Volltext: Siebentes Bändchen (7. 1921)

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ausnam und narungsweib". Nach dem Visitationsbericht gab es im Jahre 1671 
noch drei lutherische Weiber in der Pfarre, zwei unter Pürnstein, die dritte der 
Herrschaft Waxenberg untertan. 1673 wurde Susanna Wolfesberger, ein Wittib 
von Marbach" begraben. Sie ist als letzte lutherische Person im Sterbebuch ver- 
zeichnet. Doch sollen im Jahre 1674 in St. Peter noch vier Weiber und zwei 
ledige Burschen lutherisch gewesen sein. Bald darauf ist die Irrlehre in der 
Pfarre erloschen, denn ein Bericht aus dem Jahre 1682 erwähnt neben 1662 
Kommunikanten keine Protestanten mehr. 
 
V. Eine abenteuerliche Fahrt nach Passau vor 250 Jahren. 
(Pfleger Peckenzell und Pfarrer Tobler, Streitigkeiten, Wiener Rezeß, Ankauf der Vogtei 
durch das Stift St. Florian.) 
Pfarrer Tobler wurde im Jahre 1667 vom Pfleger Peckenzell in Pürn- 
stein beim Bischofe in Passau verklagt, daß er mit dem Herrn von Markt auf 
Gneissenau und mit einem reformierten1) Offizier im Pfarrhofe die ganze Nacht 
gespielt und des andern Tages versäumt habe, den alten Bechelmacher mit den 
hl. Sterbesakramenten zu versehen. Der Pfarrer wurde durch drei Dekrete nach 
Passau zitiert zur Verantwortung. Propst David aber verbot es ihm und schickte 
Zeugnisse nach Passau, welche die Unschuld des Pfarrers zur Genüge bewiesen. 
Auch der feindlich gesinnte Pfleger fing an, den Pfarrer zu entschuldigen. Dessen- 
ungeachtet schickte Bischof Wenzel dem Pfleger einen Befehl, den Pfarrer nach 
Pürnstein zu locken, ihn zu verhaften und nach Passau zu liefern. Am 23. Jänner 
1668 schrieb also der Pfleger dem Pfarrer, er möge nach Pürnstein kommen, er 
hätte notwendiges mit ihm zu sprechen. Ahnungslos ging der Pfarrer in die 
schmählich gelegte Falle. Der Pfleger wies ihm den Befehl des tyrannischen Bi- 
schofes vor und ließ den Pfarrer von einem Schreiber und vier Jägern bewachen. 
Alles Protestieren half nichts. Kaspar Sartorius, Pfarrer zu Waldkirchen berichtete 
den Vorgang nach St. Florian. Nachmittags mußte der arme Pfarrer, bewacht 
von vier Jägern mit geladenen Flinten, auf einem Schlitten nach Passau fahren. 
Dort angekommen, wurde er ins Wirtshaus geführt. Am anderen Tage wurde er 
beim Konsistorium wegen des ihm zur Last gelegten Vergehens verhört und ihm 
die Suspensions angekündigt. Auf die Frage, warum er der dreimaligen Vor- 
ladung nicht Folge geleistet, berief er sich auf das Verbot seines Prälaten, der 
für ihn erste Instanz sei. Es wurde ihm gesagt, er habe zwar den Arrest ver- 
dient, aber aus besonderer Gnade erlaube ihm der Fürstbischof, nach Hause zu gehen. 
Tobler protestierte gegen die gewalttätige Abführung seiner Person nach Passau. 
Mit diesem Proteste eilte der Verhörskommissär zum Bischofe. Dieser ließ dem 
Pfarrer seine Kühnheit verweisen und ihn auf die Veste Oberhaus in den Arrest 
abführen, wo er bis 8 Uhr früh bleiben mußte. Dann wurde er dem Offizial 
Grafen Attems vorgestellt, der mit ihm freundlich sprach und ihm eröffnete, wegen 
der Aufhebung der Suspension bedürfe es nur eines Briefes vom Propste. Da 
Tobler antwortete, er könne in Passau nicht so lange warten, und habe sich 
überdies durch die erzwungene Fahrt die Gicht wieder zugezogen, ging der Offizial 
zum Bischofe und brachte dem Pfarrer die Antwort, seine Suspension sei ausge- 
hoben, woraus Tobler zu Schiff auf der Donau abreiste. Dies war ein Glück 
------- 
1) Der Offizier war ein Anhänger der Lehre Kalvins oder des sogenannten refor- 
mierten bezw. helvetischen Glaubens. — 2) Suspension, eine Kirchenstrafe hauptsächlich für 
den geistlichen Stand, sie besteht in der ganzen oder teilweisen Entziehung der kirchlichen 
Amtsgewalt.
	        
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