Volltext: Achtes Bändchen (8. 1923)

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der Pfarrer, den zweiten der erste Zechpropst, während der dritte früher häufig in 
den Händen der weltlichen Vogtei war, jetzt aber in denen des zweiten Zechpropstes 
ist. Da in der erwähnten eisernen Kiste auch die auf das Kirchenvermögen Bezug 
habenden Schriften hinterlegt wurden, so nannte und nennt man dieselbe „Zech- 
schrein" von dem alten Worte „Zeche", das ursprünglich Rechnung bedeutet. Der 
Name „Zechschrein" findet sich das erstemal — wenigstens ist ein früheres Vor- 
kommen desselben bisher nicht bekannt — im Jahre 1495 in eigem Stiftbriefe für 
die Kirche Kleinzell; da und auch in sonstigen alten Schriften heißt es immer das 
Zechschrein. Diese Schreine befanden sich früher ganz allgemein in der Sakristei, 
oder doch in einem Auf- oder Anbau derselben; so lesen wir in der Kirchen- 
rechuung Kleinzells vom Jahre 1735, daß ein Sakristeieinbruch geschehen und dabei 
das Geld aus dem Zechschrein gestohlen worden sei; der größeren Sicherheit vor 
Dieben wegen, werden jetzt diese Kirchenkassen für gewöhnlich im Pfarrhofe unter- 
gebracht. Im Orte Pfarrkirchen befindet sich heute noch der Zechschrein in der über 
der Sakristei erbauten Paramentenkammer, und zwar ist derselbe ein wahres 
Prachtstück: groß, vollständig aus Eisen mit barocken Verzierungen, die auch die 
etwas bunte Bemalung gut ertragen. Auf einem gemauerten Sockel inmitten der 
Paramentenkammer ruht dieser vornehme Schrein, der in unserm oberen Mühl- 
viertel nicht bloß örtlich, sondern auch seiner Erscheinung nach der höchst stehende 
ist. Sehr zierlich und gefällig ist auch der gegenwärtige Zechschrein Kleinzells, der 
die eiserne Jahreszahl 1734» trägt, aber leider sogar für Kleinzell zn klein ist. 
Die Städte, Märkte, Herrschaften, Innungen usw. verwahrten und verwahren 
ebenfalls ihre Archive in gewölbten, feuer- und diebssicheren Räumen. 
Für die kirchlichen Archive kam eine schlimme Zeit mit dem Auftreten des 
Protestantismus, der auch einige Zeit auch in unserer Gegend in fast alle Pfarren 
eindrang und ihnen lutherische Prädikanten vorsetzte. Da diese „neue Lehre" be- 
kanntlich das Meßopfer abschaffte und es auch in Abrede stellte, daß es gute, ver- 
dienstliche Werke gebe, so fanden vor ihr keine Schonung, sondern wurden häufig 
vernichtet, alle Schriftstücke, welche sich auf die sogenannten „frommen Stiftungen" 
bezogen; wieviele solcher Stiftungen auf diese Weise ganz und gar in Vergessenheit 
kamen, ist natürlich gar nicht mehr festzustellen; so gehören z. B. zur Kirche und 
Pfründe Niederkappel verschiedene, zerstreut liegende Grundstücke, welche sicher von 
Stiftungen herstammen, jedoch sind keine Stiftbriefe mehr vorhanden. Es kam dann 
der Bauernkrieg (1626), durch den gar manche Pfarrarchive in Flammen auf- 
gingen; insbesondere auf die Urbarien, d. h. die Verzeichnisse der den Grund- 
Untertanen obliegenden Leistungen, hatten es die protestantischen Bauern abgesehen, 
da sie die von Luther verkündete „evangelische Freiheit" als ein Freisein von 
Steuern und Abgaben auslegten. 
Nach dem Bauernkriege konnten übrigens doch auch gar manche während 
desselben vernichtete Archivgegenstände wieder neu verfaßt werden, und zwar teils 
auf Grund mündlicher Angaben des Volkes, teils auf Grund bestehender Abschriften, 
welche bei höheren Behörden hinterlegt und da gerettet worden waren. Ueberhanpt 
wurde jetzt wieder überall, in Städten und Märkten, in den Klöstern uud Schlössern 
und auf den Pfarreien sehr fleißig gearbeitet, um die Archive zu ergänzen, zu 
ordnen und gut zu verwahren. Sehr passend hat, wenn auch erst später, ein 
Pfarrer von Putzleinsdorf über einem Archivkasten die Worte Christi anbringen 
lassen: „Sammelt die übriggebliebenen Stücklein". (Joh. VI. 12.) 
In der Folgezeit ließen es aber einige Pfarrer im damals zur Diözese 
Passau gehörenden Oberösterreich an treuer Fürsorge für die Pfarrarchive fehlen,
	        
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