nach Falkenstein ins Gefängnis führte, sondern 
sie selbst verwahrte. Da sie dann aus dem Markte über das Bachl bei der 
Wäsche dem Landrichter von Velden zur Vollziehung des Todesurteils 
übergeben wurden, so wird auch die Untersuchung im Markt Rohrbach 
geführt worden sein, woselbst sie dann vor die Schranne gestellt und abge- 
urteilt wurden. 6) 
Dieses alte Herkommen scheint wie beim Markte Hofkirchen und bei 
den Bauern im Amte Kramel7) so auch bei Rohrbach der Inhalt eines 
Artikels des Ehafts gewesen zu sein. 
Dieses ungefertigte Ehaft war das uralte eigene Ehaft der freien 
Leute, welche die Siedlung aufrichteten, entstanden in einer Zeit, in welcher 
der Markt noch in keinem Verhältnis zur Herrschaft stand. Der Pfleger 
beanständete diesen Umstand, daß das Ehaft nicht gefertigt war, aus Un- 
kenntnis der ursprünglichen Rechtsverhältnisse und weil die Herrschaft im 
16. Jahrhundert ja die volle Grundobrigkeit über den Markt beanspruchte und 
------- 
1) Strnadt, Die freien Leute der alten Riedmark, S. 240 ff. 
2) Luschin, A. a. O. Winter, A. a. O. 
3) Winter, A. a. O. 
4) Darunter ist wohl der Rohrbach zu verstehen, nach welchem die Siedlung ge- 
nannt wurde. 
5) Strnadt, Das Land im Norden der Donau, S. 224, 225. 
6) Bericht Bartlme Salburgers ddo. Falkenstein 6. Juli 1561 an Thoman Neuhover, 
Aussage der Rohrbacher beim Untertanen Examen im Jahre 1570, Bericht des Markt- 
richters Sebastian Stadlpaur ddo. Rohrbach 12. Februar 1571 an den Pfleger Osboltn 
Salburger. (Hofkammerarchiv.) 
7) Strnadt, A. a. O., S. 225, 226.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.